Rosentod: Thriller (German Edition)
zutrauen?“
Tesslar verneint. „Zu der Art Männer gehöre ich nicht“, sagt er. „Das habe ich nicht nötig. Keine Ahnung, wo ich mich während der Tage vor Elkes Verschwinden aufhielt. Im Asia Spa war ich aber definitiv nicht.“
Ulla nickt. „Ich suche nach einem Studenten“, sagt sie. „Nach einem, der hinter den Schönsten der Schönen her ist und sie furchtbar gerne filmt. Einen, der ein Video über die Ledersprungzeremonie drehte, sich vorwiegend schwarz kleidet und einen dunklen Geländewagen fährt.“
Ratloses Schweigen.
„Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass Sie den Mann kennen, den ich suche“, bleibt Ulla hartnäckig und lässt ihre Gesprächspartner nicht aus den Augen. „Unter Umständen taucht er ab und zu sogar bei den Verbindungstreffen auf. Einer, der sich an junge Frauen heranmacht und immerzu abblitzt.“
„Ganz spontan fiele mir da eigentlich bloß Max ein“, murmelt Franziska Laska grübelnd und sieht ihren Freund ratlos an. „Der fährt aber einen ganz konservativen Mercedes-Kombi und ein Faible für schwarz hätte ich bei ihm auch noch nicht festgestellt“, relativiert Tesslar. „Filmen? Würde passen. Ledersprungzeremonie? Ja. Doch. Darauf ist der Typ ganz schön versessen. Ist ja selber Burschenschaftler.“
„Genauer bitte.“
„Max Paulik, Mitglied im Corps Bergstadt . Nicht, dass er da besonders auffallen würde, aber er ist mit dabei.“
„Und es gibt Gemeinsamkeiten mit der Akademischen Damenverbindung Glut , nicht wahr?“
„Schon. Man achtet einander. Ab und zu gibt es auch gemeinsame Feiern. Meist auf neutralem Boden, also in einem Gasthaus.“
„Max“, überlegt Franziska. „Ein schöner Mann. Bis auf sein Stottern. Das stört schon ganz wahnsinnig, und deshalb bekommt er auch kaum eine ab. Ich glaube nicht, dass der auch nur einer Fliege was zuleide tun könnte. Nein. Und sonst? Im Augenblick habe ich da niemanden vor Augen, aber wir denken weiter darüber nach. Könnte ja sein, dass uns noch etwas einfällt.“
„Nur der Vollständigkeit halber: Wo wohnt dieser Paulik?“, fragt Ulla.
In der Seegrabenstraße, irgendwo in der Nähe der Tennisplätze, erfährt sie von Laska. Max sei der Sohn des bekannten Innenarchitekten. Er studiere Kunststofftechnik. Nicht besonders erfolgreich, aber dafür beharrlich.
Ulla bedankt sich, trinkt ihr Wasser aus und geht.
Als breite der Herrgott ein dunkelgraues Tuch über die Welt, bricht jetzt die Dämmerung herein.
Irgendetwas in Ullas Kopf beginnt zu schwingen. Mit dem hatte sie doch schon mal zu tun? Aber ja, der sollte doch zusammen mit seinem Vater die Möblierung der Polizeiinspektion machen! Mehr und mehr fällt ihr zu Paulik ein: Er studiert mit Frank, war ihr im Moonlight lästig gewesen, genau.
Mal sehen, was Joe zu diesem Namen sagt.
***
Halb zwei Uhr früh.
Neben dem Hauptbahnhof parken ein paar Autos. Menschen sind nicht zu sehen.
Es ist sehr finster und trocken, aber der Wind weht Koschinsky kräftig ins Gesicht.
In der Schalterhalle lungern zwei Penner herum, auf die ein Sicherheitsbeamter der ÖBB einredet. 30 Meter weiter zwei Frauen mit Koffer und eine Gruppe Jugendlicher mit Reisetaschen und Rucksäcken. Junge, gutgelaunte Sportler, die von zwei Trainern begleitet werden. Sie machen Witze über die beiden armen Schlucker, die der Typ in seiner gelben Warnweste zum Aufstehen zwingt und aus dem Gebäude weist. Gottergeben schlurft der Mann im langen grünen Lodenmantel zum Ausgang und trollt sich. Die alte Frau im abgetragenen braunen Wollmantel dagegen eilt in die andere Richtung.
Grinsend durchquert der Kriminalbeamte die Halle, folgt der Alten über die Treppe nach unten und sieht sich neugierig um. Geradeaus geht es zu den Bahnsteigen, rechts zum Klosett. Das riecht man. Die weißen Wandfliesen sind mit Stiften beschmiert und besprayt. Vor dem Eingang zum Damen-WC eine Schlafstelle. Ein blauer Schlafsack, ein Packen alter Kleider und ein Stuhl mit einem Teller voller Münzen. Koschinsky legt eine Fünfeuronote darauf. Das bewirkt, dass die Hausiererin zu seinen Füßen überrascht aufschaut.
„Ich bin Bernd“, stellt sich der Chefinspektor vor und hockt sich nieder. Ein kurzer Händedruck.
„Ich heiße Martha“, entgegnet die Frau. „Sie sind von der Polizei?“
„Ja. Stört Sie das?“
Ein verständnisvolles Lächeln. „Nein.“
Ruhig stellt Koschinsky seine Fragen. „Wohnen Sie jede Nacht hier?“
„Am Bahnhof. Natürlich. Ich habe sonst keine
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