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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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sich setzen. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Ich hatte gerade ein langes Gespräch mit dem Leiter von Rudhagen, Robert Ehnmark, der folgendes erzählte: Anfang September 1984 wird Ragnarsson in Rudhagen aufgenommen, schwer schizophren. Er wird drei Jahre stationär behandelt, ohne je die Klinik zu verlassen. Im Oktober 1987 ist er so weit okay, dass er kleine Spaziergänge machen kann. Er wird mit starken Psychopharmaka behandelt. Im Frühjahr 88 kann er die Klinik für einige Tage verlassen, zunächst fährt er nach Eskilstuna, dann nach Stockholm. Nach einigen erfolgreichen Wochenenden in Stockholm hält man ihn für so weit wiederhergestellt, dass er versuchen kann, ein normales Leben zu führen. Man hilft ihm, in der Wollmar Yxkullsgata auf Södermalm eine Wohnung zu finden. Das Krankheitsbild aus dieser Zeit deutet an, dass er sich in Richtung eines mehr manisch-depressiven Zustands bewegt hat. Man ist auf Rückfälle vorbereitet. Ragnarsson lebt jetzt ein paar Monate in Stockholm. Eines Tages ist er zurück in Rudhagen, in einem Zustand der Zerrüttung. Allmählich schält sich eine dauerhafte Behandlungsstruktur heraus. Es wird ein ständiger Wechsel. In seinen manischen Phasen lebt Ola Ragnarsson in der Stockholmer Wohnung, in den depressiven in Rudhagen. Es funktioniert tatsächlich ziemlich gut. Seit dem Herbst 1989 ist dieses wechselweise Wohnen ziemlich konsequent durchgehalten worden.«
    Neue Pause. Ernsthaft gespanntes Schweigen.
    Arto Söderstedt kam sich vor wie ein Geschichtenerzähler der alten Schule. Angespornt fuhr er fort: »In den neunziger Jahren expandiert Rudhagen. Über die traditionelle psychiatrische Behandlung hinaus widmet man sich mehr und mehr der Suchtbehandlung. Man erweitert den Komplex um eine Alkoholklinik, die sich eines wachsenden guten Rufs erfreut und von mehreren schwergewichtigen Instanzen in Anspruch genommen wird. Unter anderem der Polizei. Dag Lundmark wurde im Juli vorigen Jahres suspendiert. Im September wurde er in die Entzugsabteilung in Rudhagen aufgenommen. Er bleibt dort bis Mai in Behandlung. Im Juni tritt er wieder in den aktiven Dienst ein, allerdings degradiert und zur Wache nach Flemingsberg versetzt. Während Lundmarks Aufenthalt in Rudhagen befindet sich Ragnarsson in den Perioden vom 14. November bis 7. Januar und vom 24. März bis 5. Mai ebenfalls dort. Seine depressiven Phasen. Lundmark verlässt Rudhagen am 15. Mai und zieht am gleichen Tag ins Hotel Siebenstern in Huddinge ein.
    Während seiner ersten Zeit in der Klinik dürfte Lundmark sich in einem schweren Stadium der Entgiftung befunden haben. Cold turkey. Die Neigung, Kontakte zu schließen, wird nicht sonderlich groß gewesen sein. In der Periode zwischen dem 24. März und dem 5. Mai dagegen nimmt Lundmark mit Sicherheit Kontakt zu Ragnarsson auf. Ganz wie Claudine
    findet er, dass Ragnarsson leicht zu lenken ist. Irgendwann im April dürfte Ragnarssons depressives Stadium in das manische übergegangen sein. Und jetzt wird er zum Werkzeug in Lundmarks immer ausgeklügelteren Plänen. Wie diese auch aussehen mögen.«
    »Geht das nicht reichlich schnell?« sagte Hultin. »September bis April. Kann man so schnell von einer schweren Alkoholsucht geheilt werden? Sind die in Rudhagen so gut?«
    »Sie sind bestimmt gut«, sagte Sara Svenhagen. »Aber sie haben auch neueste Hilfsmittel.«
    Die Köpfe in der Kampfleitzentrale wandten sich ihr auf einen Schlag zu. Mit dem Blick in einer ansehnlichen Sammlung von Papieren fuhr sie fort: »Dag Lundmarks Urinprobe vom Tag des Todesschusses in Flemingsberg weist eine auffällige Konstellation von Naltrexon und Acamprosat auf.«
    Die Blicke waren jetzt nicht mehr gnädig. Sie machte eine extra lange Pause und reizte die Anwesenden mit ihrem kleinen Lächeln. Schließlich fuhr sie fort: »In den letzten Jahren hat die Forschung um Alkoholabhängigkeit einen Sprung nach vorn gemacht. Naltrexon und Acamprosat sind zwei wichtige Opiatantagonisten. Sie wirken dem Verlangen nach Alkohol entgegen. Einzeln werden sie bereits in neuen Anti-alkoholmedikamenten verwendet – Revia beziehungsweise Campral. Aber wie sie zusammen reagieren, ist anscheinend eine sehr komplizierte Frage. Bei Ratten sind Aggressivität und eine verzerrte Wirklichkeitswahrnehmung beobachtet worden. Aber es könnte sich um einen Schlüssel zum Kampf gegen Alkoholismus handeln. Sehr wichtige Forschung, kurz gesagt. In Schweden ist es vor allem ein Arzneimittelunternehmen, das die

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