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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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»Können Sie uns denn Personen nennen, mit denen das Mädchen damals sonst noch Kontakt hatte? Oder wo haben Sie sich zum Beispiel mit ihr getroffen? Zu Hause oder im Café oder wo? Gab es da einen bevorzugten Ort?«
    »Das ist schon so lange her«, wand sich der Junge. »Und andere Freunde von ihr hab ich nie kennengelernt.«
    »Und wo haben Sie sich getroffen?«
    »An der Schule meistens.«
    Es war nur allzu deutlich, dass er keine Lust hatte, sich genauer mit den Fragen des Kommissars zu befassen.
    »Und was haben Sie dann gemacht? Sie sind doch bestimmt nicht auf dem Schulhof geblieben, sondern in ein Café gegangen oder weiß der Geier wohin!«, mischte sich Jansen etwas polterig ein. »So schwer kann das doch nicht sein, sich daran zu erinnern, Sie arbeiten zwar hier in der Geriatrie, aber Sie selbst sind doch noch keine 80!«
    Leo Panknin warf ihm einen gekränkten Blick zu und schwieg erst einmal.
    »Wir waren manchmal bei Burger King, manchmal im Kino«, kam es schließlich etwas zögerlich. »Und ein paar Mal auch bei mir zu Hause. An anderes kann ich mich nicht erinnern.«
    »Und Ihre Eltern fanden es nicht so gut, als Sie Meral nach Hause brachten?«
    »Die haben das gar nicht mitbekommen. Nur ganz zum Schluss, und da war das dann sowieso schon vorbei.«
    »Aha«, meinte Angermüller nur und dachte, dass vielleicht auch die Begegnung mit Leos Eltern eine Rolle bei Merals Entscheidung gespielt haben könnte.
    »Und Sie haben Meral also gar nicht wiedergesehen, nachdem sie von sich aus die Beziehung beendet hatte?«
    Der Kommissar hatte das Gefühl, dass sich der schmächtige Junge im weißen Kittel ungeheuer zusammenriss. Nervös begann er wieder in seiner Tasse zu rühren, während er stockend antwortete. »Ein paar Mal noch aus der Ferne in der Schule. Irgendwann hab ich dann gehört, dass sie verschwunden ist und irgendwelche Gerüchte über Entführung, Zwangsheirat und so.«
    »Und haben Sie das auch geglaubt?«
    »Keine Ahnung, weiß ich nicht mehr.«
    Aus seinen hellen blauen Augen schaute Leo unwillig und gleichzeitig beklommen zu Angermüller hinüber. Jansen blickte genervt zur Zimmerdecke.
    »Das wissen Sie nicht mehr?«, hakte Angermüller nach. »Sie waren in das Mädchen verliebt und haben sich überhaupt keine Gedanken gemacht, als sie plötzlich verschwunden ist? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    Unruhig rutschte Leo auf seinem Stuhl herum und zuckte nur mit den Achseln. »So wichtig war sie mir nicht, und irgendwie war ich auch froh, dass sie weg war«, sagte er dann fast trotzig. »Dann musste ich sie wenigstens nicht mehr sehen. Und meine Eltern haben mich auch wieder in Ruhe gelassen.«
    Manchmal begegneten Angermüller Phänomene, die er für Klischees aus den Zeiten der Buddenbrooks hielt. So wie diese Eltern aus den besseren Kreisen der Stadt, die den einzigen Sohn bedrängen, eine Liebe aufzugeben, weil die als nicht standesgemäß erachtet wird. In Leos Fall hatte sich das Problem ja quasi von selbst gelöst, da Meral ihn verlassen hatte und er scheinbar klaglos die von seinen Eltern vorgegebenen Spielregeln seiner Klasse akzeptierte. Ein schwacher, willenloser Junge, der jetzt so funktionierte, wie es seine Familie von ihm erwartete. Würde so einer diese Exfreundin töten und aus verletztem Selbstgefühl noch eine weitere Türkin umbringen? Einer, der sich letztendlich mit seinen dünkelhaften Eltern so einfach arrangierte? Angermüller wusste nicht, was er von dieser Vorstellung halten sollte.
    »Sagt Ihnen der Name Fatma Aksoy etwas?«, fragte er trotzdem.
    »Was haben Sie gesagt?« Leo Panknin schien jetzt ziemlich durcheinander.
    »Ich habe Sie nach Fatma Aksoy, einem anderen türkischen Mädchen gefragt.«
    »Bitte? Fatma?« Ärgerlich schüttelte der Junge den Kopf. »Ich kenne überhaupt keine Türken mehr und auch keine Fatma.«
    Als die Beamten spürten, dass sie jetzt und hier nichts mehr ausrichten konnten, verabschiedeten sie sich, nicht ohne das Versprechen, demnächst vielleicht noch einmal auf Leo zurückzukommen. Der junge Mann nahm es mit bemüht unbewegtem Gesicht hin.
    »Verdruckst genug isser ja für son Perversen«, äußerte Jansen, als sie durch die Grünanlage des Krankenhauses zu ihrem Wagen gingen. »Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass das Jungchen ganz allein zwei Mädchen abgemurkst und beseitigt hat. Der ist doch son richtiges Weichei.«
    »Ich weiß auch nicht, was ich glauben soll. Aber immerhin will er später Rechtsmediziner

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