Rosenrot
Modisane gearbeitet haben soll, nicht existiert. Kani hat uns zwar vorgewarnt, dass sie nicht existiert, und es ist wohl auch logisch, dass eine Organisation, die konsequent Steuerflucht betreibt, keine Spuren hinterlassen will. Nur dass es ihnen nie gelingt. Es gibt immer Spuren. Aber hier finden wir keine einzige. Und wenn die Firma eine Erfindung ist: warum? Warum sollte Kani in solch einem Punkt lügen? Hat Winston überhaupt nicht saubergemacht? Hat er sich kriminell betätigt? Drogen?«
»Wären für den Fall nicht alle fünf beteiligt? Das ist fast nicht auszuschließen. Aber ich wette meinen rechten Arm darauf, dass mindestens zwei von ihnen die reine Wahrheit sagen. Und sie sind wirklich der Meinung, Winston Modisane sei der netteste Mensch gewesen, dem sie je begegnet sind. Wenn man Tag für Tag auf der Flucht vor dem Gesetz und in ärmlichsten Verhältnissen zusammenlebt, kann man wohl kaum verbergen, dass man Drogendealer ist. Und warum dann übrigens mit einer Gang desperater Schwarztellerwäscher und Schwarztaxifahrer die Wohnung teilen? Dann kann man sich doch wohl etwas anderes leisten. Und die anderen waren sicher, dass Modisane saubermachte. Was haben wir sie zu fragen vergessen?«
Jorge Chavez nickte stumm.
Nyberg fuhr fort: »Ganz genau. Wir sollten davon ausgehen, dass es tatsächlich eine Reinigungsfirma gibt. Und einer der anderen weiß, wie die Firma heißt, wir haben nur nicht daran gedacht, sie zu fragen. Warum will Kani es verbergen?«
Chavez nickte, aber nicht mehr stumm: »Ich bekomme das Gefühl, dass es wahr ist: Winston Modisane war ein guter Mensch, was das auch heißen mag. Und insoweit seine Tätigkeit kriminell war, hat sie doch keinem geschadet. Wahrscheinlich das Gegenteil. Worum handelt es sich dabei? Was Dag Lundmark verhindern wollte – soll man es so sehen? Was ist das für eine Tätigkeit, die gut ist und die ein alkoholisierter und vorurteilsbeladener Polizist stoppen will? Etwas Antirassistisches? Etwas, was vielleicht sogar mit den Krawallen von Göteborg zu tun hat? Die EU? Beide gehörten in Südafrika der Linken an – der Gewerkschaftsbewegung. Können sie Kontakte zu den Demonstranten gehabt haben? ›Die weißen Overalls‹ oder ›die Schwarzen‹ oder etwas dergleichen?«
»War Lundmark bei den Krawallen anwesend?« fragte Nyberg. »Wohl kaum. Da hatte er den Dienst noch nicht wie-
der angetreten. Und außerdem ist er aus Göteborg verbannt. Und das mit der Gewerkschaftsbewegung, ja ... Was sagst du dazu?«
»Mmmm«, brummelte Chavez vor sich hin wie Sherlock Holmes (eine alte schlechte Angewohnheit). »Unsere Afrikaner sind ganz unterschiedlich. Der Ugander Sembene Okolle ist ausgebildeter und aktiver Schauspieler, und von den Kenianern ist Elimo Wadu Akademiker, Forscher und Dozent, und Ngugi Ogot ist ehemaliger Drogendealer. Darüber hinaus haben wir also noch zwei gewerkschaftlich aktive Schwerarbeiter aus verschiedenen Teilen Südafrikas: Winston Modisane hat in einer Gummifabrik in Kapstadt gearbeitet, und Siphiwo Kani ist Grubenarbeiter aus der Provinz Kwa Zulu Natal. Letzterer behauptet, er und Winston Modisane hätten sich vor ihrer Ankunft in Schweden nicht gekannt, aber sie gehören einer überschaubaren Anzahl von Flüchtlingen aus Südafrika an. Weniger als zehn letztes Jahr. Vielleicht zwei...«
»Was für einen Eindruck macht Kani?« sagte Gunnar Nyberg. »Ich habe ihn verhört, du hast die DVD mehrfach angesehen. Aber als du heute versucht hast, ihn zu verhören, lief es nicht besonders gut...«
»Er gibt sich große Mühe zu betonen, dass Winston und er ganz normale Arbeiter sind. Einfache Burschen. Das ist das zweite, woran ich gedacht habe, nicht nur Reiner Raub. Da gibt es eine Diskrepanz zwischen seiner Art zu sprechen und seinen Behauptungen. Sein Tonfall und, ja, was verdammt, seine Intonation sagen etwas ganz anderes. Manchmal merkt er es und will es gleich korrigieren. Dann kommt das mit diesen einfachen Burschen. Sieh dir mal die Abschrift hier an: Zuerst so ein Ding wie ›Südafrika hat folgende offizielle Sprachen: Afrikaans, Englisch, Ndebele, Pedi, Sotho, Swazi, Tsonga, Tswana, Venda, Xhosa und Zulu‹, und dann: ›Ich bin ein gewöhnlicher, einfacher Arbeiten und: ›Er war ein gewöhnlicher Bursche, genau wie ich.‹«
»Außerdem«, ergänzte Nyberg, »ist er der einzige, der abstreitet, dass Dag Lundmark direkt auf Modisane losging, als die Polizisten in die Wohnung eindrangen. ›Er war nur wütend. Er sah aus wie
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