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Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Titel: Rot wie eine Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anilda Ibrahimi
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Partei. Tante Adelina reichte den Antrag ein, der regionale Parteirat kam zusammen und beschloss, aufgrund derselben Argumente wie zuvor, ihn abzulehnen.
    Die Situation zu Hause verschlimmerte sich. Wenn Mama sich über irgendetwas beschwerte, fiel ihr Adelina gleich ins Wort:
    »Was jammerst du? Du hast eine gute Arbeit, bist verheiratet und hast sogar drei Kinder. Was soll ich denn sagen?«
    Mama bemerkte zum Beispiel: »Was für ein Regen heute!«
    Prompt erwiderte die Tante barsch: »Die Einzige aus der Familie, die im Freien arbeitet und den ganzen Regen abkriegt, bin ich.«
    Mein Vater unternahm einen weiteren Versuch. Die Anträge zu besagten Kursen wurden im September geprüft. Während des Sommers begann Papa, die Mitglieder des Parteirats zu »bearbeiten«. Er sammelte Informationen über ihre Vorlieben und Hobbys. Er brachte in Erfahrung, dass Genossin Vera, die Ratsvorsitzende, eine Schwäche für Wollteppiche, für echte, handgewebte Quilim hatte; dass Genosse Tafil, der zweite Vorsitzende, besonders gerne Zicklein am Spieß mochte; oder dass Genosse Fari gerne Raki trank, vor allem, wenn er nach dem alten Verfahren hergestellt war. Genossin Lena kümmerte sich dagegen gerade um die Aussteuer der Tochter und war ganz verrückt nach handbestickter Bettwäsche.
    Nach dieser ersten Phase des Informationensammelns, zu dem die gesamte Familie eifrig beitrug, mussten nun die »Geschenkchen« beschafft werden. Papa begann mit der Wolle für Genossin Vera. Er ging in Großmutters Dorf, in dem ein paar Cousins zurückgeblieben waren und noch immer von der Landwirtschaft lebten. Aber es war nicht leicht. Papa wäre bereit gewesen, einen gepfefferten Preis zu zahlen, aber in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften stand jeder Familie nur ein bestimmter Anteil zu. So musste Papa den gesamten Sommer über durch die umliegenden Dörfer von Vlora ziehen. Weißt du, wie viel Schafe man scheren muss, um einen einzigen Teppich herzustellen?
    Das Einfachste war die bestickte Bettwäsche. Zumindest theoretisch, nicht jedoch, wenn man Mama hörte, die ihre Nachmittage damit verbrachte, für die Tochter der Genossin Lena zu sticken. Tante Adelina konnte ihr nicht einmal helfen, da sie nicht wusste, wie man stickt.
    »Ich hatte nicht das Glück«, sagte sie, »irgendetwas zu lernen außer meine Muttersprache, dieses verdammte Albanisch, das abgesehen von drei Millionen Schwachköpfen niemandem etwas nutzt.«
    In der von Papa organisierten Wahlkampagne wurde nun die dritte Phase eingeläutet: die Übergabe der »kleinen Aufmerksamkeiten«. Du kannst nicht einfach mitten am Tage mit einem Zicklein oder zwanzig Kilo Wolle in der Hand bei jemandem zu Hause vorbeikommen. Die Leute sind misstrauisch und könnten denken, du willst die Genossen des Parteirats bestechen. Erklär denen mal, dass du niemanden bestechen, sondern lediglich deine Schwester loswerden willst.
    Der Plan war folgender: Man musste zur Tat schreiten, sobald Genossin Vera am Abend einmal etwas länger im Büro blieb und der Ehemann allein zu Hause war. Man klopfte sanft an die Tür, wartete bis er öffnete und sagte ihm dann, dass man gekommen sei, um die von der Frau bestellte Ware abzuliefern: zwanzig Kilo Rohwolle. Ein kleines Schreiben war beigelegt. Dass am nächsten Tag keine Reaktion kam, war ein gutes Zeichen. Nach den restlichen Übergaben wartete man voller Unruhe auf den Tag der Versammlung.
    Genossin Vera verlas zunächst die Liste mit den vom regionalen Exekutivkomitee veranlassten Fortbildungskursen: Das Vaterland benötigte derzeit einen Koch, zwei Bäcker, zwei Barbiere und einen Fotografen.
    Dann kam sie zu den Anwärtern. Genossin Adelina beharrte darauf, Köchin zu werden. Diesmal sprach Genossin Vera in einem anderen Ton: Es stimmte natürlich, dass die gesamte Familie mit dem Stuhl unterm Hintern arbeitete (wo sollte der Stuhl auch sonst hin), aber ebenso stimmte es, dass eine Familie mit derart vorbildlicher Biografie das und Weiteres verdiente.
    »Wollen wir etwa die Klassenfeinde zu Köchen ausbilden? Die werden uns alle vergiften!«, rief Genossin Vera. »Die Stelle als Koch muss an eine äußerst vertrauenswürdige Person vergeben werden, aus diesem Grund bin ich dafür, sie Genossin Adelina zu überlassen.«
    Genossin Vera hatte ein Jahr lang Zeit gehabt, über die wichtige Rolle der Köche sowie über die Tatsache nachzudenken, dass es der Klassenfeind direkt auf die Bohneneintöpfe der Arbeiterkantinen abgesehen haben

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