Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Black
Vom Netzwerk:
wieder unter den Lebenden?«, fragte sie.
    Ich funkelte sie wütend an. Die Wand, an der ich lehnte, zuckte, und erschrocken stellte ich fest, dass es keine Wand war, sondern Ethan, der lachend hinter mir saß. Mit einem Fauchen löste ich mich von ihm und sprang auf die Füße.
    Viel zu schnell. Das nannte man wohl ein ausgewachsenes Schwindelgefühl. Ich schwankte und ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. Und selbstverständlich war Ethan wieder da, legte die Hände auf meine Schultern und stützte mich.
    »Nur keine Hektik«, sagte er. »Es sei denn, dir hat es so gefallen, ohnmächtig zu werden, dass du es gleich noch mal probieren willst.«
    »Nein danke«, murmelte ich und ließ mir von ihm helfen, während die Welt langsam aufhörte, sich in rasender Geschwindigkeit zu drehen.
    Mittlerweile waren es nicht mehr nur vereinzelte Regentropfen, die vom Himmel fielen, und man konnte schon fast von einem richtigen Nieselregen sprechen. Die Rückseite meiner Hose war total durchnässt. Gott, bitte mach, dass das nur vom nassen Rasen kommt, dachte ich. Für einen Tag hatte ich genug Demütigungen erlitten, vielen Dank.
    »Wir sollten dich reinbringen, raus aus dem Regen«, sagte Ethan. »Ich wette, du könntest jetzt eine Tasse heißen Tee vertragen.«
    Ich bemühte mich, bei dem Gedanken daran nicht das Gesicht zu verziehen. »Was ich wirklich vertragen könnte, ist eine Tasse Kaffee«, entgegnete ich, doch weder Ethan noch Kimber schienen besonders interessiert daran zu sein, was ich gern wollte.
    Wieder einmal legte Ethan seinen Arm um meine Schultern, und dieses Mal verkniff Kimber es sich, mit ihm darüber zu streiten. Ich versuchte,
nicht
darüber nachzudenken, was ich gesehen hatte und was das bedeuten mochte. Und noch stärker versuchte ich,
nicht
darüber nachzudenken, dass ich tatsächlich in Ohnmacht gefallen war. So war ich wenigstens beschäftigt und abgelenkt und konzentrierte mich nicht zu sehr auf die Wärme von Ethan neben mir. Als ich aus meiner Benommenheit zurückfand, ertappte ich mich dabei, dass mein Arm vollkommen unbemerkt seinen Weg um Ethans Taille gefunden hatte und dass ich inzwischen im perfekten Takt neben ihm herlief. Kein peinliches Aufeinanderprallen der Hüften mehr.
    Zurück bei den Studentenwohnungen gingen wir alle drei in Kimbers Apartment hinauf. Kimber gab mir ein paar trockene Klamotten, und ich schlüpfte ins Badezimmer, um mich umzuziehen. Mir wurde klar, dass mein Leben viel einfacher hätte sein können, wenn ich gelogen und gesagt hätte, dass mir nichts Ungewöhnliches aufgefallen wäre, als ich in die Ferne gestarrt hatte. Ich war eine ziemlich gute Lügnerin – Mom hatte mir jede Menge Möglichkeiten eröffnet, um zu üben –, aber ich bezweifle, dass ich angesichts des Schwindels und der Übelkeit hätte so tun können, als wäre nichts passiert.
    Als ich mich umgezogen hatte, warf ich einen Blick in den Badezimmerspiegel und erkannte mich selbst kaum wieder. Meine Augen waren ein bisschen zu geweitet, mein Gesicht ein wenig zu blass. Ich beugte mich vor und untersuchte meinen Haaransatz, von dem ich fast schon erwartete, dass er weiß geworden war. Doch meine Haare sahen noch immer normal aus.
    Ich spritzte mir warmes Wasser ins Gesicht. Wenigstens hatten meine Wangen nun wieder eine etwas gesündere Farbe. Schließlich holte ich tief Luft und ging zu Ethan und Kimber ins Wohnzimmer zurück. Mittlerweile hielt ich es für möglich, dass ich für das Gesehene gar keine Erklärung
wollte.
Allerdings würde ich sie wahrscheinlich trotzdem bekommen.
    Ethan und Kimber saßen auf dem Sofa und hatten flüsternd die Köpfe zusammengesteckt. Ethan sah sehr ernst aus, und Kimber blickte ihn mürrisch an. Ich fragte mich, ob sie jemals lächelte, wenn Ethan in der Nähe war.
    Als die beiden mich entdeckten, unterbrach sich Kimber mitten im Satz, während Ethan sich aufrecht hinsetzte und mir ein blendendes Lächeln zuwarf. Das Lächeln wärmte mich, als würde ich in einem Sonnenstrahl stehen, und gegen meinen Willen erwiderte ich es.
    Auf dem Couchtisch stand ein altmodisches, feines Teeservice, und Kimber machte einen ziemlichen Radau, als sie die drei Tässchen vollschenkte. Ich wusste, dass sie alles andere als ungeschickt war, also wollte sie mit dem Krach augenscheinlich Ethan ärgern. Es schien auch zu funktionieren. Sein Lächeln erstarb, und er verdrehte die Augen.
    Ich holte tief Luft. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich überhaupt nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher