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Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Titel: Rot wie eine Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anilda Ibrahimi
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zusammengerollt hatte:
    »Für dich malt er ein echtes Gemälde, ich bekomme nur eine Zeichnung. Vielleicht weil du hübscher bist als ich.«
    Hübscher? Ach was, Viola, hätte ich ihr am liebsten erwidert, mit Äußerlichkeiten hat das nichts zu tun. Vielleicht sieht er etwas ganz anderes in mir, vielleicht …
    Ich war euphorisch und konnte es kaum erwarten, am nächsten Tag wieder zu ihm zu gehen.
    Nachdem ich Großmutter am Sonntag ein wenig bei der Hausarbeit geholfen hatte, schaute ich bei Viola vorbei, aber es war niemand zu Hause.
    Ich beschloss, dem Maler allein einen Besuch abzustatten. Er wartete schon auf mich, ich sollte für ihn Modell stehen.
    Er war sehr freundlich, ließ mich Platz nehmen und begann mit seiner Arbeit. Ich rührte mich nicht, schließlich war ich sein Modell – sein absolut regloses Modell.
    »Hast du schon mal für einen Maler Modell gestanden?«, fragte er mich.
    »Nein, nie«, antwortete ich, »ich kenne keinen Maler.«
    »Würdest du nackt für mich Modell stehen?«, wollte er gleich darauf wissen.
    War er verrückt? Nackt? Ich? Vollkommen unbekleidet, ohne Slip und BH?
    »Macht nichts«, fuhr er fort, »mir war schon klar, dass die Mädchen aus der Provinz zu manchen Dingen nicht bereit sind.«
    Wollte er damit etwa sagen, ich sei rückständig im Vergleich zu den Mädchen aus der Hauptstadt, wo er studiert hatte? Ich hätte die Mentalität meiner Großmutter? Ich sei wie eine Fünfzehnjährige?
    Natürlich konnte ich nackt Modell stehen wie die echten Modelle, die ich aus den Romanen kannte. Es ging um die Kunst, das war mir schon klar.
    »Warum nicht?«, sagte ich nach einer langen Pause. »Ich lebe zwar in der Provinz, aber ich bin alles andere als provinziell. Es macht mir nichts aus, nackt für dich Modell zu stehen, wirklich nicht. Kunst bleibt Kunst.«
    Er lächelte mit seinen kleinen blauen Augen, die er während der Arbeit halb geschlossen hielt. Er hängte ein Schild außen an die Tür, damit uns niemand stören konnte, dann bereitete er eine neue Leinwand vor.
    Ich war verlegen, ich wusste nicht, wo ich mich umziehen sollte. Freundlich zeigte er auf eine Ecke, die sich als Umkleide anbot. Als ich mich ausgezogen hatte, trat ich auf ihn zu, die Kleider auf dem Arm: Was ich nur konnte, bedeckte ich. Er nahm mir die Sachen ab und legte sie auf den Tisch, wo das Heft lag. Ich setzte mich und zog die Knie bis zur Brust an, aus Scham.
    »Nein«, sagte er, »du musst dich hinstellen. So!«
    Schweigend stand ich da, in meine Nacktheit gehüllt. Ich konnte nicht erkennen, ob er mich ansah oder nicht. Seine Augen waren immer halb geschlossen, er wirkte sehr konzentriert.
    Allmählich gewöhnte ich mich an alles. Ich entspannte die Schultern und machte mich mit jener seltsamen Atmosphäre vertraut, die für mich der Inbegriff von Kunst, Emanzipation, Romanwelt und überbordendem Leben war.
    Nach einiger Zeit wurde es mir jedoch langweilig. Es schien, als würde er mich gar nicht wahrnehmen. War ich als sein Modell nicht die Hauptperson? Der Maler sah mich nur flüchtig an und führte die Hand mit nervösen, schnellen Bewegungen über die Leinwand. Nichts von dem, was ich in meinen Büchern gelesen hatte, geschah.
    Allmählich wurde es dunkel.
    »Machen wir morgen weiter«, sagte er endlich.
    »Ich weiß noch nicht, ob es geht. Morgen kommen meine Eltern wieder, sie lassen mich nie aus den Augen.«
    »Komm einfach heimlich«, meinte er. »Du wirst schon irgendeine Freundin haben, die dich decken kann. Die von gestern zum Beispiel.«
    »Ich werd’s versuchen«, sagte ich.
    Kaum hatte ich sein Atelier verlassen, war ich auch schon bis über beide Ohren in ihn verliebt. Er kannte bereits alles an mir, er hatte mich auf einer Leinwand verewigt, nackt. Ich dachte daran, dass mein Vater vielleicht doch recht hatte, dass ich, ebenso wie Tante Esma, zu einem abenteuerlichen Leben unter Männern verdammt war.
    Die Luft an jenem Abend war von einem seltsamen Duft erfüllt, dem Duft nach Moschus und Liebe.
    Ich schaute noch einmal bei Viola vorbei, aber es war immer noch niemand da. Enttäuscht ging ich nach Hause, ich hätte ihr gerne von meiner Liebesaffäre mit einem echten Maler erzählt.
    Am nächsten Morgen auf dem Weg zur Schule sah ich einige Leute vor Violas Haus stehen. Sie sprachen leise miteinander, ihre Augen waren müde und gerötet. Ich trat näher, um herauszufinden, was vorgefallen war, aber ein Polizist versperrte den Weg und ließ niemanden durch. In der Schule teilte

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