Rosenrot
zusammenfassen?«
Am Ende lagen neun separate Papierhäufchen auf dem schon vorher papierüberladenen Schreibtisch des Dozenten Ragnar Lööf. Resultate der Urinproben aller an jenem unheilvollen Nachmittag in und um die Wohnung in Flemingsberg Anwesenden. Und die Obduktionsproben von Winston Modisane.
Lööf nahm sich die Stapel einzeln vor.
»Ek, Bo«, sagte er, während er rasch das erste Protokoll überflog. »Spitzenwerte. Nichts Auffälliges. Keine Drogen. Leichte Erhöhung der roten Blutkörperchen im Urin. Eigentlich nichts Erwähnenswertes.«
Der nächste Stapel. Winston Modisane. »Dies hier ist keine Urinprobenanalyse«, sagte Lööf. »Das ist ein Obduktionsprotokoll. Was tut das hier?«
»Vollständigkeitshalber, nehme ich an«, sagte Sara Svenhagen.
»Okay. Nein. Nichts Besonderes. Gesund und munter bis zuletzt. Und was haben wir hier? Ogut?«
»Ogot. Ngugi Ogot. Kenianer.«
»Hier ist was. Cannabis. Aber nur eine Spur. Vielleicht eine Haschischpfeife am Tag zuvor. Und ein wenig Fluvoxamin maleat. Antidepressiv. Erhöht den Gehalt der Signalsubstanz Serotonin im Gehirn. Möglicherweise Fevarin oder ein ähnliches Präparat.«
»Es bestand ein gewisses Bedürfnis, sich zu betäuben«, sagte Sara.
»Nächster. Wadu, Elimo. Sehen wir mal. Hmmm. Nein. Spuren von Alkohol. Ein Bier zu Mittag. In der Art. Nein, nichts. Dann Rudberg, Britt-Marie. Menstruation. Spuren von Acetylsalicylsäure. Treo gegen Menstruationsschmerzen, vermutlich. Nächster, Okolle, Sembene. Hier haben wir eine ziemlich starke Dosis Amitriptylin. Auch ein Antidepressivum. Amitriptylin hilft bei der Übertragung von Impulsen zwischen den Nervenzellen im Gehirn nach. Es kann Saroten sein. Allgemein dämpfend und angstlösend. Ziemlich ordentliche Dosis, wie gesagt. Sembene Okolle ging es nicht besonders gut. Nächster. Lundmark, Dag.«
Hier hielt Ragnar Lööf zum ersten Mal inne. Er hörte auf, die Blätter zu überfliegen, und las sehr genau vom Anfang des umfangreichen Protokolls an.
»Ist es dieses Naltrexonhydrochlorid?« fragte Sara.
»Nja«, sagte Lööf zögernd. »Es ist eher die Kombination mit Acamprosat, die mich ein wenig verwirrt. Das sollte es nicht geben.«
Dozent Ragnar Lööf legte das Protokoll zur Seite und sah Sara an. »Das hier ist wirklich sehr interessant«, sagte er. »Es handelt sich um Alkoholentwöhnung. Ich nehme an, dieser Dag Lundmark ist Alkoholiker?«
»Ja«, sagte Sara.
Ragnar Lööf begann: »Die letzten fünf Jahre hat man sich viel damit beschäftigt, Mittel zu finden, die das Verlangen nach Alkohol unterdrücken. Die Generation nach Antabus, wenn man so will. Naltrexon und Acamprosat sind Opiatantagonisten. Acamprosat ist die Wirksubstanz in Mercks Glückspillen Campral, während Naltrexon die Wirksubstanz in dem ganz frischen Revia ist, das DuPont auf den Markt gebracht hat. Naltrexon ist seit fünfzig Jahren die erste registrierte wirksame Substanz gegen Alkoholsucht. Ich weiß auch, dass daran geforscht wird, Naltrexon mit Acamprosat zu verbinden, doch diese Forschung befindet sich im Versuchsstadium. Es ist sehr unsicher, ob es auf lange Sicht ein Risiko der Unverträglichkeit zwischen den Substanzen gibt. Tierversuche haben bei Ratten Tendenzen zu Aggressivität und verzerrter Wirklichkeitswahrnehmung gezeigt. Aber ich meine mich zu erinnern, dass man in letzter Zeit, nicht zuletzt in Schweden, der Lösung etwas näher gekommen ist.«
Sara Svenhagen betrachtete ihren früheren Verlobten eingehend. Er hatte noch mehr auf der Zunge, so gut kannte sie ihn.
Sie half ihm auf die Sprünge: »In Schweden?«
Ragnar Lööf drehte ein wenig den Nacken. Es knackte. »Ja«, sagte er. »Es gibt diesbezüglich eine wichtige und sehr geheime Forschung.«
»Sprich weiter«, sagte Sara. »Wo geht diese wichtige Forschung vor sich?«
Er sagte: »Das ist geheim. Ich stehe unter Schweigepflicht.«
Sara betrachtete ihn bittend. »Komm schon«, sagte sie. »Ragnar. Niemand wird meine Quelle erfahren. Wo geht diese wichtige Forschung vor sich?«
Ragnar Lööf resignierte und sagte: »Vor allem bei Dazimus Pharma.«
28
Viggo Norlander starrte auf den Hörer in seiner Hand. Arto Söderstedt seinerseits starrte auf Viggo Norlander. Sie standen wie versteinert. Die einzige Bewegung spielte sich in den Gehirnen ab. Doch da war die Aktivität um so lebhafter.
Schließlich sagte Norlander: »Da brat mir einer ‚n Storch.«
Söderstedt schloss kurz die Augen. Dann sagte er: »Plötzlich wurde alles
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