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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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was du willst«, sagte er leise.
    Das hatte er bei seinen Armeeeinsätzen am Balkan gelernt, und nicht
lange danach in einem gestohlenen Cadillac an einer New Yorker Ausfallstraße.
Wjatscheslaw Ivankow, der führende Pate der russischen Mafia in Nordamerika,
hatte Kosmos zu Beginn des neuen Jahrtausends unter seine Fittiche genommen.
Kosmos sollte die tschetschenische Konkurrenz ausschalten. Er erledigte diesen
Auftrag einzelkämpferisch mit Bravour, und in kürzester Zeit war Ivankows
Organisation zur mächtigsten russischen Mafiabande in den USA aufgestiegen. Eine dieser gottverdammten Streifen
der Highway Police hatte Kosmos wegen überhöhter Geschwindigkeit gestoppt. Es
waren zwei gewesen. Einer war mit wichtiger Miene bewaffnet auf ihn zugekommen.
Den erledigte er mit dem Rasiermesser, das er schon damals benutzte. Den
anderen mit der Pumpgun. Vorsichtshalber nahm er ihre Uniformen mit.
    »Du musst außer Landes«, hatte Ivankow anerkennend gesagt und
verkaufte seinen besten Mann nach Europa, an einen befreundeten Russen namens
Igor Jurewitsch Orlow.
    Auf dem Flug nach Europa machte Kosmos eine erstaunliche Entdeckung:
Er hatte bei dem Polizistenmord keine Angst mehr gehabt. Vorher hatte ihm seine
Angst regelmäßig zu schaffen gemacht. Er hatte immer cool wirken wollen, doch
das war nur Fassade gewesen. Bei allen gefährlichen Operationen bisher hatte er
eine enorme Beklemmung zu überwinden gehabt. Auf diesem Flug nun hatte er
festgestellt, dass ihm der Polizistenmord sogar Freude bereitet hatte. Es war,
als wäre ein Schalter umgelegt worden. Wenn er zukünftig Champagner brauchte,
würde er stehlen. Wenn er gejagt würde, würde er sich verstecken. Wenn man ihn
bedrohte, würde er töten. Nichts und niemand konnte ihm etwas anhaben. Liebe,
Freundschaft, Stolz, Mitleid, Treue, solche Regungen waren vergessen. Kosmos
empfand nur mehr Hunger, Durst, Müdigkeit und seinen Geschlechtstrieb. Es war,
als hätte seine Begierde nach Sex die Angst verdrängt.
    Begierde beherrschte ihn auch, als gerade die schöne Nadeschda
Gubkin den Musiksalon im Schlösschen betrat. Fasziniert, aber ohne es ihren
Mann merken zu lassen, starrte er auf ihren Busen, ihren Hintern und die Hände.
In Gedanken hatte er sie oft schon ausgezogen. Als das Handy ihren Händen
entglitt, war er sofort zur Stelle, um es aufzuheben. Als er es ihr zurückgab,
sah er ihr ins Gesicht.
    Auch sie blickte ihn an und errötete.
    »Wildschitz ist dran«, sagte Nadeschda zu ihrem Mann.
    Gubkin nahm das Handy entgegen und hielt es an sein Ohr. »Es ist
tot. Was wollte er?«
    »Engel ist tot,« sagte Wildschitz. »Er muss den Bürgermeisterjob
übernehmen.«
    Als der Kriminalrat kurz nach dreiundzwanzig Uhr den
Porsche an der Kirche vorbei betont langsam durch den Hochriesweg lenkte, hätte
er am liebsten an jeder Tür geschellt. Hat jemand gesehen, wie mein Hund von
jemandem gefüttert wurde? Hat sich ein Fremder hier rumgetrieben? Waren die
Russen unterwegs gewesen? Vielleicht könnte Lola diese Aufgabe übernehmen.
    Er schlich ins Haus, ging ins Badezimmer und ließ sich wenig später
mit einem tiefen Schnaufer auf der Couch nieder. Dabei schoss ihm wieder einmal
dieser stechende Schmerz ins Kreuz. Himmelherrgottsakrament, gottverdammter
Rücken!, wollte er laut aufschreien. Doch sogar zum Fluchen war er zu müde.
Lola war nirgends zu sehen. Als er aus der Hose schlüpfte, bemerkte er, dass
die Schlafzimmertür nur angelehnt war. Drinnen war es dunkel. Er ging wieder
ins Badezimmer, zog sich aus, lief auf Zehenspitzen nackt ins Schlafzimmer und
schlüpfte unter die Decke. Zuerst ließ er eine Hand spielen. Dann rutschte er
ganz vorsichtig an die tief schlafende Lola heran, doch schlief er selbst
umgehend ein.
    Als es von der Kirche herüber sechsmal schlug, machten beide
gleichzeitig die Augen auf. Ottakring war froh, nicht geträumt zu haben. Dann
wandte er sich Lola zu und holte nach, wovon ihn die nächtliche Müdigkeit
abgehalten hatte.

DREIZEHN
    Ein schrecklicher Mord.
    Chili stand am Fenster und blickte hinaus. Sie hatte den
Kurzlehrgang hinter sich gebracht, und Ottakring hatte sie in das Geschehen
eingewiesen. Es war Donnerstag, drei Tage vor seiner Hochzeit.
    »Wollte der Täter uns bewusst auf die Fährte von ›Schweigen der
Lämmer‹ führen? Es ist ja so offensichtlich.«
    »Ja, ja, Chili.« Ottakring hatte die Füße auf die unterste Schublade
seines Schreibtischs gelegt und starrte ins Leere. Sie hatten sich in seinem
spartanischen

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