Rosenmunds Tod
zweiundzwanzig Uhr. Der Besitzer des Ladens hat das bestätigt. Nach zehn Uhr abends verliert sich dann die Spur von Sebastian Monka. Todeszeitpunkt muss so etwa gegen Mitternacht gewesen sein.«
»Was für einen Eindruck hattet ihr denn von dem Jungen?«, fragte Gassel.
»Unsympathisch«, antwortete Hofmann. »Hat ständig versucht, Katharina in den Ausschnitt zu schielen. Ein wenig mehr Bewegung hätte ihm nicht geschadet, war ganz schön schwabbelig. Warum fragst du?«
»Monka hatte unmittelbar vor seinem Tod Sexualverkehr. Auf seiner Kleidung befanden sich Spermareste.«
»Merkwürdig«, überlegte Katharina. »Wurde er an diesem Parkplatz abgeladen? Oder war das auch der Tatort?«
»Einiges spricht dafür, dass er dort auch getötet wurde. Zum Beispiel die Menge des Blutes, die am Fundort der Leiche gefunden wurde. Wenn er erst dorthin transportiert worden wäre, hätte er eigentlich ausgeblutet sein müssen. Der Schnitt durch die Kehle war sehr tief.«
»Verflucht, haben wir es hier mit einem bundesweiten Netz von Kinderschändern zu tun? War Monka vielleicht jemand, der lohnende Opfer im Internet auftreiben sollte?«
»Dann hätte er nichts von Svenja und ihrem Tagebuch erzählt«, meinte Annika. »Vielleicht hat sein Tod doch nichts mit unserer Geschichte zu tun. Nach dem, was ich über ihn gehört hab, könnte Monka genauso gut ein Spanner gewesen sein, der ein Pärchen beobachtet hat. Nur ist er diesmal an die Falschen geraten.«
»Halten wir uns nicht mit diesen spekulativen Überlegungen auf«, sagte Wielert. »Frau Schäfer, wie sieht es denn jetzt mit Swobodas Mitarbeitern aus? Haben Sie jemanden in Ihrer Kartei gefunden?«
»Negativ. Wir sind den ganzen Personalbestand der Firmen durchgegangen, im Augenblick überprüfen wir noch die ehemaligen Mitarbeiter. Ein paar sind wegen Verkehrsdelikten vorbestraft, einer wegen schweren Diebstahls, aber niemand wegen Kindesmissbrauch.«
»Wäre auch zu schön gewesen«, knurrte Wielert. »Vielleicht bringt uns ja der Artikel in der heutigen Zeitung weiter.«
Die Beamten sammelten ihre Unterlagen ein und standen auf. Katharina folgte Hofmann in ihr gemeinsames Büro. Doch statt sich ihre Jacke zu greifen, um erneut die Befragungstour bei Beecks ehemaligen Patientinnen aufzunehmen, hockte sie sich auf ihren Schreibtisch und zündete sich eine Zigarette an.
»Mann, du bist ja wieder voll auf Droge«, grinste Hofmann und blieb wartend nahe der Tür stehen.
»Du bist doch auch nicht besser«, gab die Blonde kampfeslustig zurück. »Steck dir lieber eine Pfeife ins Gesicht. Wer weiß, wann wir heute wieder zum Rauchen kommen.«
»Sehr motiviert bist du im Moment nicht, was?«
Katharina ignorierte ihren Kollegen und sah dem Rauch ihrer Zigarette nach. Vorhin hatte sie Wielert nicht angelogen, in der letzten Nacht hatte sie wirklich kein Auge zugemacht.
Verdammt noch mal, was war da gestern passiert? In ihrem ganzen bisherigen Leben hatte sie sich nicht für Frauen interessiert, und nun das. Veronika war gegen zehn gegangen, danach hatte Katharina geduscht und war sofort ins Bett gekrabbelt. Aber an Schlaf war nicht zu denken gewesen. In ihrem Kopf kreiste alles, ständig sah sie sich selbst in den Armen der anderen, wie sie erst auf der Couch lagen, sich streichelten und küssten und später ins Schlafzimmer hinaufgingen. Es war einfach unglaublich, derartige Gefühle und Lust hatte sie zuvor noch nie erlebt.
Gegen sechs war sie wieder aus dem Bett geklettert, hatte sich einen Kaffee aufgesetzt und eine halbe Stunde mit der Tasse in der Hand auf der Terrasse gestanden. Um kurz vor sieben hatte sie es nicht mehr ausgehalten, zum Telefon gegriffen und Veronikas Handynummer eingetippt. Aber dann hatte sie sich nicht getraut, die Verbindung freizugeben.
»Hallo, Träumerle, wach auf«, rief Hofmann. »Irgendwann will ich heute Feierabend machen.«
Katharina schrak hoch. Ihre Zigarette war bis auf den Filter heruntergebrannt, ohne dass sie einen weiteren Zug genommen hatte.
»Okay, ich komm schon. Nur noch mal für kleine Mädchen, ja?«
Hofmann warf ihr ihre Jacke zu und betrat schon mal demonstrativ den Flur. Während der Stoppelhaarige die Bürotür abschloss, lief Katharina zum Ende des Ganges und stürmte in die Damentoilette. Mit einem Ruck zog sie die Tür zu der rechten Kabine auf. Sekundenbruchteile später schrie sie entsetzt auf.
38
Pankraz Galbierz steuerte seinen Wagen in die erstbeste Parklücke, zog die Handbremse an und schaltete den
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