Rosen für eine Leiche (German Edition)
Schuhe an. Ausgelatschte
Schuhe wie ein alter Mann.
Der Kripochef ergriff das Wort. »Wir stellen fest, dass dieser
Bellini ein seriöser Kunsthändler ist, seine Freundin eine Künstlerin, die er
fördert. Er hat Kenntnis davon, dass sie Pornodarstellerin war, weiß aber
zunächst nicht, dass sie ihn betrügt. Dann erfährt er, dass sie ihn hintergeht,
weiß aber wiederum nicht, dass sie als Callgirl arbeitet und sich Nadine nennt.
So, und jetzt soll er plötzlich selber einen Puff betreiben? Ist dieses Gerücht
von Ihnen, Herr Pauli? Da müssen Sie mir aber schon die Quelle nennen.«
»Hammer glei«, sagte Pauli. »Doch ich muss Sie korrigieren, Herr
Scholl. Bellini hat keinen Puff selber betrieben, er hat nur die Knete
hingelegt, und zwar einen ganzen Haufen.«
Er schaute mich siegesbewusst an. Dann nannte er die drei
Sexclub-Adressen.
Scholl schrieb mit.
»Hab ich alles recherchiert und geprüft. Weil ich Herrn Ottakring
von früher zu Dank verpflichtet bin.« Er bedachte mich mit einem übertrieben
zärtlichen Blick. »Was Sie aber wahrscheinlich auch nicht wissen, Herr Scholl:
Im vergangenen Jahr ist ein weiterer Teilhaber vom ›Märchenschloss‹ umgekommen.
Auf eine recht seltsame Art ist er gestorben. In seinem Auto ist er in eine
Metallpresse auf einem Schrottplatz draußen vor der Stadt geraten.«
Durch Scholl ging ein Ruck. Er stellte die Ohren auf, wie Herr
Huber, wenn er Wild im Wald wittert. Natürlich hatte jedes Kind von diesem
Unfall in der Metallpresse gehört. Aber wer brachte schon so eine Geschichte in
Verbindung mit Sexclubs oder gar dem renommierten verstorbenen Kunsthändler
Bellini?
»Also. Ich bin dann mal wieder weg.« Pauli war aufgestanden.
Ich nickte.
Wenig später hörte ich die Harley röhren.
Scholl nahm mich am Arm, und wir gingen ins Zirbelstüberl.
Ich war froh, endlich wieder in die Senkrechte zu kommen. Dieses
ständige Sitzen konnte einen krank machen.
»Das riecht nach Krieg in der Szene«, sagte Scholl, als wir uns
gegenübersaßen. »Mord unter Zuhältern. Letztes Jahr wird ein Mensch aus diesem
›Märchenschloss‹ umgebracht und jetzt Bellini. Muss ich sofort überprüfen
lassen.« Er zückte sein Handy. »Ich ruf die Münchener an.« Er ließ das Handy
wieder sinken. »Ich vermiss was«, sagte er und musterte mich.
»Was?«
»Wollen Sie denn gar nicht wissen, warum wir den Georg aus dem
Verkehr gezogen haben? Und was Liebermann gestanden hat?«
»Warum wollen Sie mir das plötzlich sagen?«
»Weil ich heut meinen großzügigen Tag hab«, sagte Scholl.
»Großzügigkeit ist die Eitelkeit des Herablassens«, murmelte ich und
bot ihm eine Zigarre an. Zu meiner Überraschung nahm er sie.
»Was haben Sie gesagt?«, fragte er.
Ich zückte mein Feuerzeug mit den Initialen LH .
»Ach, nichts«, sagte ich und gab Scholl Feuer.
»Wenn es also Mord war, halten Sie dann nicht Liebermann für den
Mörder?«, fragte ich zurück. »Nicht den jungen. Den alten.«
Ich versuchte, den Blick meines Gegenübers festzuhalten. Es gelang
mir nicht. Scholls Blick wanderte ruhelos durch den Raum, wie der eines
Drogensüchtigen.
Ich hakte nach. »Glauben Sie nicht, dass der alte Liebermann die
beiden erschossen hat?«
Scholl sah haarscharf über mich hinweg, als ob er jemanden suche.
»Georg«, sagte er, »Georg Liebermann. Der hatte allen Grund dazu.
Der war total in diese Nadine alias Helen verknallt. Da er selber ständig klamm
war, hat Vater Liebermann ihm alles finanziert. Liebermann war ihm zuliebe
sogar bei einem Tätowierer in München mit ihr, weil sie es sich so dringend
gewünscht hatte. Sie erinnern sich, Ottakring: die blaue Rose auf der
Hinterbacke?«
Als ich nickte, sagte er: »Die Rose hat ihr der alte Liebermann
finanziert. Für Georg, seinen Sohn. Der hat dagegen sein Geld für härtere
Sachen ausgegeben.«
Ich dachte kurz nach. »Und warum hat er sie dann erschossen? Und
Bellini gleich mit? Und warum so kompliziert? Er hätt sie ja auch im Damenklo
erwürgen können.«
»Ganz einfach. Eifersucht. Eifersucht wegen der Frau und auf
Bellini. Georg hat schließlich als Letzter den Kahn über den See gerudert, in
dem die Toten angeschwemmt worden sind. Er hat zwar ein Alibi, aber ein
windelweiches. Bei einer Larissa soll er die Nacht verbracht haben. Die hat er
auf der Surfparty am Abend vorher abgeschleppt. Im Auto von ihrem Freund sind
sie weggefahren, das steht fest, der Besitzer der Surfschule hat’s bezeugt. Als
der Freund sich verflüchtigt hat, hat
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