Rot wie die Liebe
Blut?«
»Nein.« Moira drehte sich halb um und zeigte hinter sich. »Dort steht auch ein Stein für einen Freund. Auch für ihn und seine Welt kämpfe ich, und für alle Welten. Wir sind alle miteinander verbunden.«
»Es ist wichtig, das zu wissen. Wissen ist eine große Gabe, und Wissensdurst ist sogar noch größer. Benutz dein Wissen, und sie wird dich nie besiegen. Kopf und Herz, Moira. Du bist nicht geschaffen, um dem einen größeres Gewicht zu geben als dem anderen. Dein Schwert wird Funken sprühen, das verspreche ich dir, und deine Krone wird leuchten. Aber das, was du im Kopf und im Herzen behältst, ist die wahre Macht.«
»Mir scheint, ich bin voller Angst.«
»Es gibt keinen Mut ohne Angst. Vertraue und wisse. Und halte dein Schwert bereit.
Sie will vor allem deinen Tod.«
»Meinen Tod? Warum?«
»Das weiß sie nicht. Wissen ist deine Macht.«
»Mylady«, begann Moira, aber Morrigan war bereits verschwunden.
Für das Festmahl musste sie ein anderes Gewand anlegen und sich wieder eine Stunde lang in die Hände ihrer Hofdamen begeben. Da sie so beschäftigt gewesen war, hatte sie die Kleidungsfrage ihrer Tante überlassen und freute sich, als sie sah, wie schön das Kleid war.
Der wasserblaue Stoff schmeichelte ihr. Sie machte sich gern hübsch zurecht, aber im Moment schien es ihr so, als müsste sie ständig etwas anderes anziehen und wäre dauernd von ihren aufgeregt schnatternden Hofdamen umgeben gewesen.
Insgeheim gestand sie sich ein, wie bequem die Jeans und die weiten Blusen gewesen waren, die sie in Irland getragen hatte. Morgen würde sie sich auch endlich wieder so anziehen wie eine Kriegerin, die sich auf die Schlacht vorbereitete, auch wenn es ihre Damen schockierte.
Heute Abend jedoch trug sie Samt und Seide und Juwelen.
»Ceara, wie geht es deinen Kindern?«
»Gut, Mylady, danke.« Ceara stand hinter Moira und flocht ihr die dicken Haare in seidige Zöpfe.
»Deine Pflichten und das Training halten dich häufiger von ihnen fern, als mir lieb ist.«
Ihre Augen begegneten sich im Spiegel. Ceara war eine vernünftige Frau, nach Moiras Überzeugung die aufmerksamste und beste ihrer drei Zofen.
»Meine Mutter versorgt sie, und sie ist glücklich darüber. Die Zeit, die ich fern von ihnen verbringe, ist gut genutzt, weil ich nicht möchte, dass ihnen etwas passiert.«
»Glenna hat mir berichtet, dass du gut im Faustkampf bist.«
»Ja, das stimmt.« Ceara verzog das Gesicht zu einem grimmigen Lächeln. »Zum Schwertkampf bin ich noch nicht ausgebildet, aber wir haben ja noch Zeit. Glenna ist eine gute Lehrerin.«
»Sie ist streng«, warf Dervil ein. »Zwar nicht so streng wie Lady Blair, aber sie verlangt auch viel von uns. Wir laufen und kämpfen jeden Tag und müssen Pflöcke schnitzen. Und jeden Abend schmerzen die Gliedmaßen, und wir haben blaue Flecken und Splitter in den Händen.«
»Besser erschöpft und voll blauer Flecken als tot.«
Bei Moiras Kommentar errötete Dervil. »Ich meinte das nicht respektlos, Majestät.
Ich habe viel gelernt.«
»Und bist ein Dämon mit dem Schwert geworden, wie man mir berichtet hat. Ich bin stolz auf dich, Und du, Isleen, sollst gut mit dem Bogen umgehen können.«
»Ja«, erwiderte Isleen, die Jüngste der drei, errötend. »Das gefällt mir besser als der Kampf mit Fäusten und Füßen. Dabei schlägt Ceara mich immer nieder.«
»Wenn du immer quietschst wie eine Maus und mit den Händen flatterst, könnte dich jeder niederschlagen«, warf Ceara ein.
»Ceara ist größer, und ihre Arme sind länger als deine, Isleen«, sagte Moira. »Deshalb müsst ihr lernen, schneller und gerissener zu werden. Aber ich bin stolz auf jede Einzelne von euch. Ab morgen werde ich jeden Tag mindestens eine Stunde lang mit euch trainieren.«
»Aber, Majestät«, begann Dervil, »Ihr könnt doch nicht …«
»Doch, ich kann«, unterbrach Moira sie. »Und ich werde es auch tun. Von euch und von allen anderen Frauen erwarte ich, dass ihr euer Bestes gebt, um mich niederzustrecken. Aber ich werde es euch nicht leichtmachen.« Sie erhob sich. »Ich habe ebenfalls viel gelernt.« Sie setzte sich die Krone auf den Kopf. »Ihr könnt mir gerne glauben, dass ich euch alle drei und jeden, der noch dazukommt, überwältigen kann.«
Sie drehte sich um und stand prachtvoll in ihrem schimmernden Samtgewand vor ihnen.
»Und diejenige, der es gelingt, mich zu Boden zu werfen, bekommt eines der Silberkreuze, die Glenna und Hoyt mit einem Zauber belegt haben.
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