Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
Leiche ähnlich als allem anderen.
Zwei Männer kamen durch die Tür zum Gastraum; der eine trug drei dampfende Silberkrüge vor sich her, der andere, ein hochgewachsener, schlanker blonder Mann, hielt nur seinen eigenen Becher in der Hand.
Der erste Mann war beinahe die Karikatur eines Sklavenhändlers: eine finstere Gestalt mit Hängebacken, links am Gürtel eine Reitgerte, rechts einen Knüppel, darüber ein schwellender Wanst, der beides unter sich zu begraben drohte.
Der zweite, ein feinknochiger Mann, einen halben Kopf größer als Jason, lächelte Jason und Durine freundlich an, bevor er sich Bren Adahan zuwandte.
»Mein Name ist Laheran«, sagte er und stellte sich in Positur. Er war schlank und überaus elegant, von der silbernen Nadel im Kragen seines kurzen Umhangs bis zu den Spitzen der spiegelblank polierten Stiefel. Ein leichter Degen hing an seiner linken Hüfte, und während die Scheide mit Silber und Perlmutt verziert war, verkündete der schlichte Korbgriff der Waffe unmißverständlich, daß diese Klinge zum Gebrauch bestimmt war und nicht zum Anschauen.
Jason achtete darauf, mit den Händen nicht in die Nähe seines Schwertes zu kommen, während Laheran erst seinen Becher auf einen Tisch stellte und anschließend die Krüge mit gewärmtem Wein verteilte.
»Ich danke Euch«, sagte Bren Adahan mit klappernden Zähnen. Er zog die Handschuhe aus, ergriff den Krug und führte ihn an die Lippen.
»Nein, Kaufmann Hofna«, sagte Jason. »Durine. Du solltest den Inhalt der Becher mischen.«
Ohne eine Miene zu verziehen, nahm Durine den Krug, den Laheran ihm anbot, ging zum Tisch hinüber, füllte einen Teil des Inhalts in Laherans eigenen Becher und goß einige Fingerbreit wieder zurück. Es war sehr still, als Durine Laheran seinen Becher reichte.
Der Sklavenhändler nahm ihn lächelnd entgegen und trank. »Laheran wünscht Euch Glück«, sagte er. »Obwohl Eure Vorsichtsmaßnahmen überflüssig sind«, fügte er erklärend hinzu und neigte den Kopf zur Seite, als müsse er seine nächsten Worte überdenken. »Die Gilde verhält sich in dieser Gegend neutral.«
»Durine wünscht Euch Glück«, entgegnete der breitschultrige Mann, »wenn ich auch versuche, mein eigenes zu machen. Ich erbitte Eure Vergebung, aber Taren und ich sind von diesem Kaufherrn angeworben worden, um ihn zu beschützen, und wir leisten etwas für unseren Lohn.« Er trank aus dem Krug, den Laheran ihm gegeben hatte.
»Das sehe ich.«
»Taren wünscht Euch Glück«, sagte Jason und nahm gleichfalls einen großen Schluck.
»Wozu sollte das gut sein?« zischte Bren Adahan, kaum daß sie wieder draußen im Regen standen. »Wenn ihr geglaubt habt, daß der Wein vergiftet oder mit einem Betäubungsmittel versetzt war ...«
»Dann hätte ich ihn gar nicht angenommen«, sagte Jason. Davor hätte man ihn gewarnt - die Bewohner dieser Gegend hätten nie geduldet, daß die Sklavenhändler sich hier breitmachten und nach Belieben Reisende vergifteten oder betäubten. Onkel Chak war damals in eine Falle geraten; ihn und einige andere Söldner hatte man aus Pandathaway herausgelockt, in eine Gegend abseits der üblichen Handelsstraßen, wo sie betäubt wurden, in Ketten gelegt und verkauft.
»Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, wir wären irgendwie an ihnen interessiert«, erklärte Jason. »Sie sind schon mißtrauisch genug.«
Durine senkte zustimmend den massiven Schädel. »Er hat genau richtig gehandelt.«
Sie saßen zu dritt am Boden vor dem Kamin, jeder mit einem dampfenden Becher Tee neben sich.
Jason befühlte sein Haar, es war kaum noch feucht. Endlich hatte er Gelegenheit trocken zu werden. Er wollte das Gefühl genießen, solange es dauerte.
Ihr Zimmer im Goldenen Ochsen war kalt und zugig, die Luft voller Rauch, die Strohpolster der Betten verwanzt und muffig - aber das Feuer war heiß wie auch der Tee. Er schmeckte hauptsächlich nach Sassafras, stellte Jason fest, mit Beigaben von Ferikke und Zimt. Allerdings hatte man zuviel Honig hineingetan. Dennoch, wer wollte sich in einer kalten, regnerischen Nacht darüber beschweren?
Was ihm am besten gefiel, war das abgeteilte Bad in einem kleinen Nebenzimmer, die kesselähnliche Wanne über einem eisernen Ofen, bei dem der Rauch durch ein Rohr nach draußen geleitet wurde. Ein heißes Bad würde herrlich sein.
Früher war das Haus bestimmt eine vornehmere Unterkunft gewesen, aber das mußte schon lange zurückliegen. Die Eichenbalken in allen vier Ecken des Zimmers
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