Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman
führen wird ein Zürcher Anwalt oder Treuhänder. Er wird sich als Bevollmächtigter einer Schweizerischen Aktiengesellschaft vorstellen, die sich mit Finanzgeschäften aller Art befasst. Einziger Verwaltungsrat und zugleich Geschäftsführer dieser AG ist besagter Anwalt oder Treuhänder.
Rechtlich und finanziell ist alles in Ordnung, der Bevollmächtigte wird die entsprechenden Dokumente und Bankbescheinigungen vorlegen. Da es sich beim Käufer um ein Schweizer Unternehmen handelt, gibt es auch keine Probleme wegen der Einschränkungen von Immobilienkäufen durch Ausländer.
Wenn die Polizei diesen Bevollmächtigten verhört und nach den Hintermännern der Käuferfirma fragt, wird er wahrheitsgemäss aussagen, er kenne diese nicht. Die AG gebe nur Inhaberaktien aus, und die gehörten bekanntlich dem, der sie besitzt, ohne dass die Besitzer irgendwo namentlich registriert sein müssen. Man habe es immer nur mit einem bevollmächtigten Anwalt zu tun.
Entrüstet von sich weisen wird er den Vorwurf, der Kauf sei durch Erpressung zustande gekommen. Von irgendwelchen Erpresser-Mails oder gar bösen Aktionen wird er nichts wissen wollen – und vermutlich stimmt das auch. Warum sollte jemand, der so raffiniert vorgeht, einem vorgeschobenen Strohmann mehr Wissen zumuten, als diesem guttut?
Jetzt hatte ich kapiert. Der eigentliche Erpresser schickte einen Strohmann vor. Den konnte man nicht verhaften, weil alles ganz legal ablief und weil dieser von den erpresserischen Hintergründen vermutlich gar nichts wusste. Aber konnte uns dieser Strohmann nicht doch wie in jedem anständigen Krimi zu seinen Hintermännern und Auftraggebern führen, wenn wir es nur geschickt genug anstellten?
Ich hatte zu wenig darauf geachtet, im Schatten zu sitzen, und deshalb vermutlich einen kleinen Sonnenstich. Jedenfalls torkelten in meinem Kopf allerlei Bilder davon, wie wir das heldenhaft bewerkstelligen würden. Wenn die Polizei mit ihren Mitteln nicht weiterwusste, würden Adelina und ich das Zepter in die Hand nehmen. Wenn nötig, würden wir unseren Gegner mit dessen eigenen Waffen schlagen. Erpresst du uns, erpressen wir dich.
Ich sah uns auf geheimer Mission. Adelina tritt im Büro des Treuhänders als mögliche Kundin auf, die eine Menge Geld von nicht ganz zweifelsfreier Herkunft anlegen möchte. Beim Gespräch setzt sie ihre weiblichen Reize ein, um den Treuhänder abzulenken und einen ersten Augenschein zu nehmen. Dann trete ich draussen im Flur auf und rufe mit einer autoritären Offiziersstimme, die ich an mir gar nicht kenne, etwas von Feueralarm. Das klingt so überzeugend, dass alle, auch der Treuhänder, nach draussen stürzen.
Jetzt kann Adelina sich in Ruhe umsehen. Auf dem privaten Tablet-Computer des Treuhänders wird sie fündig: Kinderpornografie. Ha! Jetzt haben wir ihn. Damit können wir ihn zwingen, mit seinem Wissen über die Hintermänner herauszurücken. Das tut er denn auch, winselnd vor Angst um seine Karriere.
Ich begann, meinen Tagtraum öffentlich auszubreiten, doch der junge Mann winkte nur müde ab. An so was sollten wir nicht mal denken. Denn selbst gesetzt den Fall, ein derart abenteuerliches Vorgehen hätte Erfolg, und der Bevollmächtigte wüsste tatsächlich mehr, als er uns unter normalen Umständen sagen würde, hülfe uns das gar nicht weiter.
Im besten Falle wüsste der Strohmann mehr über die wahren Besitzer der von ihm vertretenen Schweizer Aktiengesellschaft. Dabei handle es sich höchstwahrscheinlich nicht um Privatpersonen, sondern um eine andere Firma. Diese Firma wiederum ist ebenfalls im Besitz eines anderen Unternehmens. Und so fort. Man kann solche Schachtelkonstruktionen ziemlich weit treiben.
Firmen, setzte der junge Mann seine Erläuterungen fort, sind anonyme Gebilde. Besonders dann, wenn sie an Orten angesiedelt sind, die diese Anonymität nach Kräften fördern. Wie lange Zeit die Schweiz. Und bis heute manche englische Kanalinsel. Oder der amerikanische Bundesstaat Delaware. Von manchen Kleinstaaten in der schönen Karibik ganz abgesehen.
Wenn man also die wahren Besitzverhältnisse eines Unternehmens, auch eines schweizerischen, wirksam verbergen will, schachtelt man einfach ein paar Firmen übereinander und versteckt sie in einem dieser Steuerparadiese. Oder in mehreren. Und am Schluss dieser Konstruktion steht möglicherweise eine Firma auf den Cook Islands.
Davon hatte ich noch nie gehört. Auch Adelina nicht. Der junge Mann gab bereitwillig Auskunft. Die Cook
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