Rosentod: Thriller (German Edition)
den?“
„Irgendwo in Proleb. Er wohnt im Haus seiner Eltern. Die Mutter arbeitet in der Nationalbibliothek in Wien, der Vater ist im Management einer Baufirma tätig und ständig unterwegs. Franziska wohnt übrigens im Studentenheim in der Dreihufeisengasse. Auf der Gösser Straße stadtauswärts, die zweite Gasse links.“
„Elkes Studienerfolg. Der ist nicht so besonders, oder?“
Katja schüttelt den Kopf „Sie hängt ziemlich durch, macht sich aber nichts daraus.“
„Und euer letzter persönlicher Kontakt? Wann war der?“
„Wie gesagt, unsere Freundschaft hat sich ziemlich abgekühlt. Zuletzt sprachen wir im Februar miteinander, und das letzte gemeinsame Telefongespräch ist auch schon mindestens drei Wochen her.“
Still leeren sie ihre Tassen.
„Glauben Sie, Elke lebt noch?“
Die Chefinspektorin zuckt die Achseln. „Es gibt immer Hoffnung“, sagt sie. „Doch jeden Tag schwindet die ein bisschen mehr.“
Die Gösser Straße liegt da wie ausgestorben.
Trotz der Frischluft, die sie ihren Lungen beim Marschieren zuführt, ist Ullas Kopf leer, als hätte ihr gerade jemand ihre Gehirnzellen mit dem Staubsauger entfernt.
Vor dem alten Studentenheim in der Dreihufeisengasse blockieren Autos den Gehsteig, und Ulla muss auf die Fahrbahn ausweichen, um an ihnen vorbeizukommen. Eine Straße weiter gäbe es genug freie Parkplätze, aber heutzutage muss ja jeder seine Karre direkt vor der Haustür stehen haben.
Das Gebäude vor ihr stammt aus dem 18. Jahrhundert und macht einen gepflegten Eindruck. Davor ein kleiner Rasenstreifen mit ein paar Rosenstöcken, auf der Rückseite der ansteigende Hang mit einer Wiese, Buschwerk und ein paar Bäumen.
Franziska Laska öffnet erst, als Ulla ihren Finger nicht mehr von der Klingel nimmt. Die junge Frau hat etwas stärkere Formen, gerötete Augen und ihr schwarzes Haar, in das ein paar rote Strähnen eingefärbt sind, ist zerzaust und stumpf. Ehrlich gesagt stinkt sie ziemlich nach Rauch und Fusel, und Ulla entscheidet sich dafür, ihr vorerst nicht allzu nahe zu kommen.
Ullas Dienstmarke kostet die junge Frau bloß ein Grinsen. Katja hat schon angerufen. Müde gibt sie Ulla einen Wink, dreht sich um und trabt ins Innere der etwa 60 Quadratmeter großen Bude.
Voraus ein kurzer dunkler Flur, rechts Klo, Badezimmer und Schlafzimmer. Hintereinander betreten sie den Wohnraum mit integrierter Küche. Ulla registriert Möbel aus weißem Lack und hellem Holz.
Franziska setzt sich an einen Tisch mit mehreren gefüllten Aschenbechern und ein paar leeren Gläsern. Zwischen Tisch und Terrassentür zwei prallgefüllte Müllsäcke und leere Flaschen. Eine ganze Batterie davon. Die Stereoanlage dudelt leise vor sich hin. Hört sich an wie Pink Floyd, ist es aber nicht.
„Wie war die Party?“, fragt Ulla und setzt sich.
„Ein Studienkollege hatte Geburtstag“, murmelt das Mädchen. „Gestern.“
„Ich will mit Ihnen über Elke reden“, sagt die Chefinspektorin.
Als ob sie gerade auf einen eitrigen Zahn gebissen hätte, verzieht Franziska das Gesicht, stöhnt und tippt sich mit der flachen Hand an die Stirn. Kopfschmerzen.
„Das kenne ich“, grinst Ulla. „Da hilft bloß viel Flüssigkeit. Wasser.“
„So?“ Ullas Rat ist der Studentin ziemlich schnuppe. „Zu Elke gibt es nicht viel zu sagen“, meint sie. „Wir waren Schulfreundinnen und blieben in Kontakt. Während des gemeinsamen Studiums holte ich Elke sogar in die Glut . Gedankt hat sie es mir nicht.“
„Sie meinen die Sache mit Ramon?“
„Elke hat ihn mir weggenommen. Seither ist der Ofen aus.“ Mürrisch streicht sich Franziska das Haar aus der Stirn und setzt sich Ulla gegenüber. „So etwas tut man einer Kameradin nicht an. Das ist Charaktersache.“
„Und nun?“
„Wir sehen uns an der Uni und in der Verbindung. Ansonsten gehen wir uns aus dem Weg. Das ist alles.“
„Kann es sein, dass Elke bei diesem Ramon ist?“
Das interessiere sie nicht, erwidert Franziska, holt einen Zettel hervor, notiert die Adresse ihres Verflossenen und schiebt die Notiz über den Tisch.
Stumm steckt die Chefinspektorin die Adresse ein, sie merkt, dass Franziska jetzt wachsam ist. Also ersucht Ulla zur Abwechslung einmal um ein paar harmlose Auskünfte.
„Seit wann studieren Sie?“
„Seit 2009. Ein anstrengendes Studium. Aber interessant. Immer noch.“
2009? Die Historikerin erinnert sich. Barack Obama wird als US-Präsident vereidigt. Bei einem von der deutschen Bundeswehr angeordneten
Weitere Kostenlose Bücher