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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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weg?«
    »Frag doch so was nicht, Nora! Sie versucht nur, uns Angst einzujagen.«
    »Euch Angst einjagen?«, erwiderte Rose. »Ich kriege dabei selbst Angst. Ihr guckt euch ja nicht einmal die Bilder an!«
    »Wird da jemandem die Kehle rausgerissen?«, fragte ich, ohne hinzusehen.
    »Nein.« Rose hatte das Buch zugeklappt, bevor ich es mir angucken konnte. »Ich hätte das nicht vorlesen sollen.«
    »Ich hab’ dir doch gesagt, dass es blöd ist«, meinte Charlotte.
    »So blöd ist es nun auch wieder nicht, vielmehr ängstigt es mich zu Tode! Ich werde mich um Sinn und Verstand gruseln, wenn ich abends die Fox Hill Road entlanglaufe. Da gibt’s diese Stelle gleich hinter dem Grundstück der Cooks, ihr wisst schon, oder? Da sind nur Bäume und Grünzeug und so, gleich vor der Abbiegung zur Mülldeponie. Da ist keine Straßenlaterne, und es gibt auch keine Hauslichter, die die Stelle beleuchten. Wisst ihr, wo ich meine?«
    Ich nickte. Zwar war ich noch nie im Dunkeln dort gewesen – dafür gab es ja auch gar keinen Grund –, trotzdem wusste ich, wovon sie sprach. Charlotte sah weder auf noch antwortete sie.
    »Wenn ich an der Stelle entlanggehe, habe ich immer eine Todesangst. Das kleinste Geräusch in den Bäumen, und ichrenne. Mein Herz wummert dann wie bekloppt, bis ich endlich zu Hause bin.«
    »Wovor hast du denn Angst?«, fragte Charlotte.
    »Na ... vor allem. Wenn ich das kleine Stück Straße hinaufgehe, glaube ich plötzlich an alles, was einem Angst machen kann, sogar an die Sachen, die blöd sind, wie Geister, Vampire, Freddy Krüger ...«
    »Werwölfe?«, hakte ich nach.
    »Früher nicht«, sagte Rose. »Aber jetzt schon. Von jetzt an werde ich dauernd an sie denken. Von jetzt an werde ich mir immer eine Hand vor die Kehle halten, wenn ich unter den Bäumen hindurchgehe.«
    »Das kannst du dir sparen«, meinte ich. »Der Werwolf reißt dir einfach den Arm ab.«
    Da klopfte es an Charlottes Zimmertür.
    »Herein!«, rief sie.
    Die Tür ging auf, und Paul guckte herein. Sofort wurde ich tiefrot. Es war zwar schon ein paar Minuten her, dass ich gesagt hatte, wie haarig sein Vater war, aber vielleicht hatte er es trotzdem gehört. In dem Fall wollte ich auf der Stelle sterben. Dass Paul es gehört haben könnte, war nämlich etwas vollkommen anderes, als es gegenüber Charlotte und Rose zu behaupten.
    »Rose«, bat er, »kann ich kurz mit dir reden?«
    »Klar«, antwortete Rose und legte das schwarze Buch auf den Teppich, als sie aufstand.
    Paul schloss die Tür hinter ihnen. Lächelnd malte Charlotte ihrem nächsten Holzkopf rote Lippen auf.
    »Wollen wir nicht mal horchen, was die beiden reden?«, fragte Charlotte.
    »Können wir machen.«
    »Dann gehst du«, befahl sie flüsternd. »Du gehst zum Badezimmer und ...«
    »Nein«, unterbrach ich sie. »Du gehst!«
    »Mich würden sie hören«, wandte Charlotte ein.
    Ihre Logik war fies. Sie würden sie bemerken, mich aber nicht? Leider stimmte es. Ich stürmte aus dem Zimmer, um meine Wut zu zeigen, aber kaum war ich aus Charlottes Zimmer, wurde mir klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Für sie würde es so aussehen, als hätte ich ihren Befehl befolgt.
    Ich knallte die Badezimmertür zu, damit sie hörte, dass ich nicht das tat, was sie wollte – und ruinierte damit gleichzeitig unseren Plan, Paul und Rose zu belauschen. Im Bad putzte ich mir die Nase, betätigte die Toilettenspülung und wusch mir die Hände. Doch auf dem Weg zurück zu Charlotte hörte ich, wie Paul in seinem Zimmer mit Rose redete.
    »Aber es ist sicher besser, wenn wir was sagen. Wenn wir warten, bis er ...«, meinte Rose.
    »Du vergisst mich«, fiel Paul ihr ins Wort. »Warum sollte mein Leben für das Arsch...«
    Bei dem A-Wort erstarrte ich. Noch nie hatte ich gehört, wie Paul es aussprach, denn er war in dieser Beziehung ungefähr so konsequent wie Charlotte. Es hätte mich weniger gewundert, es von Rose zu hören. Rose fluchte richtig gerne.
    Leise schlich ich mich an Pauls Zimmer vorbei. Sie saßen nebeneinander auf Pauls Bett. Wie Charlotte es prophezeit hatte, bemerkten sie mich nicht. Oder es war ihnen egal, dass ich da war.
    »Hier geht es nicht um dich oder mich«, sagte Rose gerade, als ich an der Tür vorbeiging.
    »Willst du denn, dass jemand im Gefängnis landet?«, fragte Paul flüsternd. »Würde dich das glücklich machen?«
    »Glücklich?«, wiederholte Rose, wobei ihre Stimme kippte, als würde sie gleich weinen. »Wie kann denn Glücklichsein irgendwas damit

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