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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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mittelstarken Stück Draht um die Gurgel erdrosselt worden.
    »Schauen Sie«, sagte er und zog Ottakring in das Kircherl. »Da.« Er
deutete auf die rechte Hand des toten Engel. Sie lag flach auf dem Steinboden
auf.
    Mit bloßem Auge konnte man blutige Hautfasern unter den Fingernägeln
erkennen.
    »Und da.« Offene Kratzwunden am Hals oberhalb der
Strangulierungsspur.
    »Absolut«, murmelte Ottakring. »Der hat noch mit dem verdammten
Draht gekämpft.« Er bedachte Bruni und den Arzt mit einem Blick. »Der Tote wird
nicht angerührt. Bis der Rechtsmediziner da ist. Das ist dann sein Job.«
    »Wissen Sie, was eine Garrotte ist?«, fragte Bruni.
    Blöde Frage, dachte Ottakring, sprach es aber nicht aus. Jeder
erfahrene Kriminaler kennt schließlich alle Waffen dieser Erde.
    »Ein Metalldraht«, gab Bruni eifrig von sich. »Ein Metalldraht, der
an beiden Enden mit jeweils zehn bis fünfzehn Zentimeter langen Holzstückchen
versehen ist. Die klassische Garrotte wurde überwiegend von den Kriminellen im
Frankreich des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts benutzt. Etwa im
Hafenviertel von Marseille. Auch die alteingesessenen Mafiaorganisationen,
besonders die Cosa Nostra in Sizilien, benutzen heute noch manchmal die
Garrotte als Mordwerkzeug. Mit der Garrotte kann der Mörder in der Regel sein
Opfer von hinten erdrosseln, ohne dass es laute Geräusche von sich gibt.«
    Oha. Schon wieder etwas dazugelernt! Das mit der Mafia war Ottakring
neu. Wenn’s wahr war. Doch was sollte dieser bayerische Dorfbürgermeister schon
mit der Mafia zu tun haben?
    Etwas Dumpfes grollte den Berg herauf. Dreißig Sekunden später stieg
Staatsanwalt Goldner aus einem japanischen Vierradantrieb. Goldner, lockerer
Auftritt, geschieden von der Staatsanwältin Goldner, alleinerziehend mit
siebenjährigen Zwillingen. Weiß der Teufel, wie der das mit seinem Beruf
vereinbart, hatte sich Ottakring schon öfter gefragt.
    Der Staatsanwalt sah sich um und entschied: »Die Rechtsmedizin muss
her. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Ottakring verkniff sich ein Grinsen. Die Polizei hatte wieder Geld
gespart.
    Höchstpersönlich rief Staatsanwalt Goldner Professor Buchberger in
der Münchener Frauenlobstraße an und machte Druck.
    »Wir müssen auf breiter Front vorgehen«, stieß Schuster
aus, der Polizeidirektor. Er hatte ein Gesicht wie der Bergsteiger aus der
Werbung für Gletschercreme. »Ohne vorgefasste Meinung, aber konsequent. Es ist
ein politischer Fall. Da werden sie auf uns rumhacken, wenn wir nicht bis
spätestens zu den Frühnachrichten den Täter haben.«
    Ottakring nickte versonnen. Ihm war solches Gedankenspiel nicht
fremd. Wie sollte er unter diesem Druck noch seine Hochzeit am Sonntag
vorbereiten? Die Kirche, der Pfarrer, das Wirtshaus, die Gäste … Und vor
allem – Lola. Ein Verschieben war unmöglich. Schon aus Vorsicht. Denn er
konnte nicht ausschließen, dass seine weltoffene Lola eine Garrotte besaß.
    »Sicher denken Sie daran, eine SoKo zu bilden. Und Sie sind der Chef«,
fuhr Schuster fort.
    Mei, musste Ottakring denken, wo bin ich da bloß hineingeraten. Vom
Regen unter Umgehung der Traufe direkt in die Scheiße. Ich wollt mein
frühpensioniertes Leben genießen, meinen Hund und Lola verwöhnen und nix mehr
mit Leichen zu tun haben. Hab mich breitschlagen lassen, vorübergehend den
Obermordler in Rosenheim zu spielen. Und jetzt das. Mein Schulfreund wird im
Nobelhotel umgebracht, der Bürgermeister von Aschbach in einer Kirch. Und ich
hab den ganzen Mist am Hals. Meinen Hund haben sie ermordet, und jetzt bin ich
zum hundertsten Mal Leiter einer SoKo.
    »Okay«, sagte er. »Klaro.«
    »Lola. Heute ist ein Mord passiert. Ein grauslicher, und
was noch schlimmer ist, ein politischer.«
    Ab und zu brauchte er tagsüber Lolas Nähe. Grad an einem Tag wie
heute. Deshalb war er mittags für gebratene Scampi auf Salat und einen Schluck
Lugana nach Haus gekommen. Er hatte eine ungewöhnliche Reaktion von ihr
erwartet, ja befürchtet. Shit happens . Und genauso
war’s.
    Nach dem Essen erhob sie sich, ging ans Fenster und schaute hinaus.
Eine Minute lang schwieg sie. Als sie sich umwandte, spiegelte ihre Miene eine
Mischung aus Zorn, Feigheit und mangelnder Streitlust wider.
    »Du Armer! Du kannst mich also am Sonntag nicht heiraten?«
    »Ich … ich …«
    »Wann hast du von dem Mord erfahren?«
    »Heut früh. Vorhin. Ich war …«
    »Und welcher Tag ist heute, Joe?«
    Es wurde ungemütlich. Er fühlte sich wie ein

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