Rosen lieben Sonne
einer Hand, um wenigstens erst auf den zweiten Blick aufzufallen. Trug ihn betont offiziell vor mir her und marschierte die Treppe hinauf und hinein in die Lobby. Hier war es angenehm kühl. Ich musterte die Tafel, auf der die verschiedenen Firmen, die hier residierten, aufgelistet waren. Es gab ungefähr sechzig, aber keine von ihnen hatte den Zusatz »Film« oder »Foto« in ihrem Firmennamen. Auch gab es keine Bezeichnungen wie Schwanz hoch GmbH, Klimax AG oder Domina Monique, die Göttliche Gebieterin. Ein durchschnittlich aussehender Sicherheitsmann hockte in einem Glaskasten neben den Fahrstühlen; er schaute nicht einmal auf, als ich zackig vorbeimarschierte und mit dem Umschlag genervt in die andere Hand klopfte.
Das Gebäude hatte acht Stockwerke. Ich fuhr bis nach ganz oben, stieg aus und schlenderte den Gang entlang. Lauschte auf verräterisches Stöhnen. Ich entdeckte natürlich nichts, was mir irgendwie weiterhalf, und dabei wußte ich noch nicht einmal, wonach ich suchte — vielleicht nach einem Stück Seide, das in einem Türspalt klemmte, oder nach einer Stimme, die durch ein Megaphon bläkte: »>Der Ficker von Notre-Dame<, die sechste, Kamera ab!«
Ich steckte meinen Kopf durch ein paar Türen und wedelte mit dem Umschlag und faselte was von einer Lieferung für eine Filmfirma, aber ich hätte den Namen vergessen, ob mir jemand weiterhelfen könne? Fehlanzeige.
Ich probierte mein Glück auch bei einigen Büros im siebenten Stock, was mich auch nicht weiterbrachte; im sechsten dito. Im fünften Stock passierte endlich was: Ein hübsches Mädchen, das wild, aber vollkommen lautlos auf einer wunderschönen neuen IBM-Schreibmaschine tippte, sah lange genug auf, um mir zu sagen, ich solle es mal am anderen Ende des Ganges versuchen.
Ich bedankte mich und versuchte es am anderen Ende des Ganges. Auf der Tür stand AIRGEOL, was immer das heißen mag. Ich klopfte höflich und ging hinein. Ein junger, ernsthaft aussehender Mann saß an einem Tisch und betrachtete Dias; ein weiteres, ebenfalls sehr ernsthaftes Wesen (weiblich) tat dasselbe an einem anderen Tisch. Ich sagte wieder meinen Spruch auf, dem sie beide aufmerksam zuhörten, dann sagte der Mann, daß ich wahrscheinlich falsch sei, da sie nichts erwarteten, aber da man ja nie wissen könne, fragte er, was genau in dem Umschlag wäre?
Rand McNally war drin, aber ich log einfach und sagte, ich hätte noch nicht nachgesehen. Ich täte einfach nur einem Freund einen Gefallen, aber es wären wohl Bilder.
»Was denn für Bilder?« fragte die Frau.
»Bilder von nackten Menschen, glaube ich.«
Sie lachten beide.
»Tja, da sind Sie wirklich falsch bei uns«, sagte der Mann. »Wir machen Luftaufnahmen.«
Ich errötete, entschuldigte mich und entschwand würdig. Ich konnte nichts tun, als es immer wieder zu probieren, was ich auch tat, Stockwerk für Stockwerk für Stockwerk, bis ins Erdgeschoß. Nichts. Als ich aus dem Fahrstuhl stieg, warf ich einen Blick auf den Sicherheitsmann und entschied mich, es mit einer der ältesten und raffiniertesten Ermittlungstechniken der Menschheit zu versuchen — Bestechung.
Ich näherte mich respektvoll. Er sah freundlich aus, trug eine graue Uniform mit passender Mütze. Ein kleines Schild auf seinem Tischchen informierte mich und die Welt darüber, daß er Stanley Evans hieß. Er füllte Arbeitspapiere aus, aber nachdem ich mich leise geräuspert hatte, sah er auf und fragte: »Kann ich Ihnen helfen?«
Langsam zog ich einen Zehner aus dem Portemonnaie.
»Vielleicht möchten Sie Ihren Kindern was Schönes mitbringen, Mr. Evans«, sagte ich.
»Das würde ich gern«, sagte er prompt, »aber wissen Sie, was Spielzeug heutzutage kostet? Es ist unglaublich!« Er schüttelte traurig den Kopf. Ich holte einen zweiten Zehner hervor, der dem ersten Gesellschaft leisten konnte, und schob sie ihm hinüber. Er steckte sie sorgfältig in seine Hemdtasche und sah mich fragend an.
»Es ist mir etwas peinlich«, sagte ich leise, »aber da Sie ja auch Familie haben, werden Sie mich bestimmt verstehen.« Ich beugte mich vor. »Meine Tochter Liz. Sie ist letzten Monat achtzehn geworden.«
»Wie die Zeit vergeht«, sagte Mr. Evans weise.
»Ja, ja«, sagte ich. »Also, um ehrlich zu sein, wir haben uns nicht allzu gut verstanden in der letzten Zeit, Sie wissen ja, die Kluft zwischen den Generationen und so. Ich habe seit ein paar Wochen nichts mehr von ihr gehört, aber ich weiß, daß sie hin und wieder für eine Firma hier im
Weitere Kostenlose Bücher