Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
Polizeihochschule. Ernst Ludvigsson, Victor Lövgren und Dag Lundmark. Lubbe, Vicke und Dagge. Zwei wurden Kommissare und einer wäre um ein Haar in der ›Spezialeinheit beim Reichskriminalamt für Gewaltverbrechen von internationalem Charakter‹ gelandet. Falls dir das was sagt.«
    »Was denn. In der A-Gruppe? Lundmark?«
    »Das ist korrekt«, imitierte Lubbe und machte die Klappe dicht.
    »Komm schon. Was meinst du damit? Dag Lundmark wäre beinah in der A-Gruppe gelandet?«
    »Das hast du nicht gewusst?« sagte Lubbe triumphierend. »Hultin startete eine Rundfrage, als damals im Zusammenhang mit den Machtmorden ein bisschen Panik ausgebrochen war. Vicke wurde gefragt. Er schlug Dagge vor. Denn Dagge war ein verdammt guter Polizist, bevor er anfing zu saufen, das kannst du mir glauben. Dann war er mit dieser Strebertussi Holm zusammen und brachte ihr alles über Polizeiarbeit bei. Hultin hat ihn eine ganze Weile interviewt, aber dann ausgesondert. Statt dessen nahm er Holm. Ich glaube, von da an hat Dagge sich gehen lassen.«
    Chavez saß eine Weile da und dachte über das Spiel des Zufalls nach. Sich vorzustellen, sie hätten Dag Lundmark in die A-Gruppe bekommen. Wie hätten sie mit ihm zusammenarbeiten können? Es hörte sich völlig absurd an. Und Hultin hatte es eingesehen. Er hatte ihn ausgesondert. Danach ließ Lundmark sich völlig gehen.
    Vielleicht hatte Dag Lundmark es nicht allein auf Kerstin abgesehen.
    Der Wald schien ein Stück näher zu rücken.
    Arto Söderstedt las Krankenakten. Viggo Norlander saß ihm gegenüber und las Polizeiakten. Söderstedts Akten stammten aus der Rudhagen-Klinik, Norlanders von der Göteborger Polizei.
    Sie suchten Übereinstimmungen zwischen Lundmarks Krankenakte und seinen alten Fällen. Es war ziemlich trostlos. Auch wenn es auf beiden Seiten psychologische Profile gab. Und zwischen diesen stellten sie gerade einen Vergleich an.
    »Interessant ist«, sagte Söderstedt, »dass ich klinische Beurteilungen habe und du berufliche. Meine sind vom Dozenten der Psychiatrie Robert Ehnmark, deine von Kriminalkommissar Victor Lövgren in Göteborg, Dag Lundmarks altem Chef und Kumpel. Was bei mir negativ klingt, klingt bei dir positiv. Und dennoch sagen sie fast dasselbe.«
    »Wenn wir einmal das Gelaber beiseite lassen, bleiben ein paar wichtige Punkte«, sagte Norlander. »In aller erster Linie die Neigung zur Aggression. Bei mir heißt das dann: ›Hat keine Scheu vor der konfrontativen Seite der Polizeiarbeit.‹ Ist ›konfrontativ‹ ein richtiges Wort?«
    »Kaum. Bei mir heißt es: ›Schnell aufwallende Ausbrüche von Aggression, verstärkt durch Alkoholgenuss.‹ Dann habe ich: ›Melancholische Desillusion bezüglich des Zustands der Welt und in bezug auf den Sinn und Nutzen seiner Arbeite«
    »Der ist gut. Kommissar Lövgren schreibt: ›Realistische Erwartungen an die Wirksamkeit der Polizeiarbeit.‹ Darüber kann man sich heutzutage schon Gedanken machen. Und jetzt pass mal auf: ›Hält auf traditionelle Werte wie gesunden Menschenverstand, Anständigkeit, Kleinfamilie, Steuermoral usw.‹«
    Söderstedt blätterte fieberhaft in seinen Papieren. »Die nächste Entsprechung bei Dozent Robert Ehnmark dürfte sein: ›Ausgeprägter Reinheitstrieb, umfassender Purismus, Solipsismus, starke Mutterbindung, akuter Widerwille gegen Auflösung der Kleinfamilie, wahrscheinlich auf frühen Verlust der Mutter zurückzuführen, die die Familie verließ, als Pat. fünf Jahre alt war.‹«
    »Was ist Solipsismus?« fragte Norlander.
    »Die Überzeugung, dass sich alles um einen selbst dreht, ungefähr. Dass alles in der Welt von mir ausgeht.«
    »Okay. Da du kein Würstchenbudenfritze bist, kannst du vielleicht die Zusammenfassung machen?«
    »Das vergisst du wohl so schnell nicht.«
    »Wahrscheinlich nie. ›Du bist meine Kontaktfläche mit dem Humus, in dem Würstchenbudenfritzen, Tabakladenbesitzer und Hotelzimmermädchen gedeihen.‹ Zitat Ende.«
    »Ich entschuldige mich.«
    »Fass lieber zusammen.«
    Arto Söderstedt betrachtete seinen Kollegen beschämt und gehorchte: »Dag Lundmarks Mutter verließ ihn, als er noch ein kleiner Junge war – aber alt genug, um einzusehen, dass er verlassen worden war. Fünf Jahre alt. Den Verlust hat er nie verwunden. Das Gefühl, verraten worden zu sein, nichts zu taugen, sitzt tief. Es war seine Schuld, dass die Mutter die Familie verließ, und seitdem dreht sich alles um ihn. Sein Vater, der Pastor, der ihn offenbar aufgezogen hat,

Weitere Kostenlose Bücher