Rot
Minna, einer geborenen Rouvinen, im Dorf Nakkerinpohja in der Kate auf dem Hof Niittymäki nieder, die sie aus gegebenem Anlass Vanhala nannten.
Lauri und Minna machten sich an die Arbeit, rodeten den Acker, bestellten das Feld und fischten, im Winter gab es viel im Wald zu tun. Auch der Familienzuwachs wurde in Angriff genommen. Alles klappte vorbildlich, bis im Frühjahr ein Teerbrenner namens Hammel-Usko nach Nakkerinpohja zurückkehrte und sich anbot, Lauri Vanhala bei der Aussaat zu helfen. Hammel-Usko hatte früher in eben jener Kate gewohnt, war aber dann vom Bauern vertrieben worden, als der einen zahlenden Pächter gefunden hatte.
An einem diesigen Maimorgen fand Minna ihren Mann auf dem Kartoffelacker, in seinem Schädel steckte eine Axt. Es wurde nie geklärt, was mit Hammel-Usko danach geschah. Man vermutete gemeinhin, dass er sich ertränkt hatte, in seine Heimat nach Kainuu geflohen oder nach Amerika gegangen war. Es gab allerdings auch Leute, die glaubten, dass Minna den Tod ihres Mannes gerächt hatte. Wie dem auch sei, Minna verwand den allzu frühen Tod ihres Mannes, bewirtschaftete die Kätnerstelle mit Hilfe ihrer Nachbarn irgendwie weiter und brachte einen Sohn zur Welt. Dieser Antti wuchs im Laufe der Jahre heran zu einem tüchtigen Mann, und als im Jahre 1918 das Gesetz erlassen wurde, das die Kätner berechtigte, ihren gepachteten Boden einzulösen, kaufte Antti Vanhala die Kate, die den Namen seiner Vorväter trug, und das dazugehörige Land.
Eeva Vanhala wachte in ihrem Versteck an einem abgelegenen Ort im Westen der Landschaft Uusimaa auf und spürte den Rußgeruch des altvertrauten Porin Matti , eines gemauerten, mit Holz beheizten Ofens, den Duft auf ihrer Haut von den Birkenzweigen,mit denen sie sich am Abend in der Sauna geschlagen hatte, und das Bettzeug, das den Winter über in der Hütte gelegen hatte. Sie fühlte sich so wie in ihrer Kindheit, wenn sie mit Vater und Mutter im Herbst das letzte Mal nach Nakkerinpohja gefahren war – geborgen. Vor etwa zehn Jahren hatte sie die alte Blockhütte aus der Heimat ihrer Familie in Nakkerinpohja hierher versetzen lassen, als ihre Verwandten keine Lust mehr hatten, das Haus zu erhalten. Es verkörperte über hundert Jahre Geschichte der Vanhalas und durfte nicht einfach morsch werden und verfallen.
Als Eeva Vanhala daran dachte, dass sie wieder einmal allein war, fühlte sie sich etwas weniger wohl. Hätte sie beim Geist in der Wunderlampe einen Wunsch frei, dann würde sie sich wünschen, die Sehnsucht nach einem anderen Menschen loszuwerden. Die Männer hatten ihr nichts als Kummer bereitet. In ihrem Alter wäre es an der Zeit, endlich zu akzeptieren, dass sie nie jemanden finden würde, der bei ihr bliebe.
Sie schaltete das Radio ein, hörte sich die Nachrichten an und genoss eine Weile diese Minuten voller Ruhe und Gelassenheit. Dann zog sie den dicken Morgenmantel aus Flanell an, schob die Füße in die herrlich weichen, rosafarbenen Filzpantoffeln und blickte beschämt auf die Sexpuppe RealDoll, die im Kleiderschrank hing. Der Liebhaber aus Silikon hatte einschließlich Porto über fünftausend Euro gekostet. Er war von ihr auf den Namen Reino getauft worden.
Eeva Vanhala lief mit kleinen Schritten in die Küche. Hier in der Hütte trank sie immer nur auf herkömmliche Weise zubereiteten, also ungefilterten Kaffee, und auch sonst lief das Leben hier nicht nach den Regeln, die in der Stadt galten. Halbfettmargarine, hauchdünne Scheiben Putenschinken und fettarmer Joghurt passten nicht zum Leben auf dem Lande. Sie legte eine Packung geräucherte Zervelatwurst aus dem hiesigen Fleischgeschäft West Chark und dazu Butter, eine Tomate und Glimminge-Käse auf den Tisch und beschloss, noch ein paar Eier zu kochen. Es ärgertesie, dass sie nicht mehr Lebensmittel gekauft hatte, nun war sie gezwungen, morgen kurz nach Pohjankuru oder Fiskars zu fahren.
Am Abwaschtisch fiel ihr Blick auf die schöne Laubfärbung der Bäume draußen. Es herrschte absolute Stille. Immer, wenn sie hier war, verachtete sie den hektischen Rhythmus in Helsinki und ließ sich dennoch nach ihrer Rückkehr in die Stadt sofort wieder von ihm mitreißen. Warum? Auch die Frage, ob sie mit ihrer Flucht aus der Wohnung überreagiert hatte, beschäftigte sie. Hatte der Vorsitzende des Kabinetts tatsächlich jemandem den Befehl erteilt, sie zu überwachen?
Als das Wasser kochte, holte sie aus dem Kühlschrank zwei Eier, legte sie mit einem kleinen Löffel vorsichtig
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