Rosenmörder (German Edition)
ein Mensch diese Nadeschda Gubkinowa wohl sei.
Viel hatten die K1ler
nicht in Erfahrung bringen können. Die Gubkins hatten vor zweieinviertel Jahren
das Anwesen erworben und waren sofort hergezogen. Sie schienen keinerlei Anhang
zu haben, nur Bedienstete. Felix Iljitsch Gubkin engagierte sich für die Gemeinde,
unterstützte die Feuerwehr, die Kirche und den Fußballverein. Sonst war nichts
über ihn bekannt geworden. Unten im Dorf wurde zwar etwas von »Russen-Mafia«
gemunkelt. Doch man zog hier immer sehr schnell seine Schlüsse. Ob sie nun
richtig waren oder nicht, Indizien dafür gab es nicht. Aschbachs neuer
Bürgermeister Andi Wildschitz schien gute Kontakte mit ihm zu pflegen.
Felix Gubkins Frau, die Gubkinowa … aber das sollte sie ihr
selber erzählen. Sie stand plötzlich unter der Tür. Eva M. fühlte Enthusiasmus
in sich aufsteigen. Das, was sie hier veranstaltete, hatte sie noch nie zuvor
gemacht. Es war ihre eigene Erfindung. Gleichzeitig beschleunigte sich ihr
Herzschlag.
Die Frau reichte ihr die Hand. »Sie müssen Frau Doktor Zarah sein.
Wir haben telefoniert. Von welcher Zeitung kommen Sie? Ich hab nicht genau
zugehört. Woher stammt Ihr Name? Ist er persisch?«
Stillschweigend überreichte Eva M. ihre Karte. »Dr. Monique
Zarah, Redakteurin IPA . Las Vegas, München«, stand darauf.
Es hatte viel Überredungskunst gekostet, die Burschen im Präsidium für diesen
Schnellschuss zu begeistern.
» IPA ?«
»International Press Agency. Hauptsitz Las Vegas.«
»Heißt das, Sie werden auch in den USA berichten?«
»Nicht nur auch. Hauptsächlich.«
Eva M. bereitete es etwas Mühe, die Coole, Arrogante, Souveräne
zu spielen. Die Frau, die ihr gegenüberstand, verströmte eine Aura, der sie
sich unterlegen fühlte: Ewig lockt das Weib. Dichte rote Locken,
aristokratische Haltung. Der Teufel trägt Prada, dachte Eva M., als Engel
getarnt.
»Also. Fragen Sie.« Die Frau war es gewohnt, Interviews zu geben.
Wesentliches kam nicht heraus. Kaum mehr als das, was sie eh schon
wusste. Nadeschda Gubkinowa, die Charitylady. War sie das, oder war sie eine
Abzockerin? Immerhin besaß sie für ihre Veranstaltungen ein Gütesiegel, das
Unbedenklichkeitszertifikat. Wieder und wieder betonte die Gubkinowa das. Aber
darauf kam es Eva M. gar nicht an. Sie war in das abgeschottete Revier der
Gubkins eingedrungen, und das, was sie in den Räumlichkeiten registrierte, stimmte
mit den rekonstruierten Bauplänen überein. Die neuen Besitzer hatten –
soweit sie erkennen konnte – baulich nichts verändert. Gut zu wissen.
Sie wagte einen ungeplanten Vorstoß ins Private. »Ist Herr Gubkin im
Haus? Ihr Mann?«
Frau Gubkinowa blickte ihr forschend ins Gesicht. »Warum? Was wollen
Sie von ihm?«, gab sie unnötig heftig zurück. »Er hat nichts mit meinen
Aktivitäten zu tun.«
Sie sprach sehr gut Deutsch. Sie hatte einen kaum hörbaren Akzent.
Doch ihre Augen bewegten sich unruhig hin und her. Als ob sie sich vor etwas
ängstigte.
Als Eva M. von der Düsteren hinabgeleitet wurde,
hatte es überraschend stark zu regnen begonnen. Der Regen peitschte in dichten
Strömen gegen die Fenster, als verlange er Einlass.
Er peitschte auch gegen die Heckscheibe des himmelblauen Lada Kombi,
der direkt neben Eva M.s Golf einparkte, als sie die Autotür zugeworfen
und Bayern 3
angeschaltet hatte. Ein mittelgroßer, gut gekleideter Mann stieg aus. Er hielt
einen schmalen Aktenkoffer über den Kopf, um sich vor dem herniederprasselnden
Regen zu schützen. Der Blick, den er Eva M. im Vorübergehen zuwarf,
verhieß nichts Gutes. Als sie auf das große Portal zufuhr, beobachtete sie im
Rückspiegel, wie der Mann sich umwandte und stehen blieb. Aus kalten, fast
durchsichtigen Augen fokussierte er mit sprechenden Lippen seinen Blick auf das
Nummernschild. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten. Hatte sie
das Schild nicht genügend verdreckt? Und noch ein weiterer Gedanke keimte in
ihr auf. War das etwa der geheimnisvolle Mann aus Winslets Residenz, von dem
sie gern ein Foto gehabt hätte?
FÜNF
»Zehntausend Uzis für Somalia. Das ist gut. Diese
verdammten Piraten benötigen viele, viele Waffen.« Gubkin lachte hämisch. »Und
was, ihr wollt die deutschen Schrott-Phantoms an Namibia verkaufen? Denkt dran,
dass Lucas Pohamba und sein Minister sich auch für unser russisches
Luftraumüberwachungsradar P-12 NP interessiert haben. Ist uralt, aber für Afrika
reicht’s. Das gibt einen Extrabonus, wenn ihr
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