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Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman

Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman

Titel: Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Werner H. Spross, der das Unternehmen erst zur Blüte gebracht hat, seinen von ihm gerne bezifferten Besitz in dreistelliger Millionenhöhe nicht in erster Linie mit Gartenbauarbeiten erworben, sondern durch clevere Immobiliengeschäfte und eine ebenso kluge Anlagestrategie an der Börse. Trotzdem ist er nicht als Immobilien- oder Börsengenie in die Geschichte eingegangen, sondern als «Gärtner der Nation».
    Adelina fand, diese Selbstdarstellung sei eine Meisterleistung gewesen, deren Wert nicht hoch genug einzuschätzen sei: Gartenbauer wirken nun mal sympathisch. Zudem war die Wirkung nachhaltig. Bis heute, da das Unternehmen von der fünften Generation geführt wird, gilt Spross in erster Linie als Gartenbaufirma.
    Ich stimmte ihr zu und fügte an, wie wirksam diese Strategie sei, sehe man an uns. Auch wir hätten das Unternehmen auf Anhieb sympathisch gefunden. Insofern könnte man die Strategie von Spross, sich als Gartenbaufirma zu positionieren, tatsächlich als Lehrbeispiel für Studenten von Marketing und Kommunikation verwenden.
    Allerdings würde eine Übernahme dieser Strategie, fuhr ich fort, nicht funktionieren. Weil die Identität als Gartenbauer bei Spross eben nicht eine aufgesetzte Strategie sei, sondern echt. Selbst die heutige Chefin Natalie Spross versteht sich, obwohl sie eigentlich Betriebswirtschaft studiert hat, in ihrem Herzen als Gärtnerin. So wie ihr Grossonkel Werner H. sich immer als Gärtner verstanden hatte, bei allen Erfolgen auf anderen Gebieten. Es müsse also in dieser Familie so etwas wie ein vererbbares Gärtner-Gen geben, schloss ich.
    Adelina wollte wissen, woher ich das wisse. Es ist schon ein paar Jahre her, als ich zusammen mit einem alten Bekannten einen Report über Familienunternehmen erstellte. Leonhard Top heisst er und war Gründer einer erfolgreichen Unternehmensberatung, die er später verkaufte, um sich ganz auf die Beratung von Familienunternehmen zu konzentrieren. Er hat mir damals von seiner Theorie der Existenz solcher Gene erzählt und Spross als Beispiel angeführt.
    Dieser Leonhard Top hat mich angeregt, mich näher mit dem Thema Familienunternehmen zu beschäftigen, zu denen Spross ja eindeutig gehört. Ich erzählte Adelina, wie ich durch das Thema Nachhaltigkeit erneut auf Familienunternehmen gestossen war. Wenn man Nachhaltigkeit zunächst auf die elementare Dimension des längerfristigen Denkens und Handelns reduziert, findet man rasch heraus, dass der Prototyp eines nachhaltigen Unternehmens längst existiert: das Familienunternehmen.
    Ehe ich zu längeren Ausschweifungen ansetzen konnte, unterbrach mich Adelina mit der Bemerkung, sie hätte längst kapiert: Familienunternehmen denken immer an die nächsten Generationen – und damit zwangsläufig nachhaltiger als von anonymen Managern geführte Unternehmen, die nur an den nächsten Quartalsgewinn denken. Besser hätte ich es nicht formulieren können.
    Um doch noch einen Beitrag zur Erkenntnisgewinnung zu leisten, fügte ich hinzu, im Falle von Spross komme noch etwas dazu. Wer als Gartenbauer nicht zehn oder zwanzig Jahre vorausdenkt, hat seinen Beruf verfehlt. Ein Familienunternehmen im Gartenbau denkt also doppelt nachhaltig. Das leuchtet unmittelbar ein. Wenn sich Spross also als nachhaltiges Unternehmen profilieren will, wirkt das glaubwürdig.
    Adelina hatte rasch herausgefunden, dass Spross dieses Potenzial bereits nutzte. Im Gartenbau wurden neu Erdsondenbohrungen zur Unterstützung der Nutzung nachhaltiger Energie angeboten. Bei der Entsorgung befasste sich Spross mit umweltoptimierten Abläufen der Baustellenentsorgung. Wohl fand sich im Internet kein spezielles Nachhaltigkeits-Reporting, doch das wäre für eine Firma mit einhundertsechzig Mitarbeitenden ja auch etwas viel verlangt. Adelina schloss messerscharf, man könne den Nachhaltigkeits-Behauptungen also nur glauben oder nicht. Sie neige zum Glauben, meiner Theorie zufolge wegen des doppelten Glaubwürdigkeitsbonus von Spross als gartenbauendem Familienunternehmen.
    Mittlerweile spürten wir einen Anflug von Hunger, mussten aber feststellen, dass sich nichts Anmächeliges im Kühlschrank befand. Vor lauter Grübeln hatte ich glatt vergessen einzukaufen. Ich schlug vor, einen Spaziergang runter zum Hirschen zu machen und dort auf der Terrasse eine Käseschnitte oder so zu essen. Adelina war einverstanden, und wir machten uns auf den Weg. Die Tür sperrte ich nicht ab. Für zwei Stunden kann man sich das hier noch leisten, wir

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