Rosenmörder (German Edition)
und
habe im Schlaf gesprochen. Etwas, was nur zum Traum passte und nicht zum
richtigen Leben. In den Gesichtern der Mitarbeiter stand Ratlosigkeit. Er
musste es wieder hinbügeln. Er räusperte sich.
»Nun haben wir den Fall komplett aufzuklären. Lassen Sie es mich so
formulieren. Die Hintermänner sind wichtiger und bedeutender noch als dieser
Vollstrecker. Die müssen wir fassen. Und deshalb sind wir hier.«
Dr. Adamina Tordarroch lehnte an einem der Konferenzstühle. Ihr
furchtloser Blick ruhte auf Ottakring. Sie hatte schmale, strenge Lippen, die
durch eine Spur Lippenstift etwas weicher wirkten, dickes blondes Haar, das von
einer einfachen Spange zusammengehalten wurde. Sie trug eine Bluse und einen
leicht unterhalb des Knies endenden Rock mit hochhackigen Schuhen. Ihre großen
Hände lagen elegant und selbstsicher auf der Stuhllehne vor ihr. Ihre ruhige
Stimme erfüllte den Raum.
»Dann kann ich ja wieder abreisen, oder?«
Erschreckt erwiderte Ottakring ihren Blick. »Wie … wie meinen
Sie das? Sind Sie denn schon fertig?« Er rutschte nach vorn und saß auf der
Stuhlkante.
»Ich bin Forensikerin und Pathologin. Mein Beruf ist es, mich
ausschließlich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Wenn das nicht gewünscht
ist, bin ich arbeitslos und muss mich verabschieden.«
Bruni drüben an der Tür nickte heftig. Eva M.s Augen folgten
einer dicken Stubenfliege, die sich aus dem Fenster werfen wollte.
Und »Shit« , murmelte Ottakring, »Scheiße«,
obwohl er dieses Wort sonst strikt vermied.
»How nice« , sagte Adamina halblaut. »Wie
schön, den großen Kriminalrat Ottakring einmal verlegen und klein und hässlich
zu sehen. Aber das war nicht meine Absicht. Jeder hat mal einen schlechten
Tag.«
In kleinen Schritten bewegte sie sich seitwärts auf Ottakring zu und
stellte sich neben ihn. »Ich hätte noch etwas anderes für Sie als Tätowierungen,
die Sie langweilen, und Leichen, die schon tot sind. Wollen Sie hören?«
Die Mienen der anderen bestanden aus dicken Fragezeichen. Ottakring
blickte zu Adamina auf, froh, keine weiteren Erklärungen abgeben zu müssen. Er
nickte nur.
»Es geht um Felix Iljitsch Gubkin, Ihren neuen Freund. Ich hab mich
mal darum gekümmert. Seine Eltern leben bei Moskau in guten Verhältnissen,
Vater geboren 1937.
Wie weit Kontakte mit dem Sohn bestehen, konnte ich nicht erfahren.
Interessanter ist der Großvater Pjotr Iljitsch Gubkin. War eng mit dem
Komponisten Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch befreundet. Er war ein
hervorragender Pianist und begabter Komponist mit einer riesigen Fangemeinde
nicht nur in der Hauptstadt. Vereinzelt werden heute noch seine Werke aufgeführt
oder im Radio gespielt. Dann kam der Zweite Weltkrieg, Gubkin wurde eingezogen,
diente in der Armee und ist 1942
bei einem Luftangriff der Deutschen gefallen.«
Bruni war nahe an Adamina herangeglitten und sah sie verzückt an.
Kein halber Meter Abstand zwischen ihnen. Als Adamina eine ungeschickte
Bewegung mit dem Kopf machte, löste sich die Haarspange und fiel zu Boden.
Goldenes Haar breitete sich über ihren Schultern aus. Die Frau spendete Bruni
einen vorwurfsvollen Blick, als sei er schuld an diesem Unglück. Sie bückte
sich, um die Spange aufzuheben, doch er kam ihr zuvor.
»Bitte schön.«
Ottakring betrachtete die Szene mit Ungeduld und Bitterkeit. Längst
hätte er Adamina das Wort abgeschnitten, wäre da nicht sein Aussetzer von
vorhin gewesen. Er war vorsichtig geworden.
»Woher haben Sie diese Informationen?« Zu gern hätte er die Frage
»Und was bringen sie uns?« hinzugefügt.
»Scotland Yard könnte es sein«, sagte sie in Anspielung auf ihre
Heimat. »Ist es aber nicht. Auch wir auf der Insel haben so unsere Verbindungen,
denken Sie zum Beispiel an James Bond. Sie können von der Richtigkeit meiner
Aussage überzeugt sein.« Sie versprühte etwas wie Stolz. »Es heißt, dass Felix
Gubkin, also unser Gubkin, seinen Großvater sehr geliebt und verehrt hat. Er
soll es gewesen sein, der nach Jahren ein gigantisches Denkmal auf seine
Grabstätte gesetzt hat.«
Sie ließ ein Foto herumgehen, auf dem ein Klavier aus Marmor zu
sehen war, das an der Rückseite eines Grabs stand, offenbar anstatt eines
Grabsteins.
»Aber er hat seinen Großvater ja nie gesehen«, sagte Eva M. mit
dem Zeigefinger an der Nase.
»Ja. Das ist’s ja gerade. Meine Informanten betonen, dass Felix
Gubkin, also unser Gubkin, eine gewaltige Affinität zu seinem berühmten
Großvater hat. Weit mehr als zu
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