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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Geständnis wert ist. So viel wie ein abgebrannter Bauernhof. Sagen
Sie mir: Wie haben Sie erfahren, dass Ihre Tochter im Gefängnis ist?«
    Silbernagl schüttelte heftig den Kopf. »Keine Ahnung. Ich weiß gar
nichts von meiner Tochter. Wie gsagt …«
    »Ach, hören’s doch auf. Irgendeine Verbindung müssen Sie doch gehabt
haben, die Ihnen die Nachricht brühwarm getrommelt hat. Nicht umsonst haben Sie
ihr sogenanntes Geständnis ausgerechnet heut Nacht abgelegt …«
    »In der Zeitung hab ich’s gelesen«, unterbrach Silbernagl.
    »Aber …«, platzte Chili heraus.
    Ottakring brachte sie mit einem strengen Blick zum Schweigen.
    Chili presste die Hand auf den Mund.
    »In der Zeitung. Soso, in der Zeitung. Ihre Tochter ist vorgestern
Nachmittag in U-Haft gewandert. Dann muss wohl eine Chiemgauer Spezialausgabe
existieren, wo ihre Inhaftierung dringestanden hat. Die üblichen Zeitungen
haben kein Wort davon berichtet.«
    Er wandte sich zum Gehen. »Fakt ist: Durch diese völlig untaugliche
und undurchdachte Maßnahme wollten Sie Ihre Tochter von dem Mordverdacht
befreien. Sie haben einen Riesenfehler gemacht, Herr Silbernagl. So ein
Schwachsinn ist mir noch selten zu Ohren gekommen. Ach, was sag ich. Noch
überhaupt nie!« Dieser Silbernagl hatte sich in eine Lage hineinmanövriert, so
dilettantisch und lächerlich, dass das Ganze schon wieder eine gewisse Ironie
besaß.
    Ein Mundwinkel zuckte in Ottakrings Gesicht. »Kommissarin Toledo!
Gehen Sie und legen Sie diesen Mann in Ketten!«
    Er schaute Silbernagl aus harten Augen an. »Wissen Sie eigentlich,
dass das strafbar ist, was Sie getan haben?« Er fühlte einen kräftigen Impuls,
dem Mann eine zu watschen.
    Der Bauer blieb ungerührt. Er drehte am Laufrad und rollte auf
Ottakring zu. »Sie glauben mir also nicht?«, sagte er mäßig interessiert.
    »Erst, wenn Sie mir beweisen, wie Sie still und leise in den
Voglwirt gelangt sind. Auf welche Weise Sie Kirchbichler getötet haben wollen
und welches Motiv Sie gehabt haben.« Ottakring stand breitbeinig vor dem Mann
und sah auf ihn hinunter. »Ich fürchte, diesen Beweis werden Sie uns schuldig
bleiben.«
    »Warten Sie’s ab, warten Sie’s ab.« Silbernagl verzog das Gesicht.
Es sollte wohl rätselhaft wirken. Es wurde eine hässliche Grimasse.
    Ottakring sah sich um. »Wo ist eigentlich Eva M.?«, fragte er
Chili.
    »Die hab ich losgeschickt ins Dorf. Sie hört sich ein bisschen im
Ort um.«
    »Gut mitgedacht. Jedes Dorf hat eigene Augen und Ohren.«
    Silbernagl rollte auf den Ausgang zu. »Ich hätt da noch ein schönes
Stück Speck«, sagte er. »Vielleicht kann ich damit ein bisserl was
wiedergutmachen. Mir hammer die Sau ausschließlich mit Kartoffeln, Eicheln und
Gmüasabfällen aus der Kuchl gemästet. Sie hat sich im Weiher gsuhlt und ‘s
Fleisch is gaanz langsam in der Kammer greichert worn.« Silbernagl machte nicht
den Eindruck, als fühle er sich bloßgestellt oder als sei ihm der Vorfall
peinlich. Er wirkte, als wolle er den Einsatz für ein verlorenes Kartenspiel
hinblättern.
    »Nein danke«, sagte Ottakring und verließ die Stube. Er war wütend.
Wütend auf den Mann im Rollstuhl, wütend auf Chili und wütend auf sich selbst.
Als er draußen war, klopfte er allerdings entschlossen ans Fenster.
»Kommissarin Toledo, führen Sie ein Kilogramm von dem verdammten Speck ab!«
    Er fand sich mitten in einem riesigen Haufen Hühner wieder,
mindestens hundert Stück, schätzte er. Hühner, die scharrten, pickten, wieder
scharrten, wieder pickten. Entweder lebt er von Brathendln oder ihn beherrscht
die Eiersucht, ging es Ottakring durch den Kopf.
    Um halb acht war er auf den Hof gefahren. Um Viertel vor neun
steckte er sich eine Zigarette hinters Ohr und verließ ihn wieder. Zu seiner
Überraschung hatten sich die Wolken verzogen, der Mond verschwand am Horizont.
Verschwommener Morgendunst lag über den weißen Wiesen zur Linken und um die
Berggipfel in der Ferne. Darüber breitete sich ein Himmel aus mit einer Strahlkraft,
wie er sie nur von der Ostseeküste und vom Mittelmeer kannte.
    Als er Lolas Nummer eintippte, spürte er eine leichte Leere in der
Magengrube vor Aufregung. Er ließ es läuten, bis der AB ansprang. Dann probierte er es am Mobiltelefon. Auch hier keine Antwort. Er
konnte sich in Lolas Gemütszustand gut hineindenken. Wie würde er sich fühlen,
hätte sie sich aus einem wunderschönen Wochenende heraus urplötzlich
verabschiedet?
    Von einer Sekunde auf die andere wurde sein

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