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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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eigener Kraft vom Tatort, und als wir hinkamen, war alles ruhig.«
    Sie lehnte sich vor und wandte sich Patrik zu.
    »Hast du etwas von dieser Misshandlung gehört?«
    Patrik schüttelte den Kopf.
    »Darüber hat es doch sicher in der Gegend Gerede gegeben. Keiner von denen, die du kennst, war beteiligt?«
    »Nein«, brachte Patrik heraus.
    Er klang heiser. Er warf Eva einen Blick zu, dann sah er wieder zu Boden.
    »Und dann gestern Abend. Da wurde es sofort ernster. Ein Mann – wir glauben nicht mehr, dass es derselbe war – wurde niedergestochen. Mit einem Messer, nehmen wir an. Er wurde am Bauch verletzt und außerdem am Hals und am rechten Arm. Er verlor eine Menge Blut.«
    Die Stille in dem Raum wurde sekundenlang kompakt, dann fuhr die Polizistin fort.
    |155| »Er wird überleben, aber wir betrachten den Fall als Mordversuch.«
    Patrik hob den Kopf und sah Barbro Liljendahl an.
    »Und was hat das mit mir zu tun?«, fragte er mit tonloser Stimme.
    Die Beamtin seufzte unbewusst, und Eva machte sich einen Moment lang Vorwürfe.
    »Wir sagen nicht, dass du mitgemacht hast. Aber vielleicht weißt du etwas, das für uns von Interesse ist.«
    Patrik schüttelte den Kopf.
    »Es muss nicht herauskommen, dass du mit uns geredet hast.«
    Dummes Zeug, dachte Eva. Patrik antwortete nicht.
    »Woher hast du die Verletzungen im Gesicht?«
    Die aufgesprungene Lippe war fast verheilt, und die Wunde auf der Stirn war unter dem Pony so gut wie nicht zu sehen.
    »Ich bin hingefallen«, antwortete Patrik.
    Eva wusste, dass er log, brachte es aber nicht über sich, etwas zu sagen. Blöde Kuh, dachte sie, was weißt du von uns?
    »Ist das lange her?«
    »Ein paar Tage.«
    Liljendahl nickte.
    »Dein Bruder«, fing sie nach einer Pause wieder an, »glaubst du   …«
    »Was ist mit ihm?«
    Eva sah starr auf die fünf Büroklammern, um nicht in einem Anfall unbeherrschter Wut auf die Beamtin loszugehen.
    »Warum müssen Sie Hugo mit hineinziehen?«, presste sie hervor.
    »Ich dachte, er könnte womöglich Informationen haben, vielleicht hat er etwas gesehen oder gehört.«
    Sie droht mir, dachte Eva. Sie will meine Familie zerstören. Ihr fiel plötzlich Jörgen ein, und da wurde sie noch wütender. Der Idiot müsste jetzt hier sitzen und seine Verantwortung |156| wahrnehmen. Obwohl das vermutlich keinen Unterschied machen würde. Der würde doch nur zu Gefallen sein wollen und drauflosplappern.
    »Warum haben Sie ihn dann nicht auch einbestellt?«, fragte sie und sah das Unbehagen im Gesicht der Polizistin.
    »Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen«, sagte diese.
    »Nein, aber warum   …?« Das unangenehme Gefühl, sich hinter einer Lüge zu verstecken, holte ihre Wut ein, und ließ Eva abrupt verstummen. Sie wurde rot und sah zu Boden.
    Barbro Liljendahl schlug seufzend den Ordner auf. Während sie das oberste Blatt überflog, betrachtete Eva sie. An manchen der Papiere steckten farbige Büroklammern. Was mochte dort stehen? Eva fürchtete sich vor dem Inhalt, ihr war, als entscheide sich darin ihr eigenes und Hugos und Patriks Schicksal.
    Ich habe heute frei, fiel ihr plötzlich ein, und die Wut flammte wieder auf.
    »Du kennst doch einen Jungen namens Zero, oder?«
    Patrik nickte.
    »Wir beobachten ihn seit einer Weile. Wie du weißt, ist er   … etwas unruhig.«
    »Wir haben zusammen Fußball gespielt«, sagte Patrik unvermittelt. »Früher. Er war   …«
    »Ja? Was denn?«
    »Ach, nichts.«
    Barbro Liljendahl sah ihn eine Weile an, dann fuhr sie fort.
    »Wir glauben, dass er mit Drogen dealt. Weißt du etwas davon?«
    »Kokain und Ecstasy«, ergänzte sie nach einer langen, unheilschwangeren Pause.
    Eva drehte sich um und blickte ihren Sohn an.
    »Hast du das gewusst?«, fragte sie heftig.
    Patrik schüttelte den Kopf.
    »Du lügst!«, schrie Eva.
    |157| Patrik sah auf. In seinem Gesicht spiegelten sich Angst und Erstaunen. Eva wurde selten laut.
    »Ich weiß nichts«, sagte er leise. Aber Eva sah ihm an, dass er bald reden würde.
    »Vielleicht können Sie uns eine Weile allein lassen«, sagte Barbro Liljendahl. Eva glaubte im ersten Moment, die Polizistin meinte Patrik.
    Eva sah Patrik an, der unmerklich nickte. Sie stand auf und verließ mit gemischten Gefühlen, ohne ein weiteres Wort, den Raum.

24
    I n einer anderen Etage des Präsidiums saß das Kommissariat »Schlaumeier«, wie Ottosson die Gruppe nannte. Dazu gehörten Ann Lindell, fast vierzig, die nach einer Reihe aufsehenerregender Ermittlungen vielleicht die

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