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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Sie grüßte freundlich, als sie Derya erkannte.
    »Hallo, Derya, lange nicht gesehen, wie? Tut mir leid, aber Friede ist schon kurz nach Mittag hier weg.« Als sie sah, wie enttäuscht Derya war, meinte sie: »Sie hat gesagt, sie will sich ein faules Wochenende zu Hause gönnen. Also dort könntest du sie wohl erreichen, wenn du sie unbedingt sprechen willst.«
    »Danke! Vielleicht versuch ich das! Ich wünsch dir ein schönes Wochenende!«
    »Das wünsch ich dir auch. Ich werd mich schonen. So ganz auskuriert bin ich nämlich noch nicht. Tschüss, Derya!«
    Sollte sie jetzt wirklich zu Friede aufs Land fahren? Sie könnte auch anrufen, aber bei dem Gedanken war ihr unwohl, dafür war die Sache doch zu heikel. Sie musste mit der Freundin persönlich sprechen und nur mit ihr. Derya rechnete: Hin und zurück würde sie eine Stunde Fahrzeit haben und das Büffet musste auch noch fertiggestellt werden. Okay, wenn sie es zeitlich nicht mehr hinkriegte, würde sie eben ihre ehernen Prinzipien umstoßen müssen, alles nur frisch und selbst gemacht anzubieten. Sie würde statt ihrer Aioli einfach eine gute Mayonnaise mit Knoblauch mischen, statt der Crostini noch Mozzarella und Parmaschinken besorgen und für das Dessert diese hervorragenden Baklava bei dem türkischen Bäcker holen, den sie neulich entdeckt hatte, dazu vielleicht noch französische Rohmilchkäse und frisches Obst. In Situationen wie dieser hieß es eben flexibel sein.
    Reger Verkehr herrschte wie immer am Freitagnachmittag aus der Stadt hinaus. Doch endlich hatte sie die kleinen Nebenstraßen erreicht und kam zügig voran. Das Wetter hatte sich stabilisiert, nur ein paar freundliche, dicke Wolken schoben sich vereinzelt über den Himmel und die Sonne ließ die malerische Lauenburgische Landschaft leuchten. Aber Derya hatte nicht so richtig ein Auge dafür. Eine innere Unruhe trieb sie voran. Endlich hatte sie das Anwesen ihrer Freunde erreicht, stellte draußen das Auto ab und lief durch das offen stehende Tor über den Hof, zu dem über und über mit wildem Wein bewachsenen Wohnhaus.
    Als niemand auf ihr Klingeln öffnete, nahm Derya den Weg ums Haus herum in den blühenden Bauerngarten, wo sie am vergangenen Wochenende zusammen gesessen hatten. Sie sah auf den Rasen, spähte zur Sitzecke vor dem Fliederbusch – niemand zu sehen.
    »Derya, sag mal, das wird ja langsam zur Gewohnheit! So oft sind wir uns an einem Tag doch noch nie begegnet!« Ronald winkte und kam aus dem Schuppen auf sie zu. »Aber find ich schön! Geht’s dir denn wieder besser?«
    »Hallo, Ronald! Ja, viel besser!« Sie umarmten sich.
    »Was führt dich her? Wolltest du mich besuchen?«, zwinkerte er ihr zu.
    »Äh, ich hab in der Nähe einen Termin und wollte eigentlich nur kurz zu Friede, ihr was erzählen. Du weißt schon, Weiberkram«, log Derya ein wenig verlegen. Ronald knuffte sie sanft in die Seite und lachte.
    »Hab ich mir doch schon gedacht, min Deern! Tscha, das tut mir jetzt leid. Nur Ruben und ich hüten Haus und Hof. Friede ist vor einer Stunde schon weg. Sie ist bei einer Bauersfrau im Nachbardorf zum Kaffeeklatsch eingeladen. Da gibt’s immer eine große Tortenschlacht, was Friede klasse findet, wenn sie als zugezogene Stadtfrau mal so richtig aus erster Hand den neuesten Klatsch und Tratsch vom Lande hören kann.«
    »Na ja, so wichtig ist es bei mir auch nicht«, sagte Derya um einen fröhlichen Ton bemüht. »Sag ihr bitte einen schönen Gruß von mir. Dann ruf ich sie demnächst halt mal an.«
    »Magst du vielleicht was trinken?«, bot Ronald an. »Einen Tee, einen Saft?«
    »Danke, Ronald«, sie sah auf die Uhr. »Oh Mann, ich hab überhaupt keine Zeit mehr. Mein Termin – und ich muss noch ein großes Büfett für heute Abend fertig machen. Sei mir nicht böse, wir sehen uns ein anderes Mal, ja?«
    »Ich bin nicht böse. Bis bald, Derya!«
    Ronald lächelte auf seine leise, nette Art. Derya gab ihm hastig zwei Küsschen auf die Wangen und eilte ums Haus herum. Als sie über den Hof nach draußen zu ihrem Auto gehen wollte, sah sie plötzlich hinten in einer abgelegenen Ecke einen weißen Lieferwagen parken. Automatisch lenkte sie ihre Schritte in die Richtung. Hatte sie sich alles nur eingebildet oder stimmte das flüchtige Bild, das ihr immer wieder durch den Kopf geisterte? Jetzt war sie nah genug und vergaß fast zu atmen. Deutlich konnte sie auf der hinteren Seitenwand neben dem Umriss einer Baumkrone, der als Rahmen für die Firmenaufschrift diente, die

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