Rosengift - Die Arena-Thriller
machen. Die meisten Stalking-Opfer sind ganz normale Leute. Sie werden beispielsweise von Expartnern verfolgt oder von Kollegen, die sich einbilden, der andere würde sie lieben, er oder sie wüsste es nur noch nicht. Es gibt nämlich auch genug Frauen, die so was machen. Aus Rache zum Beispiel, weil sie verlassen oder verschmäht worden sind. Die tyrannisieren dann ihren Ex. Oft stellen sie es so intelligent an, dass man ihnen nie was nachweisen kann. Manche Leute sind über Jahre verfolgt worden. Sie sind umgezogen, haben die Stelle gewechselt – alles umsonst. Sie waren total fertig. Am Ende sind manche Opfer sogar selbst straffällig geworden, weil ihnen die Nerven durchgegangen sind und sie sich gewehrt haben. Einige wurden sogar von ihrem Stalker umgebracht. Und Patrick hat ja auch…«
»Hey!«, unterbrach Anna sie energisch. »Jetzt mal ganz ruhig. Steigere dich da nicht so rein. So schlimm wird es nicht werden. Patrick ist doch kein Monstrum.«
»Du hast das Zimmer nicht gesehen. Das sah aus, als hätte eine Bestie darin gewütet. Und auf dem Foto hat er mir gedroht, ich würde nicht mehr lange leben.«
»Hunde, die bellen, beißen nicht«, hielt Anna dagegen. »Der wollte dir nur Angst machen, der würde dir doch nie was tun. So sehr dreht er ganz bestimmt nicht ab.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Matilda fröstelte und zog die Bettdecke noch höher. Dann verzog sie den Mund zu einem kleinen Lächeln. »Aber ich bin auf jeden Fall froh, dass du da bist. Und Harri.«
Eine Weile schwiegen sie. Matilda dachte schon, Anna wäre eingeschlafen, als diese fragte: »Und wie läuft es mit Chris?«
»Gut.«
»Wann triffst du ihn wieder?«
Matilda war erleichtert, dass Anna selbst davon anfing. »Er hat mir vorhin eine Mail geschickt und gefragt, ob wir uns Freitag sehen können.«
»Ja und? Was spricht dagegen?«
»Na ja, ich will ja nicht, dass du…«
»Ich? Mach dir um mich keine Sorgen. Ich bin Freitag mit Tommy aus der 11a verabredet.«
»Ach, echt?« Matilda zog die Augenbrauen hoch. »Und der ist dir nicht zu jung?«, fragte sie neugierig.
»Er ist neunzehn. Ist mal sitzen geblieben.«
»Ist das der Blonde, der immer mit seiner Vespa zur Schule fährt?«
»Genau. Ich war Samstag mit ihm weg.« Anna grinste verschmitzt.
»Was? Und das erzählst du mir erst jetzt?« Matilda setzte sich im Bett auf. »Und, wie war’s?«
»Schön. Wir waren im Kino und dann noch in einer Bar. Mann, der kann echt gut küssen!«
»Kann Chris auch«, verriet Matilda und lächelte.
»Dann sei froh. Das ist eine Seltenheit. Was ich da schon erlebt habe…« Anna winkte ab und Matilda kicherte. »Ich könnte dir Horrorgeschichten erzählen…«
»Mach!«, forderte Matilda.
Ihre Freundin ließ sich nicht lange bitten. »Also, am schlimmsten sind die Sabberer. Das sind die, die dir das Gesicht und den Hals und überhaupt alles mit Spucke vollsabbern. Hinterher hast du kein Make-up, keinen Lidschatten, kein gar nichts mehr im Gesicht und der Kuss fühlt sich an wie ’ne Munddusche.«
»Iiih!«, quiekte Matilda.
»Oder der Sauger – auch ganz übel. Der fällt wie ein ausgehungerter Vampir über dich her, bis dir die Lippen bluten und du überall fiese Knutschflecke hast. Der ist wie ein Hund, der sein Revier markiert – nur halt mit Knutschflecken, statt dich anzupinkeln.«
»Oh, Mann, hör auf!«, Matilda lachte.
»Und dann gibt es noch die Wühler und Bohrer: Die denken, sie müssten dir ihre Zunge bis hinter die Mandeln schieben. Und dann rühren sie damit in deinem Mund rum, was das Zeug hält, so als würden sie Eischnee schlagen. Das sind meistens auch noch die, die sich selbst für die allergrößten Küsser halten. Nee danke. Da sind mir die Unsicheren, Umständlichen noch lieber. Die, bei denen immer irgendwie die Nase im Weg ist. Oder sie biegen dir den Kopf nach hinten, bis du Genickstarre kriegst. Oh ja – und übel sind auch die, die so ganz schlaffe Lippen haben und mit der Zunge immer dieselbe Bewegung machen – ätzend! Wieder andere halten dich beim Küssen an den Oberarmen fest wie ein Schraubstock, sodass du am nächsten Tag blaue Flecken davon hast. Das sind die Klammerer. Und dann gibt es noch die, die immer die Augen offen lassen beim Küssen. Das ist auch irgendwie blöd, man fühlt sich so beobachtet.«
»Das ist ja schrecklich!« Matilda hielt sich den Bauch vor Lachen.
»Ist es auch«, bestätigte Anna und verzog das Gesicht, als litte sie unter großen
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