Rosenmörder (German Edition)
Stelle als
Radiomoderatorin im Bayerischen Rundfunk. Er hatte den spektakulären
Sedlmayr-Mord am Hals mit all den Auswüchsen der Medien und der
Prominentenszene. Lola bekam eine eigene LEUTE -Sendung
im Bayerischen Fernsehen, »Herrenhaus« . Ihre
Sendung – jeden Sonntagabend um dreiundzwanzig Uhr zwanzig – wurde
für ihn zur Pflicht. Wenn es so etwas wie Verliebtheit auf Raten gibt, dann
traf es auf ihn zu. Jedes Mal ein bisschen mehr. Nach seiner Scheidung –
wer hat jemals schon seine Frau an einen Kanarienvogel verloren? – hatte
er keine Affäre mehr gehabt, die man als ernsthaft hätte bezeichnen können.
Dafür war er nicht der Typ. Nun aber schlug Amor umso mehr zu.
Er hatte schon ihre Privatnummer herausgefunden, da las er:
»Herrenhaus im Amerikahaus«. Lola Herrenhaus, stand in der AZ , sollte eine Live-Talkshow moderieren. Das Thema
interessierte ihn nicht. Ihn interessierte nur die Frau. Er kannte den
Direktor, dem er einmal bei der Aufklärung eines Einbruchs in dessen Privathaus
beigestanden hatte. Der Mann war glücklicherweise Deutscher. Mit einem
Amerikaner hätte er sich nur auf Lateinisch unterhalten können. Also bekam er
eine Einladung.
Er lud sie kühn zum Essen ein. Ihr Zögern dauerte nicht länger als
ein Herzschlag. Als sie zusagte, errötete Josef »Joe« Ottakring wie ein
Sechzehnjähriger beim ersten Tanz – falls Sechzehnjährige heute noch
erröten.
Unglaublich, wie das damals war, dachte er heute. Das Feuer der
Liebe ist unauslöschlich.
The
fire of love … unextinguishable?
»Wir haben darüber spekuliert, wer den Porsche zerkratzt hat«, sagte
er. »Wer uns die tote Katze …«
»Ja? Und? Gibt’s denn ein Ergebnis? Und was mir am wichtigsten wäre:
Wer hat Herrn Huber ermordet?«
»Ähäm. Hrrrmph. Es ist nicht protokolliert, aber aus erster Hand.«
Unwillkürlich fasste er sich an die Innenseite des Oberschenkels, wo er bei dem
Gemenge mit Pistolnik einen heftigen Tritt abbekommen hatte.
»Der Pistolnik-Junge war es. Das lässt sich zwar nicht beweisen,
aber ich habe die glaubwürdige Aussage eines Augenzeugen. Sogar so etwas wie
ein Kronzeuge. Der Junge hat den Porsche mit einem Wagenheber zerkratzt. Der
Junge hat die tote Katze in den Garten geworfen …«
»… und unsere Tür zerschossen? Der Junge hat mit einer
Maschinenpistole sechsunddreißig Schüsse auf unsere Tür angegeben?«
»So sagt meine Gewährsmann.«
»Kaum zu glauben. Wie alt ist denn der Bub?«
Ottakring zuckte die Schultern. »Elf Jahre.«
»Das gibt’s doch nicht, dass ein unscheinbarer Elfjähriger eine MP i bedienen kann. Sechsunddreißig Schuss auf offener
Straße!«
Der Kriminalrat fand sich auf einmal in der Klemme. Lola war von den
Ereignissen ebenso betroffen wie er. So gern er ihr die Wahrheit gesagt hätte,
konnte er aber unmöglich polizeiliche Interna preisgeben. Dass der Besitz einer
Uzi unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fiel, hätte er ja noch verraten
können. Dass der Junge im Beisein des Vaters beweisen musste, dass er mit der
Waffe umgehen konnte, wollte er jedoch für sich behalten. Und wie der damit
hantieren konnte!
»Und was ist mit Herrn Huber?«, wollte sie wissen.
Er hatte immer noch Probleme, über Herrn Hubers Tod zu reden. Lola
musste sich eine Sekunde gedulden, und selbst dann noch klang seine Stimme
gepresst.
»Der Empfänger, der ihm mit einem Stück Fleisch oder Wurst –
oder Käse, Herr Huber mochte auch Käse – einverleibt wurde, konnte von
jedem x-beliebigen Telefon aus angewählt werden, sofern man die Nummer kannte.
In diesem Fall von einem Handy, das angeblich ebenfalls der Junge betätigt
hat.«
»Das bedeutet dann doch …«
»Genau. Wenn’s stimmt, haben wir’s mit einem Minderjährigen zu tun.
Der Junge wird straffrei bleiben. Es existiert für Kinder sogar ein
Vernehmungsverbot. Womit wir den Vater belangen können, ist Beihilfe oder
Anleitung zu diversen Vergehen wie Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch.
Auch ein Hund gilt juristisch immer noch als Sache.«
Ottakring schnitt eine Grimasse, die Lola als Versuch eines Lächelns
deuten sollte.
»Pistolnik also, oder?«
Er nickte.
»Und woher weißt du das alles? Habt ihr ihn noch einmal vernommen?«
»In gewisser Weise. Ja.«
Nachher im Auto telefonierte Lola noch einmal mit dem Sender. Sie
nahm Ottakrings Mobiltelefon, ihre Akkus waren leer. Der Porsche tuckerte mit
hundertzwanzig die Autobahn entlang nach Osten, Richtung Aschbach.
»Nein, ich lass mich da
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