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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Stille.
    »Die hat ja auch noch mit dem Christnacht rumgemacht. Der, bei dem
ich die Schulden gehabt hab.« Harry schluchzte. »Ich hab sie zur Rede gestellt.
Und dann ist mir die Hand ausgerutscht. Ich war so sauer auf sie, das glauben
Sie nicht. Das hat sie nicht vertragen – meine Nadine.«
    Er musste unterbrechen.
    Ich reichte ihm eine Serviette.
    »Dann hat der Bellini das rausgekriegt, das mit uns … Er ist
auf mich losgegangen, der Depp. Ich wollt Nadine zurückgewinnen. Ich hab ihr
Rosen gebracht, aber die hat sie auf den Boden geschmissen.«
    Welche Rosen das waren, sagte er nicht, und ich fragte nicht nach.
    Harry hatte die beiden aus Bellinis Wohnung zu seinem Astra
dirigiert, sie gefesselt und mit Gewalt in den Kofferraum gezwängt. Er fuhr mit
ihnen nach Litzldorf, vierzig Kilometer westlich des Chiemsees. Dass Harry
Steiner zu diesem Zeitpunkt nicht die Absicht hatte, seine Gefangenen zu töten,
nahm ich ihm nicht ab. Georg hatte ja schon für ihn in der Hirschauer Bucht den
Kahn entführt. Und Harry hatte die verschmähten Rosen den ganzen Weg aus
München heraus mitgenommen.
    »Einen Schreck hab ich dem Bellini einjagen wollen. Und meiner
Nadine zeigen, wie lieb ich sie hab. Ich wollt sie doch behalten.«
    Ein Irrwitz.
    Er parkte den Astra abseits der Zivilisation in einer leer stehenden
Scheune, die er kannte. Er legte Nadine ins Heu und band sie mit dem Abschleppseil
an einen Pfosten.
    »Da hat der Alte mich beschimpft«, brüllte Harry mich an. »›Schwein‹
hat er mich genannt, und dass ich keinen hochkrieg.«
    Die volle Regentonne vor der Scheune und Nadines schwarzes Top aus
hundert Prozent Polyester waren hilfreich. Das Top breitete er über Bellinis
Gesicht, mit einer leeren Bierdose schöpfte er Wasser und träufelte es
gemächlich und immer wieder auf die Vertiefung des Mundes in dem Tuch, wie er
es einst bei den Rangers gelernt hatte. Der Stoff saugte sich fest, Bellini
inhalierte die Wassertröpfchen direkt in die Lungen. Er muss lange gelitten
haben. »Ich wollte, dass er mir die Nadine überlässt. ›Sag’s, hab ich ihm
gesagt. Sag, dass du die Nadine freigibst.‹« In der Scheune stob währenddessen
Harrys Sexualorkan über Nadine hinweg. »Dem hab ich’s gezeigt, dem Sauhund, dem
fetten, von wegen keinen hochkriegen. Und dann hab ich die zwei ins Auto
gesetzt und bin mit ihnen um den See herum in die Bucht gefahren, hin zum Kahn.
Mit ihren Rosen hinten drin.«
    Ich wartete eine Weile, um ihn weiterreden zu lassen. Doch die Pause
wurde zu lang. Sein Kopf knickte zur Seite, die Augen waren glasig und halb
geschlossen.
    Ich meinte, ein leises Wimmern zu hören. Ich warf einen Blick zur
Arbeitszimmertür.
    Harry wach zu halten war nun oberstes Gebot.
    »Und?«, rief ich ihm ins Gesicht. Ich tat absichtlich unbedarft. »Wo
hast du sie dann erschossen? Im Schilf?«
    Die Frage störte Harrys Ehrgeiz. Er überwand seine Müdigkeit.
    »Sie sind ein blöder Kerl«, rief er zurück. »Ihr habt doch die
Löcher im Kahn gefunden, oder? Außerdem hätten die Pathologen gemerkt, wenn ich
sie über die Bordwand gehievt hätte.«
    Erstaunlich, wie Harry es zwischendurch schaffte, klar zu denken und
sich auszudrücken. Auf der anderen Seite musste er, um einen Schluck zu trinken,
das Glas mit beiden Händen festhalten.
    »Also im Kahn erschossen«, sagte ich halblaut.
    Harry Steiner wollte die ganze Sache endlich loswerden.
    Er hatte sein verrauchtes Leinenhemd bis unten hin aufgeknöpft, die
Bauchdecke vibrierte, er sprach in kurzen, abgehackten Sätzen.
    »Ja. Im Kahn. Zuerst Nadine in die Stirn, dann ihn in sein
verdammtes Gesicht. Er hat zusehen sollen, wie ich es tu. Ihm wollt ich das
Gesicht wegblasen. Nix mehr übrig bleiben sollte davon. Der Hund, der
verreckte.«
    Er lachte mich kurz an. Lautlos. Dann barg er das Gesicht in beide
Hände und schluchzte endlos. »Sie glauben ja nicht, wie das war. Abzudrücken.
Der ganze Scheiß. Nadine. Nadine!«
    »Wie geht das, ein Gesicht wegblasen?«, fragte ich nach, bevor’s zu
spät war, und schielte in Richtung Tür.
    »Du lässt ihn ein Maul voll Wasser nehmen, hältst ihm die Knarre an
die Zähne und drückst ab. Leitsatz Nummer fünf, Rangerlehrgang.«
    Mit einem Mal verzog Harry Steiner das Gesicht. Er stand auf,
wankend, halb weinend, und erklärte: »Aber bevor es so weit war, hab ich dem
Bellini die Pistole in die Hand gedrückt und einmal in die Luft schießen
lassen. Pffff.«
    Er hatte große Mühe, den Arm auszustrecken, um mir den

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