Rosentod: Thriller (German Edition)
Bewegung. Zack!
Der Faustschlag trifft Ulla am Kinn und reißt sie mühelos von den Beinen. Sekunden später liegt sie auch schon auf dem Asphalt. Eisige Kälte fährt ihr vom Rücken über die Hüften bis in die Beine. Ein dichtes, dumpfes Dröhnen im Kopf. Danach? Sendepause.
Als sie aus der kurzen Bewusstlosigkeit erwacht, spürt sie, dass sie jemand an den Beinen brutal über den Parkplatz schleift. Ihre Arme pendeln oberhalb des Kopfes. Mantel, Rock und Lederjacke sind weit hochgeschoben. Jahrelanges Judotraining? Kannst du vergessen. Hoffentlich bringt sie der Kerl nicht um. Instinktiv brüllt sie los, schreit um Hilfe, langgezogen, dünn und schrill.
„He! Was ist denn los?“
Die Stimme eines Mannes. Gott sei Dank.
Ohne einen Ton von sich zu geben, lässt der Angreifer Ullas Beine fallen, versetzt ihr zwei kräftige Fußtritte und gibt Fersengeld, während die Kriminalbeamtin sich vor Schmerzen krümmt und ihr das Magenwasser hochkommt.
Stille. Als Ullas Lider sich wieder heben, beugt sich ein junges Pärchen über sie. Der Junge legt ihr eine zusammengerollte Jacke unter den Kopf, und das Mädchen redet beruhigend auf sie ein.
Irgendwann ist dann die Ambulanz da.
Ab diesem Zeitpunkt kümmert sich ein Arzt um sie.
Zehn Stunden später.
Ein Krankenzimmer, als logiere sie in einem Hotel. Blick auf den Park, gutes Essen, freundliche Krankenschwestern und die Möglichkeit, sich noch tagelang von Kopf bis Fuß durchchecken zu lassen. Kostenlos. Dazu ein Radiologe wie ein Baum, zwei Meter hoch, mit kurzem dunklem Haar und sportlicher Figur. Und der Kerl ist auch noch kompetent.
Herz, was willst du mehr?
Gehirnerschütterung, Abschürfungen, eine Kieferprellung und zwei geprellte Rippen. Mit zusammengebissenen Zähnen unterschreibt Ulla einen Revers und verlässt das Spital auf eigene Gefahr, ja, entgegen aller ärztlichen Ratschläge. Jugendlicher Leichtsinn.
Als die Kriminalbeamtin mit dem Fahrstuhl nach unten fährt, brummt ihr immer noch der Schädel. Trotz der beiden schmerzstillenden Infusionen. Kinn und Kiefer schmerzen bei jeder Bewegung. Langsam. Vorsicht. Diese beiden Wörter gab man ihr mit auf den Weg.
Sicherheitshalber hält sie sich daran. Vorerst.
Der Haupteingang liegt im Sonnenlicht. 20 Schritte davor steht Joe Maringer mit einem Strauß Nelken und Narzissen. Ulla ist so gerührt, dass ihr kein Wort über die Lippen kommt.
Wie es ihr gehe, will er wissen.
Bestens, ächzt sie, legt den Kopf in den Nacken, genießt einen Moment lang das Gefühl der Wärme auf der Haut und leckt sich die Lippen. Dann geht sie zu ihm, nimmt ihm die Blumen ab und lässt sich zum Auto bringen. Ulla redet nicht viel, während er sie nach Hause bringt. Seine Fragen nach dem Täter und dessen Motiv beantwortet sie so knapp wie möglich.
Wer es war, und warum er sie angegriffen habe, sei ihr schleierhaft.
Woran sie sich erinnern könne? An einen Faustschlag. An die Panik, als er sie über den Asphalt schleifte.
„Was sagte der Typ?“
„Kein Wort.“
„Und nun? Krankenstand, oder?“
„Auf gar keinen Fall“, widerspricht sie. „Morgen bin ich wieder im Büro. Ganz sicher.“
Verständnisloses Kopfschütteln. Das ärgert sie.
Die Frage, ob sie damit etwas beweisen wolle, darf natürlich auch nicht fehlen.
Müde versucht sie ihm zu erklären, wie wichtig ihr die Sache mit diesem vermissten Mädel sei, aber sie ist sich nicht sicher, ob er versteht, was sie meint. Maringer ist ein Mann, und Männer ticken anders. Immerhin bringt er sie noch an die Haustür.
Die Fahrt war zu kurz, um persönlicher zu werden. Außerdem nehmen Ullas Schmerzen zu, und sie hat keine Ahnung, wie sie sich ihrem Kollegen gegenüber verhalten soll.
„Kann ich noch etwas für Sie tun?“, fragt er, als sie den Schlüssel ins Türschloss steckt.
Und ob. Ach, Blödsinn. Sie bedankt sich. Wegen der Blumen und überhaupt wegen allem. „Ich brauche jetzt Ruhe“, sagt sie mit unsicherer Stimme. „Es geht mir nicht so gut.“
Er nickt, lächelt, und zieht Leine.
Ihr Zuhause empfängt sie kühl und unfreundlich.
„Das habe ich ja wieder mal super hingekriegt“, seufzt sie unzufrieden, als sie durch den Korridor ins Wohnzimmer latscht und sich erst einmal hinsetzt. „Ich blöder Trampel.“
Mit kurzen Unterbrechungen, in denen sie ihre Hautabschürfungen mit Salbe behandelt und ein paar Schmerztabletten schluckt, verpennt die Chefinspektorin den restlichen Tag.
Zwischendurch ruft Frank an und bettelt um eine zweite
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