Rosengift - Die Arena-Thriller
ihres Telefons riss Matilda aus ihrer Lethargie. Es war Anna, die wissen wollte, wie es in London gewesen sei, ob Matilda mit ins Schwimmbad käme und ob sie vielleicht mal wieder zusammen Geige üben sollten.
Matilda antwortete, Anna solle herkommen, sie müsste ihr eine Menge erzählen.
»Gut, bis gleich!«
Matilda schleppte den Farbeimer nach oben in ihr Zimmer. Sie sammelte die noch immer auf dem Fußboden verstreute, beschmutze Wäsche auf, zog das Bettzeug ab und steckte alles in die Waschmaschine. Das Blut hatte auch die Bettdecke durchdrungen, zum Glück war es nur die dünne Sommerdecke, nicht das Federbett. Matilda stopfte die Decke kurzerhand in die Mülltonne. Ihre Schulbücher waren ebenfalls nicht mehr zu retten. Die kaputten Geigen packte sie in die Etuis und schob sie unter ihr Bett. Dabei kamen ihr erneut die Tränen. Sie beschloss, Helen morgen selbst anzurufen und ihr alles zu erzählen. Dann zog sie Gummihandschuhe an und versuchte, mit einem Küchenschwamm und einer Bürste das Blut oder was immer es war von den Wänden zu waschen. Das meiste ging runter, aber Schatten blieben zurück. Die neue Wandfarbe würde das hoffentlich überdecken. Wenn es sein musste, würde sie eben zehnmal drüberstreichen. Das feuchte Blut sonderte einen ekelhaften Geruch ab. Mehrmals wechselte Matilda das Wasser im Eimer, aber dennoch kämpfte sie während der ganzen Aktion mit aufsteigender Übelkeit. Sie fühlte sich erniedrigt und zugleich war sie unglaublich wütend.
Um den Wänden ein wenig Zeit zum Trocknen zu geben, bevor sie die Farbe auftrug, ging sie nach einer halben Stunde nach unten und trank zwei Gläser kalten Pfefferminztee.
Es klingelte. Matilda eilte zur Tür. Vielleicht hatte Anna ja Lust, ihr beim Streichen zu helfen.
Draußen stand eine sehr schlanke blonde Frau. Sie musterte Matilda so gründlich, als wollte sie sie mit den Augen röntgen, ehe sie fragte: »Bist du Matilda Schliep?«
»Ja.« Von irgendwoher kannte Matilda die Frau. Es fiel ihr im selben Moment ein, in dem die Besucherin ihren Namen sagte: »Ich bin Ella Böhmer, die Mutter von Patrick. Ich möchte gerne von dir wissen, wie du dazu kommst, solche Lügen über meinen Sohn zu erzählen und uns die Polizei auf den Hals zu hetzen.«
Die letzten Worte hatten schrill geklungen. Matilda starrte in die Gletscheraugen ihres Gegenübers und brachte keinen Ton heraus.
»Na? Was ist? Warum so schweigsam?«, die Frau machte einen Schritt auf Matilda zu. Instinktiv wich Matilda zurück. »Vor der Polizei warst du doch auch recht gesprächig.«
Matilda schluckte, dann riss sie sich zusammen. »Es ist ja auch wahr!«, verteidigte sie sich. »Man hat sogar seinen Schuhsohlenabdruck vor der Kellertür gefunden.«
»Blödsinn!«, schrie Frau Böhmer, die plötzlich jede Beherrschung zu verlieren schien.
Matilda bekam Angst. Die Besucherin machte einen weiteren Schritt auf sie zu, Matilda stand nun bereits im Flur. »Ich warne dich!« Es war nicht mehr als ein Flüstern. »Wenn du weiterhin meinen Sohn verleumdest, dann bekommst du es mit meinem Mann zu tun.«
Peng! Matilda knallte der Frau, ohne zu überlegen, die schwere Haustür vor der Nase zu. Drinnen lehnte sie sich gegen die Wand. Erst jetzt merkte sie, dass sie am ganzen Leib zitterte. Was für eine Familie, lauter Psychopathen, dachte sie und dann: Die Terrassentür! Sie raste in die Küche. Fast erwartete sie, dort Frau Böhmer mit einem Fleischermesser in der Hand vorzufinden. Doch der Raum war leer. Mit wild pochendem Herzen verriegelte Matilda die Tür. Nicht dass diese Furie noch ins Haus kam! Und hoffentlich hielten die angenagelten Bretter an der Kellertür, falls sie es dort versuchen sollte. Die Haustürklingel ging erneut.
»Gehen Sie weg!«, schrie Matilda aus Leibeskräften in Richtung Tür. Einen Augenblick blieb es ruhig und Matilda atmete schon auf, doch dann läutete es wieder.
»Hauen Sie ab oder ich rufe die Polizei!«
Auf Zehenspitzen schlich Matilda zurück zur Haustür. Jemand klopfte gegen das Holz, dann hörte man Annas Stimme: »Matilda? Ich bin es, Anna. Mach doch auf!«
Vorsichtig öffnete Matilda die Tür, spähte an Anna vorbei nach draußen und fragte: »Wo ist sie?«
»Wo ist wer? Was ist denn mit dir los?«
»Patricks Mutter. Hast du sie noch gesehen?«
»So eine dürre Blonde? Die ist mir entgegengekommen und hat ein Gesicht gemacht, als wollte sie mich gleich fressen. Sie ist in einen Mini gestiegen und weggefahren. Was wollte die denn
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