Rosenmörder (German Edition)
Gartenschwester.« Hrrrmph. »Hatte.«
Ottakring stand auf und machte eine paar Schritte zum Fenster hin.
»Das alles kotzt mich an«, sagte er laut. »Das ist wie in einem
schlechten Krimi. Du denkst, wir hätten das Problem gelöst, dann geht’s grad so
weiter. Du kannst niemals ein gutes Gefühl haben, nie beruhigt sein, wenn du
deine Aufgaben erledigt hast. Es könnte ja wieder von vorn losgehen. Weißt du,
was ich mir schon mal überlegt hab? Wir sollten darauf hinarbeiten, dass wir
keine Mordkommission brauchen, sondern eine Verhütungs-, eine Vorbeuge-, eine
Präventivkommission. Freilich, ganz abschaffen werden wir unser Geschäft nie
ganz. Es wird immer Tötungen geben. Aber das mit der Vorbeugung, das sollte man
sich genauer ansehen. Ich werde daran herumdenken, und wenn ich eines Tages die
Lösung habe, werde ich sie mir patentieren lassen.«
Er ging wieder an seinen Platz, lehnte sich in seinem Stuhl zurück
und ließ einige Sekunden verstreichen.
»Weißt du, so wie wir jetzt Profiler haben, die anhand der
Tatmerkmale ein exaktes Täterprofil abgeben. Also den Täter beschreiben an der
Art, wie das Opfer umgebracht wurde, wie es dalag, ob es bei Voll- oder bei
Neumond geschah, im Auto oder im Wald und mit welcher Waffe. Sie schreiben mit
ihrer Methode fest, ob der gesuchte Täter ein Mann ist oder eine Frau, sie
nennen sein Alter, seine Rasse und noch zwei Dutzend Details im Voraus. Es
stellt sich, wenn der Täter gefasst ist, immer wieder heraus, dass unsere Profiler
eine erstaunlich hohe Trefferquote haben.« Er sah Eva M. lächeln. »Na ja,
das weißt du alles selbst.«
»Ich bin trotzdem gespannt auf Ihre neue Methode«, sagte Eva M.
»Mein Profiler der Zukunft geht grad andersrum vor. Er sieht sich
die Menschen an oder schickt ihre Daten durch einen Spezialrechner. Anhand
eines Grundmusters werden die Daten abgeglichen, und es ergibt sich eine
Gefährdungsquote des Einzelnen. Weißt, so wie bei einem Seismographen. Ab einer
bestimmten Gefährdungsstufe fängt’s an zu ticken und löst Alarm aus, wenn es so
weit ist. Dann wird dieser gefährdete Mensch aus dem Verkehr gezogen, und die
Tat wird erst gar nicht begangen.«
»Wow!«, machte Eva M. »Es ist immer wieder interessant, dabei
sein zu dürfen, wenn ein großes Gehirn arbeitet.«
Ottakring war sich nicht sicher, wie ihre Bemerkung gemeint war.
Seinen Gedankengang konnte er nicht mehr zu Ende führen, weil das Telefon
klingelte.
Eva M. ging ran. Dann sagte sie: »Ja, ich«, »Ja«, »Nein« und
»Ja, er sitzt hier«. Sie legte die Hand auf den Hörer und flüsterte: »Der Chef.
Herr Schuster.«
Ottakring seufzte tief und tauschte sein kleines Seminar über
zukünftige Verfahren der Verbrechensvorbeugung ein gegen einen Telefonhörer
voll Grant.
»…«
»Ja, es gibt ein neues Opfer«, sagte er beherrscht.
»…«
»Ja, es gibt gewisse Ähnlichkeiten. Bald sind wir schlauer.«
»…«
»Nein, das ist natürlich gesichert. Wir haben den Kosmos, äh, seinen
Kopf sogar von Felix Gubkin identifizieren lassen. Der musste ihn ja
schließlich kennen. Da lege ich meine Hand ins Feuer, dass der tot ist. Sie
sehen Gespenster, Herr Schuster.«
Das Gespräch dauerte über zwanzig Minuten. Ottakring schloss mit der
Bemerkung: »Nein, Doktor Tordarroch hat die Obduktion bereits vorgezogen. Die
Klosterschwester ist als Übernächste oder sogar Nächste dran. Bleiben Sie cool.
Schätze, dass ich heute noch das Ergebnis bekomme. Wir schaffen das schon.«
Für einen kurzen Augenblick überlegte er, wie viele
Klosterschwestern die Pathologie in der Frauenlobstraße wohl schon gesehen
haben mochte. Eva M. brachte ihn wieder in die Realität zurück.
»Also wenn ich das richtig verstehe«, sagte sie, »soll ich rüber auf
die Insel und mir meine Bekannte vornehmen, die Schwester Caroline?«
»Nicht nur. Kämm die ganze Insel durch, checke die Schiffe, den
Ticketverkauf in Prienling und in Gstadt. Der Mörder muss ja irgendwie
angekommen sein. Und wieder weg. Ich kümmere mich derweil um die Obduktion. Die
Tordarroch ist dran.«
Ottakring überlegte kurz.
»Und dreh sie durch die Mangel, wie sie dazu kommt, dir zu sagen, dass
sie bald Arbeit für dich hat, die Caroline. Die Penelope.«
VIERZEHN
Kriminalrat Ottakring wusste, wie der perfekte Morgen
auszusehen hatte. Die Sonne schien zum Fenster herein, während er die Frau
seines Lebens intensiv und doch lautlos liebte. Sie würden sich noch eine Weile
im Bett rekeln, Lola würde ihm das
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