Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Seibold
Vom Netzwerk:
den Hof auf mich zu überschreiben, dann hätte ich doch auch eine Existenz und würde auf eigenen Beinen stehen – und ich Depp hab mich drauf eingelassen. Ein halbes Jahr später war mein Vater tot, Herzversagen, eines Abends draußen auf der Koppel. Ich hab ihn erst zwei Stunden später gefunden, da war natürlich nichts mehr zu machen. Und auf der Beerdigung habe ich schließlich die wahren Hintergründe meiner Kündigung erfahren: Da nahm mich mein alter Chef beiseite, er wollte wohl sein Gewissen erleichtern, und hat mir alles erzählt – der war ziemlich fertig, weil er doch nur helfen wollte und nun trotzdem am Grab seines Freundes stand.«
    Ruff kniff die Lippen zusammen.
    »Zwei Monate später ist dann auch noch meine Mutter gestorben, und irgendwann hab ich diese verdammte Einsamkeit nicht mehr ausgehalten. Immer nur Pferde um einen rum … Tja, und dann hab ich mir die da angelacht.« Er deutete zur Tür.
    »Wie lange sind Sie denn schon verheiratet?«
    »Wozu müssen Sie das wissen?«
    »Im Moment interessiert mich alles, Herr Ruff.«
    »Scheint so.«
    »Wo haben Sie Ihre Frau denn kennengelernt?«
    »Leider erst hier, nach der Hochzeit, da war’s dann auch schon zu spät.«
    Hansen sah ihn verwundert an.
    »Lara hab ich aus dem Katalog. Heutzutage findest du als Bauer nicht mehr so einfach eine Frau. Die harte Arbeit mag nicht jede, und wenn einer aus dem Stall kommt, riecht er halt auch nicht nach Veilchen. Und bevor Sie fragen: ›Bauer sucht Frau‹ gab’s damals noch nicht – aber in so einer Fernsehsendung hätte ich mich sowieso nicht zum Affen gemacht.« Er stierte missmutig in seine Kaffeetasse. »Na, egal. Ich hab mich umgehört, und ein Kollege aus dem Nachbardorf hat mir die Adresse einer Agentur gegeben, die Frauen aus Osteuropa vermittelt. Der hat eine Russin, recht hübsch, schön knackig, und ordentlich arbeiten kann sie auch. Den Katalog hab ich mir kommen lassen, und Lara war auf den Fotos eine der Hübschesten.«
    Ruffs Blick bekam etwas Verträumtes.
    »Mein Gott, wie sie hier ankam, damals. Ich hab an die Agentur Geld für das Ticket überwiesen, für die Taxifahrt vom Bahnhof bis hierher und natürlich für den ganzen Behördenkram und die Vermittlungsprovision. Sechs Wochen lang hab ich gewartet, und ich hatte schon Angst, die hätte mich reingelegt. Da stand sie plötzlich draußen auf dem Hof: zierlich, dick bepackt mit zwei großen Taschen und noch viel schöner als im Katalog. Schlank war sie, gestrahlt hat sie bis über beide Ohren – ich hab mich gleich in sie verliebt.« Er seufzte. »Zehn Jahre ist das jetzt her, und schauen Sie sich das Elend heute mal an.«
    Ärger stieg in Hansen auf. Wenn Ruff seine Frau schon damals so behandelt hatte wie heute, musste er sich nicht darüber beschweren, dass sie neben ihm verwelkte.
    »Die kriegt nix auf die Reihe, sag ich Ihnen! Dass sie kein Deutsch kann, ist auch nicht mein Fehler. Ich hab sie extra bei der Volkshochschule für einen Sprachkurs angemeldet – an zwanzig Nachmittagen sollte sie das Nötigste lernen. Und als der Kurs halb um war, habe ich zufällig erfahren, dass sie dort nur ein einziges Mal aufgekreuzt ist – ein einziges Mal! Wahrscheinlich hat sie sich irgendwo in der Stadt rumgetrieben und mein Geld in irgendeinem Café verprasst – ich bin ihr nämlich auch noch draufgekommen, dass in dieser Zeit immer wieder was in der Haushaltskasse fehlte. Sie wollte mir weismachen, dass sie damit den Kurs bezahlt hätte – aber das Geld hab ich schon vorab an die Volkshochschule überwiesen. Dieses Miststück hat mich von Anfang an beschissen, und schwanger ist sie auch nicht geworden, als ich noch mit ihr Kinder wollte.« Ruff setzte die Kaffeetasse an und nahm einen großen Schluck.
    »Na ja«, sagte Hansen, »Ihr Bruder wurde schließlich auch nicht Vater.«
    Die Tasse knallte heftig auf die Tischplatte, und Ruff funkelte sein Gegenüber wütend an. »Bei mir ist alles tiptop«, zischte er. »Und Sie brauchen sich gar nicht darüber lustig zu machen, dass ich in diesem Frauenkatalog eine Niete gezogen habe.« Damit stand er auf, schnappte die drei Tassen und trug sie hinüber zur Spüle.
    »Wollen Sie noch was wissen?«, fragte er von dort. »Ich würde jetzt nämlich gerne weiterarbeiten.«
    »Nein, das war’s für den Moment, danke«, sagte Hansen. Eigentlich hatte er Ruff auch über die Pferdezucht ausfragen wollen – aber das war jetzt nicht der passende Moment. »Wir finden allein raus, Herr Ruff, Sie

Weitere Kostenlose Bücher