Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
reichte ihn nach einem tüchtigen Schluck Aeia und Bren Adahan, die ihre Namen nannten und gleichfalls tranken.
»Nun«, sagte der Stallbesitzer, »Ihr braucht Pferde?«
Jason nickte. »Und Sättel. Für zwei Tage, vielleicht auch für drei.« Das Lügen war ihm mittlerweile zur zweiten Natur geworden. Sie hatten nicht die Absicht, sich länger als einen Tag aufzuhalten, doch es war vorteilhafter, auch einen alten Freund wie Vator glauben zu machen, er brauche sich nicht zu beeilen, sie zu verraten.
Der Stallbesitzer nickte. »Das Silberstück käme zupaß«, meinte er mit einem resignierten Seufzer, der seine Bereitschaft kundtat, sich auf ein zähes Feilschen einzulassen.
»Einverstanden«, antwortete Jason.
Vator schaute mindestens ebenso überrascht wie enttäuscht drein, doch er drehte sich um und rief in den Stall hinein: »Gachet, Gachet, wo steckst du? Schläfst du schon wieder?«
»Nein, Herr, bestimmt nicht«, tönte es vom Heuboden herab. »Ich habe hier oben sauber gemacht.«
»Ich sollte dir das Fell gerben, bis du nicht mehr Piep sagen kannst, aber erst sattelst du sechs unserer besten Tiere - ja, ja, auch den Schimmelwallach; ich sagte doch, die besten, oder nicht? - sattle die sechs besten und ich will noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen.«
Ein Mann in einem abgetragenen Hemd, um den Hals einen Reif aus Eisen, kam die Leiter heruntergeklettert und verschwand im Stall.
Jason spürte, wie ihm das Lächeln um den Mund gefror; er bedachte den Stallbesitzer mit einem kalten Blick.
Vator schien sich im ersten Moment unbehaglich zu fühlen, aber dann zuckte er die Achseln.
Er hatte keine Ursache, sich zu fürchten. Obwohl die Freischärler Heims ziemlich jede Gelegenheit wahrnahmen, sich mit den Sklavenhändlern anzulegen, waren Sklavenbesitzer eine andere Sache. Heim konnte es nicht wagen, jeden Sklavenbesitzer in Eren zu attackieren; man hatte es sich zur Regel gemacht, Sklaven im Besitz von Privatpersonen zu belassen, außer, die Privatpersonen arbeiteten mit der Gilde zusammen.
Aeias Lächeln wirkte durchaus echt. »Jason hat nie erwähnt, daß Ihr so wohlhabend seid.«
Vator lächelte schwach. »Ich habe mich auf einen Handel eingelassen, als ein paar von den Gildemännern hier auftauchten und nach dem Burschen aus Heim fragten. Ich gab ihnen Auskunft, und sie gaben mir einen Sklaven. Akzeptabel, oder nicht? Natürlich mußte ich mir genau überlegen, was ich ihnen sagte. Ich hatte nicht die Absicht, sie dir auf den Hals zu hetzen, also schickte ich sie in die Richtung zum Tabernakel der Heilenden Hand.«
»Wohin ich unterwegs war, wie ich dir gesagt hatte.«
»Ja, schon«, gab Vator zu, »aber ich wußte, daß es nicht der Wahrheit entsprach.« Er faßte nach Jasons Hand und drückte sie fest. »Ich würde dich nicht verraten, Jason, damals nicht und heute auch nicht. Ich gehe jetzt und helfe Gachet die Pferde satteln.« Ihre erste Sorge war es gewesen, nach Sklavenhändlern Ausschau zu halten, doch es gab keine; in der Umgebung von Wehnest war der Handel mit Sklaven so gut wie völlig zum Erliegen gekommen, denn die Arbeitslöhne waren niedrig und die Preise der Gilde zu hoch.
Und da es im Ort keine kürzlich gekauften Sklaven gab, fand sich auch kein Hinweis auf Sklaven, die aus dem Überfall auf Kernat stammen konnten. Dieser Teil ihres Vorhabens schien ein Mißerfolg zu sein.
Immerhin hatten sich die Nehara-Klingen für einen guten Preis verkauft, dachte Jason, wog den kleinen Beutel mit Silberstücken in der Hand und lauschte dem angenehmen Klingeln der Münzen. Gleich nach der Rückkehr müßte er Nehara davon erzählen; der Zwerg würde sich freuen, daß seine Arbeit immer noch so hoch im Kurs stand.
»Es könnte Ahrmin gewesen sein«, überlegte Durine. »Er war gerissen und schreckte vor nichts zurück.«
»Wenn der kleine Bastard hinter dem Überfall auf Kernat gesteckt hat«, meinte Tennetty und trommelte mit den Fingern der freien Hand auf den Sattelknauf, »ist nicht auszuschließen, daß die Gefangenen einfach umgebracht worden sind.«
»Warum sie dann erst mitschleppen?« fragte Kethol.
Jason nickte vor sich hin. All ihre Vermutungen ergaben keinen rechten Sinn. Er besann sich auf ein Prinzip von der Anderen Seite, von dem Walter Slowotski ihm erzählt hatte und das darauf hinauslief, daß man keine komplizierten Erklärungen für einfache Fakten suchen sollte.
»Wir werden niemals genau herausfinden, was damals passiert ist und warum«, sagte Jason, als sie
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