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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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wird überhaupt nicht erwähnt. Es geht nicht um den Vater, es geht ausschließlich um Dag, alles dreht sich um Dag. Für Lundmark ist die Kleinfamilie der Inbegriff des Glücks – wahrscheinlich weil er sie nie kennen gelernt hat. Es ist ein Idealbild, das er nie erreicht. Das ist auch nicht beabsichtigt. Es soll ein Idealbild sein, das nie erreicht werden, nie von Alltagsschmutz befleckt werden kann. Daher diese Reinheitsforderung, die nie eingelöst werden kann, daher die tiefe Enttäuschung über den wirklichen Zustand der Dinge. Und nicht einmal die Polizeiarbeit – die dafür gedacht war, ganz zu machen, zu heilen, die dafür gedacht war, die Dinge gerade zu rücken – funktioniert, wie sie beabsichtigt war. Die Verlobte verlässt ihn und bringt ihr gemeinsames Kind heimlich zur Welt, um es dann wegzugeben, um es von ihm fernzuhalten. Dann verlässt sie ihn. Er wird zweifach verlassen.«
    »Aber sein Sohn bekam doch eine richtige Kleinfamilie.
    Warum ermordet er die Kleinfamilie? Die Sjöbergs in Schonen?«
    »Weil sie keine echte Kleinfamilie sind. Sie machen sich des schwersten aller Verbrechen schuldig: Sie imitieren das Ideal. Das ist die äußerste Unreinheit.«
    »Unser Freund ist nicht richtig gesund.«
    »Nicht richtig«, sagte Söderstedt und spürte einen ziehenden Schmerz in den Zähnen.
    Paul Hjelm steckte fest.
    Nichts klappte. Die kleinen Fortschritte führten nirgendwohin.
    Es war ein unglaublich frustrierender Zustand.
    Er bekam einen Mann namens Mervat Elmagarmid zu fassen. Der konnte sich sehr vage daran erinnern, seine Wohnung in Hallonbergen an einen dicken Mann mit dünnem Schnauzbart vermietet zu haben. Das Telefongespräch entwickelte sich zu einem in sehr schlechtem Schwedisch vorgetragenen Monolog über das Thema Schnauzbarte. Warum bekamen schwedische Männer so schüttere Schnauzbarte, während zum Beispiel Araber wahrhafte Stahlbürsten unter der Nase entwickelten?
    Paul Hjelm hatte nicht einmal darauf eine richtig gute Antwort. Vor langer Zeit hatte er einen minimalen Kinnbart gehabt. In seiner unreifen Periode. Er wuchs sehr schlecht.
    Paul Hjelm seufzte und bedankte sich.
    Er erhielt Antwort von der Hebamme Marit Raagaard aus der Krankenstation in Slangerup. Doch, es war sehr gut denkbar, dass es sich bei der Frau auf dem Foto um die Schwedin handelte, die im April 1994 auf der Krankenstation ein Kind zur Welt gebracht hatte. Anderseits war es lange her, und auf dem Bild sah sie älter aus.
    Paul Hjelm seufzte und bedankte sich.
    Es kam eine Mitteilung über Kerstins Handy, das sie in der Küche in Hallonbergen zerschlagen hatte. Keine Gespräche am Samstag. Entweder war ihr klargeworden, dass sie zu ihr zurückverfolgt werden konnten, und sie hatte es vor Wut an die Wand geknallt. Oder der Akku war ganz einfach leer gewesen. Auf jeden Fall hatte sie vom Wohnungstelefon aus angerufen. Obwohl auch da das Risiko bestand, dass die Gespräche entdeckt wurden. Wenn auch ein geringeres.
    Paul Hjelm legte das nichtssagende Papier auf den Tisch und dachte nach. Dann und wann wurde er von dem Gefühl heimgesucht, etwas Wesentliches übersehen zu haben. Der Samstag entwickelte sich zu einer einzigen Heimsuchung.
    Er hatte etwas Wesentliches übersehen.
    Erst gegen Abend kam er darauf. Es wuchs langsam hervor, und er war sich nicht sicher, ob es wirklich genau das Wesentliche war, das er übersehen hatte. Er wurde darauf gestoßen, als er im Samstagsverkehr an einem Fußgängerübergang stand und sein Los verfluchte, für die ganze A-Gruppe belegte Brote kaufen zu müssen. Sie hatten darum geknobelt, wer gehen sollte, und sein Papier war unaufhörlich im Rachen der Schere gelandet. Als er zu Stein überging, war ein Papier da und wickelte ihn ein.
    Er stand am Fußgängerübergang. Das rote Männchen wurde grün. Er hielt inne und blieb stehen. Das Männchen wurde wieder rot.
    Bei irgendeiner Gelegenheit hatte Kerstin einen Scherz über den Wechsel der Fußgängerampel gemacht. Warum musste er daran denken? Und wie ging der Scherz noch? ›Dem Verstopften ist schlecht gewordene Das rote Männchen wurde grün.
    Naja. So witzig war es auch wieder nicht. Warum dachte er daran?
    Es war ein Kinderscherz. Kerstin hatte ein Kind zitiert.
    Welches Kind?
    Ihre neunjährige Nichte.
    Sie hatte eine Schwester.
    Schlampiger Trottel.
    Er rief beim Einwohnermeldeamt an und bekam den Namen und die Telefonnummer. Sie war drei Jahre jünger als Kerstin, wohnte auf Hisingen in Göteborg und hieß Eva

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