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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Mit drei weiteren Kindern?
    Eine richtig ekelhafte Geiselsituation. Vier Kinder.
    Hatte Lundmark dafür das Geld gewollt? Das Blutgeld von Dazimus Pharma AB? Um Waffen und Sprengstoff zu kaufen? Hultin hatte so etwas schon einmal erlebt. Im Zusammenhang mit den World Police and Fire Games in Stockholm vor ein paar Jahren.
    Hatte Lundmark Winston Modisane ermordet, um ein Einfamilienhaus in Örgryte in die Luft zu sprengen? Mit zwei Exfrauen und ihren Kindern? Mehrere unreine Fliegen mit einer Klappe ...
    Vieles stimmte in diesem Gedankengang. Unangenehm viel.
    Dennoch fehlte etwas.
    Und das, was fehlte, war Jan-Olov Hultin selbst.
    Der Mann, der dafür gesorgt hatte, dass Dag Lundmark nicht nur als Kandidat für die A-Gruppe ausgeschieden war, sondern außerdem noch mit ansehen musste, wie seine Exverlobte statt seiner einen Platz bekam.
    Es war eine Überzeugung, die sich immer stärker gefestigt hatte an diesem schicksalhaft friedlichen Herbstwochenende. Wenn es einen richtigen Knall von dieser oder jener Sorte geben würde, dann würde Jan-Olov Hultin dabei wahrlich nicht fehlen.
    Er war fast der Hauptbestandteil.
    Auf jeden Fall ließ er es sich nicht entgehen, selbst ein paar Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Er rief die Polizeibehörde in Västra Götaland an. Er überlegte, welche der gegenwärtigen Polizeistationen Örgryte am nächsten lagen. Die polizeiliche Lage hatte sich seit der Bildung des neuen Läns Västra Götaland stark verändert. Er tippte auf Majorna/ Linnestaden in der Tredje Langgata 18.
    Sie sollten umgehend einen Wagen zu Anna Strömbäcks Haus schicken.
    »Aber seid äußerst vorsichtig«, sagte Hultin.
    Anschließend ließ er sich mit der Länskriminalpolizei am Ernst Fontells Plats verbinden. Kerstin Holms und Dag Lundmarks altem Arbeitsplatz. Dort hatte Kerstin am Samstag von Mervat Elmagarmids Wohnung in Hallonbergen aus angerufen. Keiner der Anwesenden erinnerte sich an das Gespräch. Es waren anderseits auch nicht viele anwesend. Eine ganze Reihe von Kollegen war seit den Ereignissen beim EU-Gipfel im Juni krank geschrieben. Ein Blick in die Liste der Diensthabenden ergab indessen, dass Hansson oder Bergmark das Gespräch angenommen haben mussten. Hultin bat darum, die beiden Herren schnellstens suchen zu lassen.
    Woraufhin der Wachhabende sagte: »Es sind keine Herren. Es handelt sich um Damen.«
    »Mir egal, und wenn es Kakadus sind«, sagte Hultin. »Sorgt dafür, dass ihr sie erreicht. Und dass sie mich auf der Stelle anrufen. Unmittelbums.«
    Er legte auf. Wenn er sich nicht irrte, hatte Kerstin ihre Laufbahn im Wachdistrikt 3 in der Färgaregata am Odinsplats begonnen. Dort hatte sie als frischgebackene Polizeiassistentin Dag Lundmark getroffen, damals Kriminalinspektor bei der Länskriminalpolizei, wohin sie nach ihrer Beförderung zur Kriminalinspektorin versetzt wurde. Das war in der Zeit, als sie zusammen waren. Kerstin und Dag. Dag und Kerstin.
    Kriminalkommissar Jan-Olov Hultin fühlte sich sehr, sehr müde.
    Es wurde Abend, und es wurde Morgen, der fünfte Tag.
    Sonntag, der neunte September.

37

    Zur Mitte ihres Lebenswegs gelangt, stand sie, verirrt, in einem dunklen Wald und könnt‘ den rechten Weg nicht wiederfinden.
    So fühlte sie sich.
    Langsam fiel die Sonntagsdämmerung über die Insel. Der schmale Pfad wurde immer undeutlicher. Kalter Wind wehte ihr entgegen. Es roch nach Meer.
    Als ob das eine Rolle spielte.
    Als ob irgend etwas eine Rolle spielte.
    Sie wusste nicht, was sie tat. Ihre Beine schienen sich ohne ihr Zutun zu bewegen. Ihr Gehirn war leergepustet.
    Als pfiffe der Wind durch ihren Kopf hindurch.
    Sie war eine Bewegung, das war alles. Eine Richtung.
    Ein schwarzes Loch hatte sie heimgesucht. Es hatte Konturen angenommen. Die Konturen eines Kindes. Es hatte sich auf einem Küchenfußboden neben sie gesetzt. Sie hatte sich erbrochen. Da hatte das schwarze Loch sie eingenommen, war in sie eingedrungen, hatte sie erfüllt. Sie war nur eine Leere, eine schwere Leere.
    Und eine Bewegung, eine Richtung.
    Sie stolperte. Eine unsichtbare Wurzel brachte sie zu Fall. Die Hände im Moos. Braunes Wasser sickerte zwischen den Fingern hervor.
    Ihre Knie wurden nass. Sie konnte nicht mehr aufstehen. Blieb liegen. Fühlte, wie die Hände ins Moos sanken. Fühlte, wie die Nässe sich über die Hosenbeine ausbreitete.
    Die Schwere, die furchtbare Schwere. Sie wurde hinabgesogen. Als verschwände sie, dem Kern der Erde entgegen. Dem flammenden Kern

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