Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Küchentür. Erstaunt merkte sie, dass sie nun dankbar war für Helens Anruf. Helen war die Einzige, mit der sie reden konnte. Und auch wenn Helen manchmal taktlos war, so nahm sie doch Anteil.
    »Gut«, sagte sie und gab der Freundin eine Kurzfassung dessen, was ihr der Sohn auf dem Heimweg im Bus erzählt hatte.
    »Du meinst, die versuchen, unseren Kindern Drogen aufzuschwatzen? Hier in Sävja?«
    »Wundert dich das?«
    »Na ja, vielleicht nicht, aber   … Ich komme rüber!«
    Kurze Zeit später saß Helen in Evas Küche.
    »Ingmar ist bei einer Baubesprechung. Du weißt doch, wie er ist. Wer weiß, wann er nach Hause kommt. Ich hab für die Kinder einen Zettel hinterlegt. Wir könnten vielleicht zusammen Pizza essen?«
    Eva nickte und betrachtete ihre Freundin. Ihr wurde klar, was kommen würde. Die Wiederholung der Aktivitäten ums Müllhaus.
    |171| »Wir müssen etwas unternehmen«, fuhr Helen fort. Jetzt war sie kaum noch aufzuhalten. Die Lehrer, die Kommune, die Polizei und alles, was mit Behörden zu tun hatte – ihre Entrüstung kannte keine Grenzen. Sogar die Kirche und die hiesige Kirchengemeinde bekamen ihren Teil ab.
    Aber damit war es nicht getan – das hätte ihr auch nicht ähnlich gesehen.
    Eva hörte zu, nickte, ab und an gelang es ihr, einen Kommentar einzuschieben. Helen redete ununterbrochen, bis das Telefon klingelte.
    »Das wird Emil sein«, sagte sie.
    Helen hatte zwei Kinder. Emil, der so alt wie Hugo war, und Therese. Sie war achtzehn und ging in die letzte Klasse. Sie war selten zu Hause, meist schlief sie bei ihrem Freund in Eriksberg.
    Emil hatte Hunger, genau wie Hugo, der nach Hause kam, als Helen gerade den Hörer auflegte.
    Patrik wollte keine Pizza, und Eva ahnte, warum. Jemand müsste sie in der Pizzeria abholen, und das würde an Patrik hängen bleiben, der ein Moped hatte und oft den Pizzaboten machte. Die Gefahr war groß, dass er bei der Pizzeria mit einigen seiner Kumpels zusammenstoßen würde.
    »Können wir nicht Spaghetti essen?«, fragte er.
    »Ich habe Hackfleisch«, sagte Helen. »Ich rufe Emil an, er soll’s mitbringen.«
     
    Die drei Jungen zogen sich nach dem Essen in Hugos Zimmer zurück.
    Während Eva Kaffee kochte, räumte Helen die Spülmaschine ein.
    »Sollen wir uns einen   …?«
    »Klar«, entschied Helen.
    Nachdem Eva den Likör eingeschenkt hatte, fuhr Helen mit ihren Überlegungen fort.
    |172| »Was wissen wir denn schon von Kokain? Nichts! Über Schnaps wissen wir alles, stimmt es nicht? Aber von solchen Drogen haben wir keine Ahnung. Emil sagte kürzlich, dass Hasch ungefährlich sei. Oder war es Marihuana? In der Schule hätte das jemand gesagt. Kannst du dir das vorstellen? Ich predige einen ganzen Abend, und am Ende kommt so ein Kommentar. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Hätte er behauptet, dass Wodka ungefährlich ist, dann hätte ich ihm was erzählen können. Du weißt ja, wie mein Vater ist. Aber Marihuana? Da hab ich keinen Schimmer.«
    »Das sollte man in der Schule behandeln«, sagte Eva.
    »Machst du Witze?«, schnaubte Helen. »Die haben doch nur Freistunden und diesen Projektunterricht, der nichts bringt. Nein, ich glaube, wir müssen selbst was auf die Beine stellen. Ich hänge überall Zettel aus, und dann machen wir so ein Treffen, was hältst du davon?«
    »Ich sage nur Müllhaus«, kicherte Eva.
    »Ja, sollen wir denn etwa auf dem Hintern sitzen und zusehen, wie so ein paar Dealerhandlanger unsere Kinder zerstören?«
     
    Es war schon nach zehn Uhr, als Helen und Emil gingen. Sie hatte ihren Mann angerufen, aber er war nicht zu erreichen gewesen, weder zu Hause noch auf dem Handy.
    Eva sah, wie Helen ihren Schmerz zu unterdrücken versuchte. Es gab keine Unruhe mehr, sondern nur noch die Gewissheit, dass er sie betrog.
    »Wirf ihn raus«, sagte Eva, bereute ihre Worte aber sofort.
    Helen zuckte zusammen. So direkt hatte Eva sich noch nie geäußert. Helen sagte nichts.
    Eva sah den beiden vom Küchenfenster aus nach.
    Wirf ihn raus, wiederholte sie leise für sich.

|173| 27
    D rei Tage nach dem Mord an Armas rief Valdemar Husman im Polizeipräsidium an. Er hatte an seiner Tür in Lugnet einen Zettel vorgefunden, der ihn aufforderte, sich sofort mit der Polizei in Verbindung zu setzen.
    Er wurde direkt zu Ann Lindell durchgestellt. Es hätte auch andere gegeben, aber Gunnel Brodd saß in der Zentrale, und sie und Ann kannten sich gut. Beide kamen aus Östergötland, Lindell aus Ödeshög und Gunnel Brod aus Linköping.

Weitere Kostenlose Bücher