Rosenmörder (German Edition)
wird sie
diesmal auf Lager haben?
Schon bald rückt sie damit heraus.
Ich bin hundertprozentig sicher, dass die
Russenmafia hinter alldem steckt, sagt sie. Sie haben Kemal erschossen und dich
lebensgefährlich verletzt. Sie haben die drei Serienmorde auf dem Gewissen, und
ich bin überzeugt, dass sie auch hinter der Anschlagserie auf Ottakring
stecken. Und wenn wir sie nicht bald auffliegen lassen, wird noch mehr
passieren.
Eva M. berichtet von ihrem Besuch bei Frau
Winslet und von dem mysteriösen Bodyguard. Ich amüsiere mich, als sie mit
todernster Miene beschreibt, wie sie sich als Dr. Monique Zarah in das
Schlösschen eingeschlichen und Frau Gubkinowa interviewt hat. Und meint, beim
Wegfahren diesem Mann begegnet zu sein.
Eva M. lehnt sich vor und berührt leicht
meinen Arm.
Hast du schon einmal den Begriff »Dieb im Gesetz«
gehört?, fragt sie. » Wor w Sakone « auf Russisch?
In selbstvergessener Konzentration schiebt sie
die Zungenspitze zwischen den Lippen hervor.
Nein. Nie. War sie auf einen Plausch aus? Wollte
sie mich aus einer Depression retten? Wollte sie mir einen Gefallen tun und
mich in die Ermittlungsergebnisse einbinden?
Von der Straße her dringen gedämpfte Geräusche
ins Zimmer. Ein Moped. Hundegebell. Weit oben zieht ein Flugzeug mit zwei
weißen Kondensstreifen seine Bahn auf der Luftstraße.
Diebe im Gesetz waren einst für Zucht und Ordnung
in den Gulags zuständig, erklärt sie. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs
eröffneten sich ganz neue Perspektiven für diese Schwerverbrecher. Aus jener
Zeit stammen auch ihre Rituale, die bis heute gültig sind. Tätowierungen sind
so etwas wie Rangabzeichen, und es gibt einen Code, wie man sich in bestimmten
Situationen zu verhalten hat. Ähnlich der Italomafia, doch die haben wenigstens
eine Art von Ehre im Leib. Viele dieser kriminellen Autoritäten, die damals den
Ort der toten Seelen als freie Männer verlassen haben, sind heute Köpfe der
kriminellen Mafiabanden aus dem Osten.
Und? Was hat das alles mit mir zu tun?, frage
ich.
Eva M. zieht die Augenbrauen hoch. Ich
versuche herauszufinden, wer hier die Autorität ist und wer der Leutnant.
Ich hab mich lange konzentriert. Zu lange.
Schlagartig finde ich mich in einem Nebel der Hilflosigkeit wieder.
Eva M. sieht es mir an.
Geht’s dir gut?, fragt sie besorgt.
Weiß Ottakring das alles?, kann ich gerade noch
fragen.
Ja. Weiß er.
Noch ein kurzer Abschiedsgruß, dann zieht sie
los.
In meinem Kopf herrscht Leere.
Mit der Klinke in der Hand dreht sie sich noch
einmal um.
Weißt du eigentlich, dass man dich offiziell für
tot erklärt hat?
SECHS
»Wenn man zum ersten Mal eine Waffe verkauft, ist das wie
beim ersten Sex. Man hat keine Ahnung, aber es ist aufregend.« Felix Gubkin
lachte schallend. »Der Spruch gefällt dir auch, Alterchen, nicht?«
Seine Augen waren auf das Foto des Großvaters gerichtet. Aber seine
Gedanken kreisten um Nadeschda.
Da hörte er sie schon kommen. Das blecherne Trapptrapptrapp ihrer
Schuhe auf der Eisentreppe näherte sich.
»Und? Was hab ich verbrochen, dass du mich so antanzen lässt?«
Sie lächelte ihn an. Ihre Hüften wiegten sich träge unter dem
gestreiften Rock, und das Innenleder der hochhackigen Schuhe schlug sanft gegen
ihre Fußsohlen. Auf der vorletzten Stufe blieb sie stehen.
Er begrüßte sie mit einem knappen Nicken.
»Kosmos«, sagte er. »Ist der eben reingekommen? Was will er?«
Sie klappte die Wimpern hoch, unschuldig wie Madonna vom Lande.
Begehrenswert wie immer. »Wie kann ich das wissen? Ich hab ihn nicht kommen
hören.« Sie nahm die letzte Stufe. »Kosmos«, sagte sie. »Ist er nicht ein wenig
hyperaktiv?«
»Kann man wohl sagen.«
Mehr sagte er nicht. Wollte seine Munition nicht vorzeitig
verschießen.
»Hastemir, der Polizist. Engel, der Bürgermeister.« Nadeschda wirkte
nachdenklich. »Die Wirtin. Diese Polizistin, die noch in der Klinik liegt. Er
legt eine Spur zu uns. Heute war schon eine Journalistin hier. Angeblich wegen
meiner Charity. Aber ich hab – leider etwas spät – gemerkt, dass da
etwas anderes im Busch war.«
»Journalistin? Warum weiß ich davon nichts?«
Er sah ihr an, dass sich ein Anflug schlechten Gewissens
breitmachte. Sie hatte zugelassen, dass eine Fremde ins Haus kam, und damit
schalteten sich automatisch die Kameras ab. Wegen eines Interviews! Wieder ihre
verdammte Eitelkeit. Vorgestern, als sie in Salzburg waren, hatten ihr an einer
Baustelle ein paar Arbeiter
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