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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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ganze Sache vergessen.«
    Felix Gubkin hatte sich in seine Einsatzzentrale zurückgezogen. In
den Kommandantensessel des PL  690- U -Boots, vor sich das Foto des gefallenen siebenundzwanzigjährigen
Kapitänleutnants. Aus der Küche hatte er sich eine Tasse Kaffee mitgenommen.
Die Angst vor dem Ungewissen saß ihm in den Knochen. Seltsam, Nadjuschas
Ausbruch hatte ihn kaum berührt. Im Gegenteil, er kannte ja das Temperament seiner
Frau, wenngleich sie diesmal tatsächlich zugestochen hätte. Es stand in ihren
Augen geschrieben.
    »Ich fühle mich bedroht. Stellst du mich einer bewaffneten Armee
gegenüber, werde ich reagieren wie ein Held, du kennst das. Das habe ich von
dir. Aber wenn es um Frauenlist geht, Alterchen, befällt mich Unruhe, die sich
nicht legen will, bis Fakten geschaffen sind.«
    Er nahm einen Schluck aus der Tasse.
    »Penelope ist von einer gefährlichen Intelligenz. Was sie sich in
den Kopf gesetzt hat, will sie haben. Oder wird sie durchführen, je nachdem.
Ich habe von hier unten ihren Standort bestimmt. Rate, woher sie mich angerufen
hat. Du denkst, aus Halle, wo sie hingehört? Nein. Vom Chiemsee aus hat sie
mich angerufen. Von dieser Insel, die sie Fraueninsel nennen. Ich frage mich,
wie sie dorthin kommt und was sie dort zu suchen hat. Allein die Tatsache, dass
sie sich auf einmal in unsrer unmittelbaren Nähe aufhält, macht mich nervös.«
    Er hörte auf, mit den Fingern auf die Platte des kleinen
Metalltischs zu trommeln, und erhob sich.
    »Du kannst dich erinnern, Alterchen, wir haben damals darüber
gesprochen. Ich musste ihn erschießen, ihren Vater, ich hielt es für Notwehr,
aber Penelope hat mir das niemals abgenommen. Und nun kommt sie an und will als
Zeugin vor Gericht aussagen. Das hätte verheerende Folgen für uns alle. Wenn
der gesamte Fall aufgerollt würde. Sie ist die einzige Zeugin.«
    Zwei Meter nach links, zwei Meter nach rechts. Mehr
Bewegungsfreiheit gab der Innenraum nicht her. Vor Großvaters Foto machte
Gubkin halt.
    »Ich sag dir was. Ich muss sie beseitigen lassen. Mit Puschkin hab
ich gesprochen. Er ist einverstanden. Er wird den Auftrag durchführen. Er ist
zwar kein Wor w Sakone , hat aber andere Qualitäten.
Absolut tauglich, der Mann, darauf gebe ich dir mein Wort. Was meinst du dazu?
Bevor ich Puschkin losschicke, ist mir dein Rat wichtig. Gib mir ein Zeichen,
Alterchen.«
    Pünktlich um acht Uhr fährt die MS  Edeltraud
am Prienlinger Hafen ab. Geplante Ankunft Herreninsel acht Uhr fünfzehn,
Fraueninsel halb neun. Es ist die erste Fahrt an diesem Tag. Trotz der
herbstlichen Witterung herrscht ein lebhaftes Treiben am Oberdeck, die ersten
durstigen Touristen halten schon ein Bier in der Hand. Auch zwei
Benediktinerinnen sind unter den Passagieren, ein abgemagerter Hund, eine Frau
mit weiß-braunen Hasen in einem Käfig und eine hochgewachsene Gestalt mit
steifem Hut und einem bis zum Hals zugeknöpften schwarzen Mantel. In einer Ecke
liegt ein rostzerfressener Anker.
    Das alles registriert Puschkin mit seinem fotografischen Gedächtnis.
Selbst nach Wochen hätte er noch eine Beschreibung abgeben können. Niemand
dagegen achtet auf ihn. Ein Mann in ledernen Kniebundhosen, grauem Janker und
einem mit Geranien geschmückten Hut am Kopf ist in dieser Gegend so
selbstverständlich wie die Möwen, die dem Schiff in großer Schar
hinterherziehen. Die Gubkinowa hat ihm einen Schnauzbart verpasst und sein
Gesicht nach allen Regeln der Kunst total verändert. Erst heute hat er
erfahren, dass sie früher als Model gearbeitet hat und viel über Maskenbildnerei
weiß.
    Die Umrisse der großen Herreninsel und der sehr viel kleineren
Fraueninsel sind bereits deutlich zu erkennen, als er unter Deck geht. Dort ist
er mit dem Getränkeverkäufer allein, und der hat genug zu tun. So kann er den
Inhalt der Plastiktüte mit Werbeaufdruck noch einmal überprüfen. Die Garrotte,
die Gubkin ihm mitgegeben hat, ein Messer aus eigenem Besitz und eine Pistole
für alle Fälle. Er hat Gubkin versprechen müssen, sie ausschließlich zur
Selbstverteidigung zu benutzen, falls etwas Unvorhergesehenes eintreten sollte.
Und schließlich das Foto von Gubkins Ex. Sein Alterchen habe auch zugestimmt,
hat Gubkin geheimnisumwittert angedeutet. Puschkin hat Mühe gehabt, nicht
ungläubig den Kopf zu schütteln. So eine Marotte hätte er dem Boss nicht
zugetraut.
    Puschkin. Alexander Puschkin, so hieß der russische Nationaldichter,
hat ihn Gubkin belehrt und ihm aus dessen Leben erzählt. Ein

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