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Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Titel: Rot wie eine Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anilda Ibrahimi
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Schwestern, die noch nicht unter der Haube war.
    Am Tag meiner Geburt erklärte Großvater Omer, dass es allein Großmutter Sabas Schuld sei, wenn diese Familie weiterhin wie die Karnickel ein Mädchen nach dem anderen in die Welt setzte. Danach ging er zu seinen Freunden in die Kneipe.
    »Eine Kurva mehr für das arme Vlora«, resümierte er verbittert vor einem Glas Grappa. Er machte sich Sorgen um die Zahl der Kurve in Vlora, zu deren Erhöhung er indirekt beigetragen hatte.
    Mein Großvater mütterlicherseits seufzte erleichtert, als er sah, dass ich weder blaue Augen noch blondes Haar hatte.
    »Sie ist normal, so wie wir!«
    Großmutter Saba war am Anfang etwas verärgert. »Dunkles Haar wie die Mutter«, sagte sie, »aber die helle Haut hat sie von mir.« Jetzt, als erwachsene Frau, habe ich auch ihren schmalen Körperbau und ihre vorspringenden Wangenknochen. Aber zu ihren Zeiten war Großmutter Sabas Magerkeit nicht allzu gefragt.
    Meine Mutter sparte sich bei meiner Geburt jeden Kommentar, sie liebte mich und sonst nichts. Obwohl sie von Anfang an wusste, dass sie mich nie ganz für sich allein haben würde. Ich sollte zwei Mütter haben: sie und Großmutter Saba. Das Einzige, was meine Mutter ganz für sich beanspruchte, war die Wahl des Namens. Papa war es ziemlich gleichgültig. Großvater Omer hatte, wie Großmutter Saba erzählte, zu den Mädchennamen immer ein schwieriges Verhältnis gehabt. Ich durfte mich also nennen, wie ich wollte, oder besser gesagt, wie meine Mutter wollte, die mir den Namen Dora gab – Dora, wie ihre Lieblingsfigur aus David Copperfield.
    »Die Ärmste«, kommentierte Großmutter Saba, »durch die vielen Bücher, die sie ständig liest, ist ihr Hirn zu Dhallë geworden!«
    Mama war überglücklich, dass sie ein Mädchen bekommen hatte. Unter den Frauen meines Landes gibt es folgenden pruch: »Wenn Gott es gut mit dir meint, schenkt er dir ein Mädchen.« Aber eins genügt. Zum Glück kamen nach mir noch zwei Brüder. Das Gewehr am Haken war einer der Albträume der Familie.
    Als Kind war ich sehr glücklich, aber dann hörte ich auf es zu sein. Einfach so, schlagartig, so wie die Raucher von einem Tag auf den anderen aufhören. Aber nicht wie die, die danach wieder anfangen, ich habe nicht wieder angefangen. Nur ein einziges Mal, ganz am Anfang.
    Als ich vier Jahre alt war, machte ich den ersten Versuch. Ich schaffte es nicht, alles in allem war das Dickerchen von meinem Bruder keine ernsthafte Bedrohung. Ich schlief noch neben meiner Mutter, sie nahm mich überallhin mit, die schönsten Kleider, die schönsten Spiele waren für mich. Ich ließ ein Kissen auf dem Gesicht meines Bruders liegen, der in der Wiege schlief, aber Mama kam noch rechtzeitig, um es aufzuheben. Anstatt mich auszuschimpfen, ging sie mit mir spazieren und kaufte mir lauter Lollis, diese roten Lollis, die aussehen wie kleine Hähne.
    Zwei Jahre später nahm ich einmal meinen Bruder zum Spielen mit auf den Hof von Großmutters Landhaus und setzte ihn auf die Schaukel. Die Schaukel war ein grobes Hanfseil, das in den Zweigen eines mächtigen Nussbaums hing. Dasselbe, an dem Großmutter einst den Esel hinter sich hergezogen hatte, bevor sie ihn der Landwirtschaftsgenossenschaft überließ. An diesem groben Seil hatte Großmutter ein kleines Kissen befestigt, so war es eine Schaukel geworden. Ich hob meinen Bruder hinauf und war, ganz ehrlich, sehr vorsichtig und besorgt. Schließlich war er noch sehr klein. Um ihm ein bisschen Prickeln zu bereiten, gab ich dem Seil irgendwann einen stärkeren Schubs, so stark, dass mein Bruder gegen den Stamm des alten Nussbaums prallte. Er hat noch immer die Narbe auf der Stirn, die ihm dieser Flug bescherte.
    Zu diesem Zeitpunkt war ich noch glücklich, Mama teilte sich zwischen mir und meinem Bruder auf, mein Vater war fast nie da. Er kam jeden Samstag, aber alles in allem störte er kaum, nur mich, die ich meinen Platz im Ehebett räumen und in Großmutters Zimmer gehen musste. Auf die Dauer wirst du solche Dinge leid. Jeden Samstag kommt einer, und du überlässt ihm den Platz neben der Mutter.
    Im Sommer meines siebten Lebensjahrs, als ich darauf wartete in die Schule zu kommen, erhielt mein Vater endlich die Versetzung. Er kehrte in unsere Nähe zurück. Es begann für alle ein neues Leben.

Drei
     
    Wir feierten das Abc-Fest, es muss gegen Ende Januar gewesen sein. Ich stand zum ersten Mal auf der Bühne. Ich war der Buchstabe M, M wie Mama. Mein Kostüm, natürlich

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