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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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keine weiteren Gedanken dabei gemacht.«
    »Was heißt das jetzt für uns? Keine Familientragödien, keine Ehrenmorde?«
    »Auch wenn es ziemlich blöde Zufälle gibt – in diesem Fall glaub ich jetzt auch nicht mehr dran«, bekannte Angermüller. »Jedes Mal ein junges Mädchen, jedes Mal eine Türkin, jedes Mal eine Rose auf dem Grab, noch dazu dieselbe Sorte, beide Male keine Spuren äußerer Gewaltanwendung und beide Fälle hier um die Ecke. Das ist schon ein identisches Tatmuster, oder? Wir müssen mit dem Chef sprechen.«
    Keine Viertelstunde später stand der Kriminaldirektor bei ihnen im Besprechungsraum.
    »Das sind ja mal wieder Hiobsbotschaften«, sagte er statt einer Begrüßung vorwurfsvoll, als ob die beiden Toten auf das Konto seiner Mitarbeiter gingen.
    »Guten Tag erst mal, Harald. Setz dich doch«, versuchte Angermüller seinen Chef zu bremsen, der wie stets vor Ungeduld zu vibrieren schien und dazu neigte, wenn die Lage knifflig wurde, einen kopflosen Aktionismus an den Tag zu legen. Das äußere Erscheinungsbild von Harald Appels – mittelgroß, etwas korpulent, Bürstenhaarschnitt und ein knallblaues Brillengestell im rundlichen Gesicht – ließ einen gemütlichen bis fröhlichen Menschen vermuten. Doch der Kriminaldirektor wurde in komplizierten Situationen von einem weinerlichen Pessimismus beherrscht und konnte unter Stress ziemlich cholerisch werden. Seit einigen Wochen schon leitete er in Personalunion vertretungsweise die Mordkommission, da deren Chef nach einem Bandscheibenvorfall für längere Zeit ausfiel. Korrekterweise musste man sagen, dass Appels sich aus eigenem Antrieb höchst selten in das Alltagsgeschäft seiner Leute einmischte, wofür diese ihm auch sehr dankbar waren.
    »Zwei tote Mädchen! Türkinnen! Ich sehe schon wieder die Schlagzeilen!«, stöhnte er jetzt, ließ sich auf einen Stuhl fallen und blickte hektisch von einem zum anderen.
    »Noch brauchen wir die Presse ja nicht zu informieren«, konstatierte Angermüller ruhig, wohl wissend, dass gerade Pressekonferenzen eine Leidenschaft des Chefs waren. Zwar gab er stets vor, unter dem Druck der Öffentlichkeit zu leiden, genoss es andererseits aber, wenn er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Und am liebsten vermeldete er natürlich Erfolge, weswegen er Angermüller und Kollegen dann stets zu schnellerem Handeln zu drängen versuchte, wovon diese sich aber schon lange nicht mehr beeindrucken ließen.
    »Wir haben ja gerade eben erst die Mitteilung aus der Rechtsmedizin bekommen, dass es sich bei dem zweiten Opfer auch um ein türkisches Mädchen handelt. Und ich dachte, das ist so wichtig, dass ich dich am besten gleich darüber in Kenntnis setze.«
    Der Kriminaldirektor grummelte ohne aufzuschauen irgendetwas Unverständliches, aber es war ihm anzumerken, dass vor allem das letzte Argument seinen Beifall fand.
    »Hier. Das ist das zweite Mädchen. Fatma Aksoy. Sie ist Anfang Mai vor zwei Jahren von ihren Eltern als vermisst gemeldet worden.« Angermüller schob dem Chef den Computerausdruck über den Tisch, den Thomas Niemann soeben aus der Datei für Vermisste und unbekannte Tote angefertigt hatte. Sorgenvoll betrachtete der Kriminaldirektor das Bild des Mädchens, das unter einem eng anliegenden Kopftuch mit einem netten Lächeln in die Kamera schaute.
    »Neben der Tatsache, dass beide Mädchen aus einem türkischen Umfeld stammen, gibt es noch zwei weitere wichtige Analogien: Auf jedem der beiden Gräber findet sich ein Rosenbusch und zwar eine ganz spezielle Sorte, weswegen sich die Annahme eines Zusammenhangs zwischen beiden Opfern geradezu aufdrängt. In keinem der beiden Fälle gibt es Spuren äußerer Gewaltanwendung. Und das ändert natürlich einiges an unserem Ermittlungsansatz.«
    Appels nickte, schon etwas ruhiger geworden.
    »Bisher waren wir ja von einem Delikt im Migrantenmilieu ausgegangen, mehr oder weniger eine Beziehungstat innerhalb der Familie. Jetzt spricht dafür eigentlich kaum noch etwas, denn soweit wir das bisher beurteilen können, haben die Familien der Opfer nichts miteinander zu tun. Aber wir werden dem noch nachgehen, wenn wir nachher mit der Familie von Fatma Aksoy sprechen.«
    »Habt ihr schon die Besitzer der Grundstücke zu den Funden befragen können?«
    »Im Prinzip ja«, berichtete Angermüller. »Das Haus in Eutin steht schon seit fünf Jahren leer. Die Erbengemeinschaft hat sich bisher nicht über das weitere Vorgehen – vermieten oder verkaufen – einigen können. Nur

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