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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Recht hatte sie, über Edvard herzuziehen? Es war fast, als schwappte die Beurteilung auch auf Ann über. Die Kritik hatte sie härter getroffen, als sie sich eingestehen und zeigen wollte. Klar hatte sie Edvard auch schon in |258| ähnlicher Form charakterisiert, aber er war so viel mehr! Was wusste Görel davon? Nichts!
    Sie stand auf, bedankte sich für die Plauderei und verließ die verdutzten Kollegen.

42
    D ie Kellnerin schenkte Kaffee nach. Lorenzo Wader lächelte sie an und lobte das Essen. Dabei beobachtete er den Mann auf der anderen Seite des Tischs prüfend. Rosenberg merkte, wie er abgeschätzt wurde, und fühlte sich, als stünde er mit dem Rücken zum Abgrund.
    »Ja, es schmeckte wirklich sehr gut«, bekräftigte Rosenberg und sah die Kellnerin an. Er schien Waders Blick ausweichen zu wollen. »Sind Sie neu hier?«
    »Ich habe vor einer Woche angefangen. Alles ist noch etwas ungewohnt.«
    »Sie machen das ausgezeichnet«, lobte Lorenzo Wader. »Slobodan Andersson hat wirklich eine gute Hand bei der Auswahl des Personals«, fuhr er großzügig fort.
    Als sie wegging, wiederholte er noch einmal, wie gut das Essen gewesen sei. Rosenberg wurde aus ihm nicht schlau. In einem Augenblick wirkte er geradezu lebensgefährlich, und in der nächsten Sekunde lächelte er.
    »Eines verstehe ich nicht«, sagte Lorenzo Wader. »Wie bekam Armas die Ware sicher unter die Leute? Ich habe meine Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass er selbst in der Stadt herumlief und dealte.«
    Konrad Rosenberg hatte berichtet, dass Armas mit Kokain handelte. Irgendwie erzählte er das zwar gegen seinen Willen, aber wohl aus dem dunklen Bedürfnis heraus, einerseits zu Diensten zu sein, andererseits ein bisschen mit Lorenzo |259| Wader um die Wette zu glänzen. Der schien im Übrigen sowieso zu wissen, wie alles zusammenhing.
    »Es gibt halt Leute, die für ein bisschen Geld zu so gut wie allem bereit sind«, antwortete Rosenberg.
    »Du auch?«
    Die Frage kam wie aus der Pistole geschossen und verlangte eine ebenso prompte Reaktion.
    »Kommt drauf an«, sagte Rosenberg und sah im selben Augenblick ein, dass die Antwort blass war. »Bei geringem Risiko und ausreichend gutem Ertrag«, ergänzte er.
    »Das Risiko, ein Messer in den Leib zu bekommen, besteht immer«, sagte Lorenzo und nippte an seinem Kaffee.
    Konrad trank ebenfalls einen Schluck, aber der war zu groß, und er verschluckte sich.
    »Schieb ein paar Namen rüber«, sagte Lorenzo unberührt von dem Hustenanfall, und als Rosenberg ansetzte und protestieren wollte, hob er eine Hand. »Ich weiß, dass du in der Branche warst, und darum schere ich mich nicht. Aber wenn wir Freunde sein wollen, musst du mir helfen.«
    Rosenberg verfluchte sich. Warum hatte er Lorenzo Waders Einladung zum Essen angenommen? Und ausgerechnet im »Dakar«. Kein Freund von Lorenzo Wader zu sein, bedeutete Ärger, das war ihm klar. Auch dass der mal joviale, mal teuflische Stockholmer eine erheblich größere Bedrohung darstellte als der dicke Slobbo. Hatte Lorenzo Armas ermorden lassen? Als sein Blick auf dessen schmale Hände und die Finger mit den Ringen fiel, war Rosenberg der Gedanke gekommen.
    »Es gibt so einen jungen Kerl«, sagte er schließlich. »Verdammt jung, aber irre eifrig. Er will Geld verdienen, damit er seinen Vater befreien kann, behauptet er.«
    »Sitzt der im Knast?«
    »Ja, bei den Türken oder so«, sagte Rosenberg, der sehr erleichtert war, über etwas anderes reden zu können. »Er verkauft an seine Kumpel und ist richtig fleißig.«
    |260| »Kokst er selber?«
    Rosenberg schüttelte den Kopf.
    »Wie heißt er?«
    »Er nennt sich Zero.«
    Lorenzo lächelte.
    »Na also«, sagte er und winkte der Kellnerin. »Ich glaube, wir genehmigen uns einen Cognac.«

43
    D ie Klappe der Spülmaschine fiel zu. Manuel lehnte sich zurück. Er betrachtete die glänzende Maschine und hörte, wie das Wasser hineinströmte. In den ersten Stunden hatte ihn all das Neue verwirrt. Nun wuchsen seine Zufriedenheit und seine Freude an der Arbeit. Die Hitze in der Spülküche störte ihn nicht, im Gegenteil. Auch nicht das viele Geschirr, das ständig hereingetragen wurde. Die Massen Teller und Gläser lenkten seine Gedanken ab von Patricio und Armas und den Drogen.
    Außerdem gefielen ihm die anderen, die hier arbeiteten. Vor allem den Portugiesen mochte er, aber auch Eva, die Kellnerin. Zu ihr hatte er am häufigsten Kontakt. Spanisch konnte sie zwar nicht, aber sie verständigten sich mit holprigem

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