Rosenherz-berbKopie
schon so oft versucht, dich zu erreichen. Wie geht
es Tereza?»
«Also
wisst ihr es schon?» Seine Stimme war belegt; er räusperte sich.
«Die
Nachbarn haben gesagt, wir sollen den Fernseher einschalten. Ich
wünschte so, ich könnte jetzt bei dir sein. Wie geht es ihr?»
«Niemand
weiß etwas. Ich mag nicht reden, Mama. Ich wollte euch nur Bescheid
geben.»
«Sollen
wir kommen? Wir können in zwei Stunden in Frankfurt sein. Wenn du
uns nicht in der Wohnung haben willst, nehmen wir uns ein
Hotelzimmer.»
«Das
ist lieb, Mama, aber bitte, nein, das möchte ich nicht. Grüß
Papi. Ich melde mich, wenn ich etwas weiß. Entschuldige.»
Dann legte er auf.
Er
ging an den Wohnzimmerschrank und nahm eine halbvolle Flasche
Cognac heraus. Er füllte ein Glas, nahm einen großen Schluck,
füllte es noch einmal, dann ging er ins Bad. Er drehte das Wasser
auf, setzte sich auf den Rand der Wanne und wartete, dass sie
volllief. Denken konnte er jetzt nicht. Er fühlte sich wie
abgestorben. Er zog sich aus und legte sich in die Wanne.
Der
Alkohol begann zu wirken. Marthaler schloss die Augen und
versuchte, sich zu entspannen.
Nach
einer halben Stunde war seine Haut aufgeweicht. Er stieg aus dem
Wasser, trocknete sich ab und zog seinen Bademantel über. Vom
Wohnzimmer aus schaute er auf die Straße. Die Journalisten standen
noch immer vor dem Haus.
Als
es an seiner Wohnungstür läutete, stellte Marthaler die Klingel
ab. Er wusste nicht, was er tun sollte. Unruhig lief er von einem
Zimmer zum anderen.
Er
goss das Glas noch einmal voll, aber als er trinken wollte,
widerte ihn der Geruch an. Er schüttete den Inhalt in die Spüle.
Er
wählte Sabatos Nummer im Weißen Haus. Kurz darauf hörte er die
tiefe Stimme des Kriminaltechnikers. «Robert, ich hab es auch schon
probiert. Wo bist du?»
«Zu
Hause. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich weiß nicht, wohin
mit mir. Niemand kann mir sagen, was mit Tereza ist.»
«Du
kommst zu uns», sagte Sabato. «Ich werde gegen Mittag hier Schluss
machen, dann hole ich dich ab.» «Geht das?»
«Wenn
ich es tue, dann geht es.» «Arbeitet ihr schon an der Sache im
Stadtwald?» «Ja, die Müllmänner von der Spurensicherung haben
hier gerade ihre Säcke ausgekippt.»
«Ist
was dabei? Gibt es schon Hinweise auf die Tater?» «Robert!»
«Entschuldige,
ich weiß ...»
«Es
ist zu früh, wir haben Reifenabdrücke, die wir auswerten
müssen. Wir haben Fußspuren und Patronenhülsen. Und natürlich
den ganzen üblichen Dreck, der sich an jedem Tatort im Freien
findet. Aber wir können noch überhaupt keine Schlüsse ziehen. Wir
haben gerade erst mit den Untersuchungen begonnen.»
«Das
heißt aber, du wirst im Labor gebraucht.»
«Papperlapapp.
Ich habe gute Leute. Pack ein paar Sachen und sieh zu, dass du die
nächsten zwei Stunden überstehst, ich bin so schnell wie möglich
bei dir.»
«Gut.
Und ruf mich kurz auf dem Handy an, wenn du vor der Tür stehst. Das
Haus wird von Journalisten belagert. Wir müssen damit rechnen, dass
sie versuchen, uns zu folgen.»
«Keine
Sorge», brummte Sabato. «Wenn der Chef dabei ist, hat die Meute
keine Chance.»
Marthaler
ging in die Küche und füllte Wasser in die Espressomaschine.
Als der Kaffee in die Tasse lief, sah er Terezas Zettel. Das erste
Mal las er ihn im Stehen. Dann setzte er sich an den Tisch. Er las
die wenigen Zeilen wieder und wieder und musste lächeln. Plötzlich
schämte er sich für seine Eifersucht und für sein Misstrauen. Wer
immer der junge Mann war, den Tereza gestern geküsst hatte und der
heute Morgen mit ihr überfallen worden war, sie hätte ihm diesen
Zettel nicht geschrieben, wenn sie ihn nicht mehr liebte.
Er
ging ins Schlafzimmer und setzte sich auf die Seite des Bettes, auf
der Tereza schlief. Er nahm ihr Kissen in beide Hände und schaute
es an. Dann vergrub er sein Gesicht darin und begann hatlos zu
schluchzen.
Carlos
Sabato hatte seine massige Gestalt vor den Journalisten
aufgebaut und beide Hände erhoben: «Ich weiß, ihr macht nur euren
Job», begann er seine Rede mit dröhnender Stimme. «Mir passt euer
Job oft genug nicht in den Kram, was euch egal sein kann. Nicht egal
sein sollte euch, dass ich als äußerst cholerisch gelte, dass ich
zwar Polizist bin, mir gewisse Vorschriften in gewissen Situationen
aber ziemlich egal sind. Um es deutlich zu sagen: Ich schrecke vor
körperlichen Auseinandersetzungen nicht zurück. Haben das
alle verstanden?»
Einer
der Reporter, die noch immer auf der
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