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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Stimme. Ich glaube, er hat verlangt, genau mit uns beiden zu sprechen. Für dich war es ein eigentümliches Zusammentreffen, weil Paul und ich zu denen gehörten, die du im Zusammenhang mit deiner Stellenbesetzung in Erwägung gezogen hattest. Das gab den Ausschlag. Du konntest zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Aber als du dann von meiner früheren Beziehung zu Dag Lundmark erfuhrst, hättest du reagieren müssen. Du bewegst dich hart an der Grenze eines Dienstvergehens, indem du es nicht getan hast. Aber du wolltest nicht, dass dein cleverer Plan von den beiden Fliegen mit einer Klappe zunichte wurde. Es war ein Fall von Befangenheit, wie er klarer kaum vorstellbar ist. Also frage ich dich noch einmal: Hat Dag Lundmark ausdrücklich verlangt, mit uns beiden zu sprechen?«
    Nach dieser Entladung war es eine Weile still im Hörer. Dann sagte Niklas Grundström: »Nein.«
    »Nein?«
    »Er hat verlangt, ausschließlich mit dir zu sprechen.«
    »Pfui Teufel«, sagte Kerstin Holm.
    »Vergiss die Bewerbung nicht«, sagte Niklas Grundström.
    Sie legte auf.
    Hultins Stimme sagte: ›Du könntest in Gefahr sein, Kerstin.‹
    Sie versuchte, klar zu denken. Es war ihr einziges Gegenmittel.
    Es gab nichts, was sie mit Winston Modisane verband. Der Mord an Modisane hatte nichts mit Lundmarks Interesse an Kerstin Holm zu tun. Aber über den Mord konnte sie ihn finden. Das war die einzige Chance.
    Das Telefonat. Der Anruf des sogenannten Mattson beim sogenannten Lubbe. Die Telefonnummer musste herauszubekommen sein. Sie hatte schon gestern bei Telia versucht, eine Liste der Anrufe in Kommissar Ernst Ludvigssons Büro in der Wache Flemingsberg zu erhalten. Bisher keine Antwort. Es war Zeit, Druck zu machen.
    Sie hätte sich nicht anzustrengen brauchen. Die Liste war fertig. Der Telefontechniker saß an einem unbekannten Ort in Schweden und war dabei, sie ihr zu faxen.
    »Aber dann machen Sie schon«, sagte Kerstin Holm undankbar.
    Er machte. Ihr Fax spuckte eine Liste aus. Sämtliche Gespräch e, die am Montag, dem dritten September, auf Lubbes Apparat eingegangen waren. Ihr Finger glitt abwärts. Sie sah, wie er zitterte. Schließlich hielt er bei 14.06 Uhr an. Eingegangenes Ortsgespräch. Eine Nummer aus dem Vorwahlbereich 08. Die ersten beiden Ziffern waren 26. Welche Stockholmnummern fingen mit 26 an? Sie kam nicht darauf. Sie rief die Auskunft an und erhielt auf der Stelle Antwort. Gjuterivägen im Gewerbegebiet Ulvsunda. Nilssons Lackierwerkstatt.
    Das Gespräch aus der Migrationsbehörde kam also von Nilssons Lackierwerkstatt im Gewerbegebiet Ulvsunda. Sonderbar.
    Sollte sie anrufen?
    Nein. Damit würde sie ihn verscheuchen. Wenn Dag Lundmark sich wirklich dort versteckt hielt.
    Sie musste hin. Schritt zwei musste warten. Bo Ek musste warten.
    Sollte sie wirklich allein gehen? Wäre es nicht angebracht, jemanden mitzunehmen? Die ganze A-Gruppe war ausgeflogen, also müsste sie sich mit ein paar Assistenten abgeben. Auf der Jagd nach einem Assistenten. Nein, besser allein.
    Aber sie sollte es wohl Hultin mitteilen?
    Sie stellte sich diese Fragen, als sie schon zum Ulvsunda Gewerbegebiet einbog; also waren sie rein rhetorischen Charakters. Ihr frisch übernommener Dienst-Mazda rollte langsam zwischen niedrigen, schmutzigen Häusern aus den vierziger und fünfziger Jahren dahin, die wie vergessene Kadaver im Schatten des Flugplatzes Bromma lagen. Einige Teile waren ziemlich verfallen, und am hintersten Ende von Gjuterivägen lag das verfallenste der Gebäude.
    Nilssons Lackierwerkstatt.
    Es regnete stark und der Himmel war dunkelgrau, beinah schwarz. Kerstin Holm fühlte sich, als befände sie sich irgendwo in den Außenbezirken von Warschau in der Ära des Eisernen Vorhangs. Es erinnerte an die Filme von Kieslowski über die zehn Gebote; dieses unendliche Grau.
    Eine Weile blieb sie im Wagen sitzen und guckte. Das Tor von Nilssons Lackierwerkstatt war krumm und schief, mehrere Fensterscheiben waren zerbrochen. Kein Zweifel, dass dies eine verlassene Werkstatthalle war. Sogar das Dach hatte Löcher.
    Da drinnen konnte Dag Lundmark sich aufhalten. Möglicherweise hatte er den Wagen kommen hören. Möglicherweise blickte er in diesem Augenblick durch eins der zerbrochenen Fenster. Möglicherweise dachte er gerade: ›Auch viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen‹, während er zur gleichen Zeit seine Sportwaffe der ausgefallenen britischen Marke Waylander entsicherte.
    Sie schloss die Augen. Fragmente ihres Lebens

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