Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
gewaltige Rauchwolke quoll aus dem unteren Teil der Rakete. Der Schwefelgestank war so stechend, daß Jason sich hustend den Umhang vors Gesicht hielt.
Mit tränenden Augen hob er den Kopf, als die Rakete sich auf einer Säule aus Rauch und Feuer in den Abendhimmel erhob. Rascher und rascher stieg sie empor, und ihr Feuer gleißte immer heller, als wollte es die fahlen Sterne beschämen.
Die Treibladung der Rakete brannte aus. Die Flamme erstarb, nur um ein paar Sekunden später und ein paar Grad höher am Himmel als grellgrüner Blitz wieder aufzublühen, der zu einem Ball aus feurigen Lichtpunkten anwuchs und verglomm.
Jason stieg den Abhang wieder hinauf. Oben angekommen, streifte er seine feuchten Lederhandschuhe über, um die Führungsstange aus dem Boden ziehen zu können, ohne sich die Finger zu verbrennen. Das von dem Feuerstrahl der Rakete erhitzte Metall zischte bei der Berührung mit dem feuchten Leder.
Als er am Fuß des Hügels anlangte, saßen die beiden anderen bereits im Sattel. Bren Adahan hatte ein Stück Pergament an den Baum genagelt. Sie hatten Papier in Erwägung gezogen, aber Pergament hielt dem Wetter besser stand.
Auch über die Schreibung der Datumsangaben hatten sie sich Gedanken gemacht. In Anbetracht der zunehmenden Verdrängung der hiesigen, auf der Addition beruhenden Zahlenschreibweise durch das von Karl Cullinane und seinen Freunden von der Anderen Seite mitgebrachte Ziffersystem, war es durchaus möglich, daß ein Vorübergehender die Zahlen auf der Notiz zu deuten vermochte. Also hatten sie sich mit der phonetischen Schreibung der Zahlen beholfen, damit ihre Nachricht nur von denen gelesen werden konnte, für die sie bestimmt war. Ähnliche Botschaften hatten sie während der vergangenen Zehntage an verschiedenen Stellen Salkets hinterlassen.
Sie lauteten:
Mutters Gesundheit angegriffen. Ihr müßt die Jagd abbrechen und nach Holtun-Bieme zurückkehren, bevor ihr die Gerüchte zu Ohren kommen. Wir sind unterwegs zum Dreidörfereck. Freunde warten bis nächsten Zehntag an Bord des Einmasters Gazelle in Tesors. Treffen mit Ellegon auf Mipos, kommenden Neunttag. Nächstes Treffen mit Ellegon zwei Zehntage später, außerhalb von Elleport. Hoffen, Euch dort zu treffen.
Jason
Jason warf die Führungsstange auf die Ladefläche des Wagens und zog die Handschuhe aus.
»Brechen wir auf«, sagte Bren Adahan. »Ich möchte noch eine gehörige Strecke zurücklegen, bevor wir unser Nachtlager aufschlagen.«
Im Laufe des morgigen Tages würden sie das Dreidörfereck erreichen und dort Umschau halten. Allem Anschein nach war das dortige Gildehaus als einziges auf Salket noch offen; alle anderen hatte man geschlossen.
Wenn Karl Cullinane, Walter Slowotski und Ahira ihr Jagdrevier noch nicht gewechselt hatten, mußten sie herkommen. Wenn.
»Du bist zu ungeduldig, Baron«, stichelte Jason. Das traf nicht nur auf den Baron zu. Als Jason in den Sattel stieg, wieherte sein Pferd und tänzelte zur Seite. Er nahm die Zügel fester, dann klopfte er ihm den Hals, als es in einen gleichmäßigen Schritt fiel.
»Glaubt Ihr, sie haben die Rakete gesehen?« fragte Durine.
Woher sollte er, Jason, das wissen? »Ich hoffe es«, erwiderte er. »Selbst wenn wir noch eine zweite Rakete hätten, es wäre sinnlos, sie noch aufsteigen zu lassen. Nicht bei dem Unwetter, das sich da zusammenbraut. Und ich kann nur hoffen, daß sie noch auf Salket sind, und wenn sie noch hier sind, kann ich nur hoffen ... ich hoffe eben.«
Er zuckte die Schultern und ließ sein Pferd in eine schnellere Gangart fallen.
Das Unwetter tobte längst mit voller Kraft, als sie in das Dreidörfereck von Kalifeld, Bredham und Neu-Runsek einritten.
Während Blitze über den Himmel zuckten und der Donner ihnen in den Ohren hallte, spürte Jason den Regen an seinem Körper wie etwas Lebendiges. Boshafte, eisige Finger griffen nach seinem Gesicht, dem Hals, den Schultern. Wasserbäche liefen seinen Rücken hinunter, er krümmte den Rücken und versuchte, die Pistole unter seinem Hemd gegen die Nässe abzuschirmen. Er bezweifelte, daß es etwas nützte, aber vielleicht blieben wenigstens die Patronen in seiner Satteltasche trocken.
Die Haut an seinen zitternden, fest um die Zügel gekrampften Händen war verschrumpelt, und seine untere Gesichtshälfte schmerzte, denn er konnte das Klappern seiner Zähne nur verhindern, indem er sie fest zusammenbiß.
Er fror bis ins Mark und fühlte sich durch und durch elend, doch er wagte nicht zu
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