Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
Vom Netzwerk:
»Der Schwanzschlag eines Gigantosaurus.«
Dann nickte er mit dem Kinn zu dem leeren Tisch. »Wo sind sie?«
    »Gegangen. Sie haben bezahlt und sind gegangen. Gleich, nachdem du
raus warst.«
    Die Neun-Millimeter-Hülse stand immer noch da, wo er sie hingestellt
hatte. Er versuchte sie vom Tisch zu pflücken. Es ging nicht. Sein Körper war
keine fünfzehn mehr, und der Ballon, der früher eine Hand gewesen war,
schmerzte und war zu nichts mehr zu gebrauchen. Lola hob die Patrone auf und
ließ sie in Ottakrings Jackentasche gleiten.
    »Sexy«, flüsterte sie ihm zu. »Sexy, dieses Teil.«
    Er hätte sie verwünschen können. Er half Lola in die Jacke.
    »Hallo!«
    Ottakring fuhr herum. Beinahe wäre er mit der Person
zusammengestoßen, die gerade aus dem Windfang des Lokals kam. Blasser Teint,
bläuliche Lippen, blonder Chinesenzopf.
    »Eva Mathilde Leander!«, rief er ihr entgegen.
    »Moment Zeit?«, fragte Eva M., nachdem sie auch Lola Herrenhaus
respektvoll begrüßt hatte.
    »Immer. Wenn’s was Neues gibt.« Er musterte sie auf eine Art, als
würde er sie mit seinen Augen fotografieren.
    Sie lächelte. »Jeder hat immer noch eine Leiche im Keller, oder?«
    Erstaunlich, diese junge Frau, dachte Ottakring. Selbstbewusst,
charmant, intelligent. Er war froh, sie für seine Dienste gewonnen zu haben.
    »Ich hab die Chefin vom Winslet noch einmal befragt.« Rasch
präsentierte sie das Ergebnis. Die fehlende Figur auf dem Schachbrett der
Charitygesellschaft. »Da gab es diesen russisch wirkenden Typ im Smoking,
mittelgroß, Knopf im Ohr. Frau Winslet hält ihn für einen Bodyguard. Er war
nicht auf der Teilnehmerliste. Soll ich mich drum kümmern?«
    »Was haben Sie vor?«
    Eva M.s Blick streifte die Frau neben Ottakring. Als ob sie
Scheu hätte, in Lolas Gegenwart ein Geheimnis preiszugeben. Doch als sie
Ottakrings offene Miene sah, entspannte sie sich.
    »Gehen wir nach draußen.«
    Mit einem Fußtritt stieß Ottakring die Tür auf, Lola hinter sich
herziehend. Er schaute sich nach beiden Seiten um und nickte ihr zu. Sein
Porsche stand da, wo er ihn geparkt hatte. Er umkreiste sein Auto und forschte
nach Unregelmäßigkeiten. Nirgends Kratzer, Spuren von Tritten oder Dellen. Der
Papierschnitzel, den er ins Scharnier der Fahrertür gesteckt hatte, war auch
noch da.
    »Essigsaure Tonerde« war Lolas Heilempfehlung auf der
Autobahn. »Dazu die kaputte Hand in Mehl und kaltes Wasser tauchen.« Dann sei
sie wahrscheinlich schon nach acht bis zehn Wochen wieder betriebsbereit.
    Ottakrings Laune litt. Sie verdüsterte sich weiter, als sie sich
Aschbach, dem Hochriesweg und ihrem Haus näherten.
    Blaulicht. Je näher sie dem Haus kamen, desto mehr Blaulichtfarbe
nahm die Nacht an.

DREI
    »Achtunddreißig Hülsen«, sagte der uniformierte Polizist,
»haben wir bisher gezählt. Da.« Er deutete auf die Haustür des Anwesens
Hochriesweg 19.
    Was, Hülsen, wie gezählt?, wollte Ottakring schon fragen, da sah er
die Bescherung. Die Haustür zu Lolas und seinem Haus stand offen. Der
Uniformierte hielt die Stablampe exakt darauf. In ihrem Lichtkegel machte
Ottakring seltsame helle Flecken auf der mahagonibraunen, senkrecht geriffelten
Haustür aus, unregelmäßig verteilt.
    »Oh Gott!«, schrie Lola laut.
    Nein, keine Flecken. Es waren Einschusslöcher. Die Tür war
durchsiebt wie ein Cadillac zu Chicagos besten Zeiten während der Prohibition.
    »Wir haben die Polizei geholt, Herr Ottakring«, rief eine männliche
Stimme.
    »Hier war vielleicht was los, Frau Herrenhaus«, rief eine weibliche.
    Lola schluchzte, und Ottakring war von ohnmächtiger Wut erfüllt. Wie
konnte das sein? Er dachte an Lenya und Pistolnik. Doch beide hatten ihnen im
Bernardiner zum Greifen nah gegenübergesessen.
    »Wann ist das passiert?«, fragte er den Polizeiobermeister.
    »Zwanzig Uhr zwei«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Sie
haben das Schloss rausgeschossen.«
    »Sie? Wissen Sie, ob es mehrere waren?«
    »Nein. Hab ich nur so gesagt. Schätze, dass es kein Einzeltäter
war.«
    »Sind Sie sich wegen der Uhrzeit sicher?«
    »Ganz sicher. Hab ich im Kopf.«
    »Zeugen?«, fragte Ottakring den Polizeiobermeister.
    »Bisher nicht. Nur ein paar, die Schüsse gehört haben. Gesehen haben
die nichts.«
    »Waren Sie schon im Haus?«
    »Nein. Des hammer uns net traut. Mir haben warten wollen, bis Sie
kemman.«
    Ottakring legte den Arm um Lolas Taille und wanderte mit ihr zum
Haus. Abrupt wandte er sich um und nahm den Nachbarn ins Visier, der

Weitere Kostenlose Bücher