Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
Vom Netzwerk:
Täter im Verhör. Er
blieb die Antwort schuldig.
    »Heute ist Mittwoch, der 23.
September. Und am 27.
wollen wir heiraten. Vielleicht hast du den Mörder ja bis Sonntag erwischt. Wie
wär’s, wenn du ihn als Trauzeugen nähmst? Wär doch originell, nicht?«
    »Absolut«, sagte er. Lange hatte er sich nicht so mies gefühlt.
    Sie waren nicht mehr die Jüngsten und beide schon ein bisschen
angeknabbert. Lola war Mitte vierzig, geplagt von einem Augenleiden, dessen
Ausgang nicht konkret abzuschätzen war. Ottakring, Mitte fünfzig, quälte sich
mit einem vergreisten Rücken herum und litt unsäglich unter dem Tod seines
Hundes.
    »Du sagst ja nichts«, murmelte Lola.
    »Ich denke über etwas nach.«
    »Etwas, was mit uns zu tun hat?«
    »Absolut. Absolut mit uns. Eines Tages grabe ich mich in der Krypta
einer romanischen Kirche ein und geh niemals mehr nach draußen.«
    Das stimmte nicht. In Wirklichkeit dachte er ans Bügeln.
    »Das klingt vielversprechend. Welchen Platz hast du mir dabei
zugedacht?«
    »Du bleibst bei mir und kraulst mir den Rücken. Und den Kopf. Und
massierst mir die Handflächen und die Wangen.«
    »Oh cool. So richtig nach Affenart?«
    »Und der Kirche gebe ich deinen Namen. Iglesia de Santa Lola. Oder
Lolita.«
    »Oh du bist süß.«
    Wieder einmal redeten sie um den heißen Brei herum. Kein Wort mehr
von Hochzeit. Denn beide wussten sie, dass sie am Sonntag heiraten würden. Im
Vergleich zu anderen Arten der Kriegsführung war ihre Liebe ein großer
Fortschritt.
    Ottakrings kurzer Aufenthalt im Haus endete mit einem versöhnlichen
Intermezzo auf der schmalen Bank im Entree. Doch spürte er jetzt zwei Waffen
über seinem Kopf schweben: das Schwert des Mörders und den zarten Dolch seiner
zukünftigen Ehefrau.

ELF
    »Herr Ottakring! Goldner hier. Wär nett, wenn Sie kurz bei
uns am Tatort vorbeischauen würden. ‘s gibt was Neues.«
    Die Tonart des Staatsanwalts war spröde, und Ottakring hatte sofort
ein schlechtes Gewissen. Hatte er pflichtvergessen gehandelt, als er kurz zu
Hause vorbeischaute? Kommt darauf an, wie wichtig einem sein Privatleben ist,
sagte er sich. Und wie wichtig dir die Scampi und der Lugana sind, warf der
kleine Staatsanwalt in seinem Hinterkopf ein. Und das Vögeln im Entree. Pflicht
ist oft das Gegenteil von dem, was man gerade tun möchte. Seltsamerweise fiel
Ottakring gerade in diesem Augenblick auf, dass sich aus Richtung Russenhaus in
den vergangenen Tagen nichts mehr ereignet hatte. Keine Parkplatznot, kein
Kratzer am Auto, kein Platten, kein erwürgtes Krokodil auf der Treppe. Hörbar
atmete er auf.
    Kurze Zeit später stand er, betont lässig mit den Händen in den
Hosentaschen, neben dem Staatsanwalt. Er röchelte heftig, denn der Porsche
hatte es zwar bis zur vierten Serpentine geschafft, doch den Rest des Wegs
hatte Ottakring als Berglauf absolvieren müssen.
    »Na?«, sagte er. Er hielt den Atem an, um cool zu wirken.
    An der weiß gekalkten Mauer neben dem Kircherlportal lehnte im
Schein der Sonne Dr. Adamina Tordarroch, die schottische Austauschforensikerin
aus Edinburgh. Ottakring war ihr zwei-, dreimal in der Münchener
Frauenlobstraße begegnet, hatte aber noch nie mit ihr zu tun gehabt. Der Frau
eilte ein vorzüglicher Ruf voraus. Von kleinem Wuchs, jung, knackig und
schnell. Mit einem schwarzen Mops an der Leine, der gerade das Bein hob.
    »Die da«, sagte Goldner. »Fragen Sie die.«
    Ottakring nahm die Hände aus den Taschen und pflanzte sich vor
Adamina auf, sodass es dunkel um sie wurde. Er hatte die Sonne im Rücken, und
sie stand im Schatten.
    »Na?«, sagte er.
    »Let’s see« , sagte sie. »Schaumermal.«
Dann streckte sie ihm einen runden Gegenstand entgegen, den sie wie einen
unbezahlbaren Diamanten zwischen behandschuhtem Daumen und behandschuhtem
Zeigefinger hielt. Er war schwarz, schien aus Metall zu sein und maß drei
Zentimeter im Durchmesser.
    Linkshänderin, hielt Ottakring fest. Oder womöglich nur, weil ihre
Rechte von der Leine mit dem Mops dran besetzt war. Er streifte sich ebenfalls
dünne lachsfarbene Handschuhe über.
    »Das Ding habe ich in einer Spalte in seiner linken Achselhöhle
gefunden«, sagte Adamina. Sie hielt das Objekt weiterhin hoch und verzog den
Mund.
    »Spalte?«
    »Spalte. Sie können ja unschwer erkennen, was mit dem linken Arm los
ist. Die Amputation vom Ellbogen abwärts ist ein Altschaden. Neu ist eine
Tasche in der Region unterhalb des Bizeps. Sie wurde mit einem Skalpell oder
skalpellähnlichen

Weitere Kostenlose Bücher