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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ja gut«, meinte Angermüller, der einfach was Nettes sagen wollte.
    »Wenn Se mal inner Kita in Neukölln gearbeitet haben, lernen Se det automatisch. Und Arabisch und noch son paar andere überlebenswichtige Sprachen ooch.«
    Sie deutete mit einer kurzen Geste an, dass die Beamten jetzt eintreten könnten, und fragte etwas genervt: »Und, wat brauchen Se jetzt?«
    »Wir ermitteln ja im Zusammenhang mit den beiden toten türkischen Mädchen, wie Sie wissen …«
    »Weiß ick und ick hoffe, Sie kriegen den kaputten Typen bald. Zu den Ängsten, die unsere Frauen hier sowieso schon haben, kommt jetzt auch noch die vor diesem perversen Rosenheini. Als ob wir hier nich schon jenuch Probleme hätten!«
    »Wir arbeiten dran, Frau Paulmann, und deshalb sind wir hier. Also wir müssten wissen, ob ungefähr vor einem Jahr diese junge Frau hier bei Ihnen um einen Termin nachgesucht hat oder zur Beratung gekommen ist.«
    Er reichte ihr eine Notiz mit einem Namen. Elke Paulmann zückte sofort einen Stift und fragte: »Können Sie das Datum noch etwas genauer nennen?«
    »Es müsste auf jeden Fall vor dem 20. Mai gewesen sein. Ich würde sagen, wenn Sie in dem davor liegenden Zeitraum von sechs Wochen nachschauen, das müsste eigentlich ausreichen.«
    »Allet klar«, sagte die Sozialarbeiterin nur und begann auf der Tastatur ihres Computers zu klappern. Konzentriert ging sie einige Minuten lang irgendwelche Dateien durch. Dann schaute sie hoch und schüttelte den Kopf. »Nüscht«, meinte sie kurz und bündig.
    »Und woanders gibt es keine Akten, Daten, Notizen über Ihre Klientinnen?«, fragte Angermüller etwas enttäuscht.
    »Nu warten Se doch ma, junger Mann!« Frau Paulmann zog eine Schublade ihres Schreibtisches auf und nahm eine Kladde heraus, ähnlich der, die vor ihr lag. »Hier tragen wir auch ein, wenn jemand einen ersten Kontakt aufnimmt und nicht unbedingt gleich einen Termin macht.« Sie sprach jetzt Hochdeutsch und gab sich seriös und kompetent. »Manche Frauen brauchen eben ein bisschen Zeit, bis sie sich endlich hierher wagen. Manche wollen vorher auch sehen, was sie hier erwartet. Die rufen einfach nur an, fragen nach unseren Zeiten und kommen dann irgendwann einmal vorbei, um sich das Ganze anzuschauen.«
    Sie suchte nach dem entsprechenden Datum und fuhr mit dem Finger die Seiten von vorn nach hinten entlang. »Na hier. Wer sacht’s denn«, meinte sie plötzlich in einem Tonfall, als ob sie es schon immer gewusst hätte. »Selma Altül. Hat am Freitag, den 13. Mai hier angerufen. › Erstkontakt‹ hab ich dahinter geschrieben.« Elke Paulmann schaute hoch. »Hat sich aber nie wieder bei uns gemeldet, das Mädel.«

     
    Es dauerte eine ganze Weile, bevor Derya auf dem Parkplatz vor der Bezirkskriminalinspektion ihren Wagen anließ. Auch wenn sie das meiste erledigt hatte, wartete zu Hause doch noch einiges an Arbeit für ihren Auftrag heute Abend auf sie. Doch das Rätsel um Güls geheimnisvollen Bekannten ließ sie nicht los. Die toten türkischen Mädchen waren beide in der Beratungsstelle gewesen, in der Friede arbeitete. Hing das mit ihrem Tod zusammen? War auch Gül dort gewesen? War sie plötzlich doch von ihrer Familie unter Druck gesetzt worden? Möglich wäre das natürlich.
    Der Motor lief, doch Derya fuhr immer noch nicht los. Und was, wenn Selma letztes Jahr auch im Krisenzentrum gewesen wäre und Gül recht hätte mit ihrer Vermutung, dass ihrer Freundin etwas Schlimmes zugestoßen war? Wenn sie auch eines von diesen Rosenmädchen geworden wäre und die dickköpfige, hartnäckige Gül das herausgefunden hätte? Dann wäre sie jetzt eine echte Gefahr für den Rosenmörder. Derya wurde plötzlich ganz schlecht. Und auf einmal wusste sie, was in ihrem Kopf da immer wieder kurz aufgeblitzt war. Kurz entschlossen fuhr sie los und wäre beinahe rückwärts einem Auto in die Seite gefahren, das gerade ihre Parkbucht passierte. Der Fahrer betätigte erschrocken die Hupe. Derya bremste sofort und entschuldigte sich gestenreich bei dem Mann, der ihr nur einen Vogel zeigte. Was wusste der schon! Sie musste jetzt sofort mit Friede sprechen.
    Doch Friede war nicht mehr in der Praxis. Es war Freitagnachmittag. Da war ohnehin keine Sprechstunde. Derya wollte gerade frustriert wieder abziehen, da wurde innen der Schlüssel im Schloss gedreht. Es war die Sekretärin, die noch einiges aufgearbeitet hatte, das durch das Fehlen während ihrer Krankheit liegen geblieben war, und jetzt auch Feierabend machen wollte.

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