Rot
besorgte und weshalb.
General Mironow war es nicht gewöhnt, warten zu müssen, aber nun saß er da und schaute in aller Ruhe zu, wie der Leiter des Forschungszentrums am Computer eine E-Mail an die Führer von Mundus Novus fertigstellte, die nach seinen Worten eine »ganz entscheidende Bedeutung« besaß. Mironow war konsterniert. Seine Kriegszeit hatte als junger Leutnant der Roten Armee in Afghanistan begonnen und mit fünfzig im zweiten Tschetschenienkrieg nach der Eroberung Grosnys im Februar 2000 geendet. In all den Jahren beim Militär hatte er sowohl mit Soldaten, Partisanen und Terroristen als auch mit Leuten, die viel Macht hatten, unter einem Dach geschlafen, gegessen und getrunken, aber einem Mann wie Andrej Rostow war er nie begegnet. Rostow schien mit seinem Wesen das ganze Zimmer auszufüllen, den Raum auf eine Weise zu beherrschen, die sich schlecht erklären oder beschreiben ließ. Das musste zum Teil auch daran liegen, dass Rostow im Rufstand, besonders grausam zu sein. Der Mann schreckte vor nichts zurück, nicht einmal vor Menschenversuchen in seinen Forschungszentren. Mironow spürte zu seiner eigenen Überraschung den unwiderstehlichen Wunsch, das Zimmer zu verlassen.
»General, ich bitte um Entschuldigung, wegen eines anderen hätte ich dich nicht warten lassen. Aber du weißt ja, wie Er ist«, sagte Rostow an seinem Schreibtisch, stand auf und setzte sich in den Sessel gegenüber von Mironow.
»Du hast nicht viel Zeit, deswegen komme ich gleich zur Sache«, erklärte der General. »Die Ereignisse im August, insbesondere die Enttarnung des Forschungszentrums in Weißrussland, haben uns vieles gelehrt. Eine Zerstörung dieses Instituts hier kommt nicht in Frage, diesmal sind wir gezwungen, alle Gefahren zu eliminieren, bevor jemand den Weg hierher nach Liechtenstein findet.«
»Wie schlimm ist die Lage?«, fragte Rostow.
»Der britische SIS hat die Industrieobjekte, die Mundus Novus im Sudan, in Weißrussland und in Nordengland genutzt hat, mit dem AEM-Konzern in Verbindung gebracht.«
Rostow schloss die Augen und stieß die Luft aus.
»Und es bestehen auch andere Risiken«, fuhr Mironow fort. »In Finnland ist das Smirnow-Material in die falschen Hände gelangt, möglicherweise muss das Kabinett heruntergefahren werden, wenn wir die Unterlagen nicht finden. Falls das Material aufgedeckt wird, würde das auch uns höllischen Schaden zufügen.«
»Ich brauche nur noch einige Monate. Überleg mal, wir reden nicht mehr von Jahren, sondern von Monaten. Das Ziel ist schon in Sicht.« Rostows Stimme wurde lauter.
»Gerade deshalb müssen wir Vorkehrungen für den Fall treffen, dass es zu einer Katastrophe kommt. Und du auch. Oder vielmehr vor allem du, schließlich trägst du die Verantwortung für die gesamte Technologie. Wenn das Schlimmste eintritt und jemandüber den AEM-Konzern Mundus Novus oder diesem Forschungszentrum auf die Spur kommt, müssen wir … Gewalt anwenden und Staaten unter Druck setzen. Aber das ist das allerletzte Mittel.« Mironow nahm vom Kaffeetisch ein Glas Wasser, das in seiner Pranke fast verschwand. »Ich würde dich bitten, eine Liste aller Forschungsinstitute und -zentren, aller Produktionsbetriebe, Forschungsprojekte und Wissenschaftler aufzustellen, deren Vernichtung unseren Interessen dient …«
»Und unsere Gegner aufhalten würde«, vervollständigte Rostow den Satz des Generals. »Sabotage hat man auf meine Forderung hin schon seit Jahren betrieben. Die russische Proton-M-Trägerrakete wurde im letzten Dezember nicht wegen eines Programmierungsfehlers zerstört, sondern weil ich die drei von ihr beförderten Glonass-M-Satelliten zerstören wollte. Je schlechter das russische Satellitenortungssystem funktioniert, umso besser ist das aus unserer Sicht. Und die zwei letzten Tests der Amerikaner mit Abwehrraketen auf den Marshallinseln sind nicht ganz zufällig gescheitert.«
Mironow lächelte. »Ich weiß, dass du ein Fachmann bist. Der KGB hat dich doch ausgebildet, oder?«
Rostow richtete sich in seinem Sessel auf. »Ich wurde Ende der sechziger Jahre rekrutiert und habe die Hochschule für Aufklärung des KGB absolviert, Moskau aber schon Anfang der Siebzigerjahre verlassen. Sie haben einen Agenten mit neuer Identität aus mir gemacht. Ich habe in der Abteilung X der Verwaltung T für wissenschaftlich-technische Aufklärung gearbeitet, von ihrer Gründung im Jahre 1974 an.«
Mironow sah so aus, als hätte er gern noch mehr gehört.
»Der FSB hat also
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