Rosenwahn
letzte Mal, dass er dort gewesen ist. Nicht wahr, Leo?«
»Ja«, bestätigte der Sohn erwartungsgemäß.
»Sehen Sie«, schloss Frau Dr. Stresow-Panknin mit einer gewissen Endgültigkeit. »Eine weitere Verbindung gibt es nicht. Und damit kein falscher Eindruck bei Ihnen entsteht: Von einer ernsthaften Beziehung zwischen unserem Sohn und dieser Türkin konnte nie die Rede sein. Das war so eine typische Albernheit unter Teenagern, wenn Sie verstehen, was ich meine«, erläuterte sie mit einem Lächeln, das keines war. »Dann war es das, nehme ich an.«
»Boaah, wat für’n Besen!«, platzte es aus Jansen heraus, als sie das Pankninsche Anwesen durch ein großes Tor verließen, vorbei an den drei Autos der Familie, allesamt mehr als Mittelklassewagen. »An der Ollen könntest du mich festschweißen, da würd ich mich losrosten!« Als Angermüller nicht auf seinen Ausbruch reagierte, setzte er noch hinzu: »Hatte ich dir ja gleich gesagt, dass du bei diesen feinen Pinkeln auf Granit beißt.«
»Du willst jetzt aber nicht behaupten, du hättest alles vollkommen richtig gemacht, Claus?«, fragte Angermüller ganz ruhig. Jansen wusste ganz genau, was sein Kollege meinte, und antwortete nicht.
»Wie kann man nur so mit der Tür ins Haus fallen?«, fragte der Kriminalhauptkommissar kopfschüttelnd, als sie im Wagen saßen. »Du hast denen das bisschen, das wir wissen, auf einem silbernen Tablett serviert. Wie ein blutiger Anfänger hast du dich benommen, und da nutzt es auch nichts, wenn du jetzt schimpfst wie ein Rohrspatz. Das weißt du hoffentlich selbst.«
Wortlos steuerte Jansen durch die Allee in Richtung Marlistraße und weiter, bis sie auf den St.-Jürgen-Ring trafen. Erst als das Behördenhochhaus schon wieder in Sicht kam, gab er sich einen Ruck. »Ich hab’s verbockt, ich weiß«, er schüttelte ärgerlich seinen Kopf. »Du kannst mir glauben, ich könnte mich in den Arsch beißen deswegen. Aber diese Frau Doktor hat mich so was von genervt! Ich werd versuchen, es wieder auszubügeln, Partner.«
Angermüllers Handy klingelte und hinderte ihn daran zu antworten. Als er auf dem Display sah, dass Astrid anrief, musste er lächeln. »Hallo, Schatz! Um 18 Uhr an der Schule. Ich weiß«, sagte er mit der beruhigenden Gewissheit, diesen Termin der Rückkehr von Julia und Judith zum Glück fest im Kopf behalten zu haben. Aber jetzt hatte Astrid ein Problem. Sie konnte nicht zum Abholen der Kinder kommen und würde wohl auch erst spät am Abend wieder zu Hause sein.
»Von diesem Treffen gestern, von dem ich dir erzählt habe, sind noch einige Teilnehmer in der Stadt geblieben. Wir wollen die seltene Gelegenheit nutzen und heute Abend noch ein ausführliches Arbeitsgespräch führen. Und dafür muss ich noch einiges organisieren. Ich bin ein bisschen im Stress. Den Wagen stell ich an der Schule für euch ab. Das tut mir jetzt wirklich leid, ich hab mich so auf die Kinder gefreut. Schaffst du das alles auch allein?«
Was für eine Frage! Typisch Astrid.
»Aber natürlich, Schatz! Viel Erfolg heute.«
»Vielen Dank, Georg! Grüß die Kinder und gib ihnen einen dicken Willkommenskuss von mir. Und bitte sag ihnen, ich freu mich ganz doll auf sie morgen früh!«
Hoch erfreut legte Derya das Handy beiseite. Ein richtig großer Auftrag war von einer Stammkundin für den Freitagabend hereingekommen. Ein Geburtstagsbüffet für 25 Personen. Sie sollte sich ein paar Sachen für ein Mittelmeerbüffet überlegen. Dann wollten sie morgen telefonieren und die Auswahl der Speisen festklopfen. Besser ging’s gar nicht.
»Na, gute Nachrichten, Mama?«, fragte Koray, der ihr am Küchentisch gegenüber saß, mit vollem Mund. Derya nickte.
»Ein klasse Auftrag für Freitagabend. Die nette Frau Trede aus Bliestorf mal wieder, die sogar immer noch extra Trinkgeld gibt. Trotzdem spricht man nicht, wenn man die Backen so voll hat wie du, Herr Sohn!«
»Aber deine Lahmacun schmeckt so geil, da kann ich nicht extra ’ne Pause machen, nur weil ich was sagen will.« Grinsend schob sich ihr Sohn ein weiteres Stück türkische Pizza in den Mund, und natürlich freute sich seine Mutter, dass es ihm schmeckte. Der sehr dünne Hefeteigboden mit einer würzigen Mischung aus Lammhack, Tomate, Zwiebeln und Gewürzen war eines der wenigen Gerichte, die Koray auch in seiner schwierigen Phase, was die Vorlieben beim Essen anbetraf, akzeptiert hatte. Er experimentierte inzwischen gern mit zusätzlichen Zutaten und legte sich nach dem
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